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Der eingeschränkte Hoffnungsträger

Marc Pechstein kam als einzige Verstärkung zum Dresdner HC Elbflorenz – und muss noch warten.

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© Sven Ellger

Von Alexander Hiller

Der Stachel sitzt tief. Ausgerechnet er. Der einzige Neue. Der vermeintliche Garant für eine noch bessere Teamleistung. Beim ersten Saison-Heimspiel des Handball-Zweitligisten HC Elbflorenz am Sonnabend gegen Eintracht Hagen (19.30 Uhr, Ballspielarena) muss Marc Pechstein tatenlos zusehen. Dabei hatten die Dresdner den 26-Jährigen vom Ligarivalen aus Aue an die Elbe gelotst, um eines der größten Probleme der Vorsaison zu lösen. Als einzigen Profineuzugang. Auch so kann man Vorschusslorbeeren verteilen.

Doch dazu später. Pechstein sagt, es gehe ihm „alles in allem gut. Aber der Fuß ist noch nicht ganz okay.“ Dieser verdammte rechte Fuß quält den 1,98 Meter langen Hünen seit einem halben Jahr mit einer Verletzung, „die ich vorher gar nicht kannte“. Plantarsehnenreizung mit Teilanriss in der Fußsohle lautet die genaue Diagnose. Die Verletzung zog sich der gebürtige Leisniger in der vorigen Saison zu, ausgerechnet kurz vor dem Duell bei seinem jetzigen Brötchengeber. Die Schmerzen dauern bis heute an. HCE-Trainer Christian Pöhler hat seinem Ärger darüber in einer anderen Dresdner Tageszeitung überraschend deutlich Luft gemacht. „Marc hatte schon die letzen acht Spiele in Aue große Probleme. Der EHV hat das gewusst. Athleten zu verheizen, gehört nicht zu meinen Ansichten vom Profisport. Der EHV hat damit Marc und uns einen Bärendienst erwiesen“, sagte der 37-Jährige.

Verletzung ungenau diagnostiziert

Pechstein mag darüber eigentlich nicht mehr reden. „Das Ding ist für mich gegessen. Aber es ist halt ärgerlich. Ich war deswegen mehrfach beim Arzt. Die Verletzung wurde aber nie so exakt diagnostiziert. Es hieß: Okay, eine Entzündung. Damit kann man ja spielen.“ Also stellte sich Pechstein in den Dienst seiner damals abstiegsbedrohten Mannschaft. „Ich wollte in der Situation auch nicht sagen: Ich habe ein bisschen Schmerzen. Ich spiele nicht.“ Die Quittung dafür bekommt jetzt Dresden. „Ich konnte nach den letzten Spielen nicht mehr laufen, habe mir einen Eisbeutel unter den Fuß gelegt und saß erst mal eine Stunde in der Ecke, ehe ich wieder halbwegs humpeln konnte“, erinnert sich Pechstein. Die letzten drei Saisonspiele der vergangenen Spielzeit musste er weglassen.

Und kam als Rekonvaleszent bei seinem neuen Verein an, in dem er eigentlich als die Verstärkung schlechthin eingeplant war. Pechstein ist der einzige Profineuzugang im Kader der Elbestädter. Mit dem kraftvollen Rechtshänder wollte Pöhler eines der größten Defizite der Premierensaison beheben. Den Dresdnern gelangen kaum sogenannte einfache Tore aus dem Rückraum. Ein, zwei schnelle Zuspiele, hochsteigen, abziehen, Tor. Klingt in der Theorie tatsächlich leicht. Pechstein ist einer, der über entsprechende Qualitäten verfügt. Mit 148 Toren war er bester Auer Schütze der Vorsaison – wohlgemerkt über weite Strecken eingeschränkt. Eine Saison vorher erzielte er gar 215 Treffer.

Und dann mit dieser Verletzung nach Dresden. „Der schlechteste Einstand, den man sich vorstellen kann“, sagt der Pechvogel. Sein Standing in der Mannschaft ist logischerweise nicht jenes, das sich ein fitter Pechstein hätte erarbeiten können. „Ich habe die Mannschaft überallhin begleitet, bin im Team angekommen und als vollwertiges Mitglied anerkannt“, betont Pechstein. „Denke ich“, erklärt er grinsend.

Von Vorteil ist, dass er viele seiner neuen Mitspieler aus ehemaligen gemeinsamen Teams bereits kennt und sie ihn: Sebastian Greß, Norman Flödl und Roman Becvar ist Pechstein auf seinen sieben Stationen im Profihandball (u. a. Füchse Berlin, Potsdam, Rostock, Leipzig) begegnet. Arseniy Buschmann war Konkurrent im Jugendbereich. In der Jugend-Bezirksauswahl war Pöhler bereits sein Trainer.

„In Dresden kann ich den nächsten Schritt in meiner Karriere machen. Hier sind die Rahmenbedingungen optimal, und das Projekt HC Elbflorenz ist sehr ambitioniert“, sagt Pechstein. Er ist deshalb mit seiner Freundin nach Dresden umgezogen. Bei einem Zweijahresvertrag durchaus sinnvoll. Zumal sich Pechstein mit seinem neuen Verein auch ein wenig mehr vorstellen könnte. „Die erste Liga ist ein großes Ziel von mir. Das Potenzial dafür ist auch hier mittelfristig da. Aber dafür muss viel passen“, sagt er.

Zum Beispiel, dass auch der Neuzugang endlich einsatzfähig wird. Derzeit steigt der Lehramtsstudent (Deutsch, Mathematik, Sport, Sachunterricht) wieder nach und nach ins Mannschaftstraining ein. „Voll belasten kann ich noch nicht. Dann schmerzt der Fuß wieder“, sagt er. Und obwohl Pechstein weiß, dass er am Sonnabend seiner Mannschaft nicht sportlich helfen kann, ist dieses Kribbeln da. „Es ist einfach extrem nervig“, sagt Pechstein. Diese Machtlosigkeit. „Aber“, sagt er, „ich freue mich tierisch auf all das, was jetzt kommt“.