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Der erste Blick in den neuen Tempel der Freimaurer

Die Dresdner Freimaurer haben nach 65 Jahren wieder ein eigenes Haus in der Stadt. Die SZ besuchte den geheimnisumwobenen Männerbund.

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Von Bettina Klemm

Die Dresdner Freimaurer haben vor Kurzem ihr neues Logenhaus bezogen. Die 1893 gebaute Villa für den Speditionschef Pfütze in der Hainstraße 2, unmittelbar am Neustädter Bahnhof, passe wunderbar zu ihnen, schwärmt Christian Barnewitz. Der Vorsitzender des Kuratoriums der Freimaurerstiftung ist froh, dass die fast zwei Jahrzehnte dauernde Suche nach einem Domizil beendet ist.

Die Villa mit den edlen Stuckdecken war Anfang der 1990er-Jahre für eine Bank saniert worden. So konnten sich die Freimaurer schnell einrichten. Der einstige Festsaal in der Villa wurde zu ihrem Tempel. Er ist der Versammlungsraum und mit Kultgegenständen ausgestattet, wie beispielsweise ein rauer Stein, der die Arbeit der Lehrlinge symbolisiert, Winkelmaß und Zirkel steht für die Freimaurerei, drei Lichtersäulen wiederum für Schönheit, Weisheit und Stärke. In der Mitte liegt ein Arbeitsteppich, der nach Himmelsrichtungen aufgeteilt ist. Es dominiert die Farbe Blau der Johannisloge. Die Freimaurer haben ihren Ursprung in den Zünften der Steinmetze.

Die Wände sind mit Porträts früherer und heutiger Freimaurer geschmückt. Auf dem wertvollen Stuhl in der Mitte darf nur der „Meister vom Stuhl“, das ist der Logen-Chef, Platz nehmen. Der Loge „Zu den drei Schwertern und Asträa zur grünen Raute“ steht Bernd Krieger vor. Im normalen Leben ist er Referatsleiter im Kulturministerium. Seine Loge hat 50 Mitglieder, die Apfelloge 25. Bundesweit gebe es etwa 18000 Freimaurer, weltweit seien es 6,5 Millionen Brüder, erläutert Pressesprecher Hermann J. Janz. Sie verbindet eine seit rund 300 Jahren unverändert befolgte Tradition. So tragen die Freimaurer auch heute noch zu festlichen Anlässen dunkle Anzüge, das Schmuckabzeichen der jeweiligen Loge, das sogenannte Bijoux, einen symbolischen Maurerschutz und weiße Handschuhe.

„Im Tempel findet unsere eigentliche Arbeit statt“, sagt Krieger. Darunter versteht er die Instruktionen, das Erlernen der Symbolik und des Selbstverständnisses der Freimaurer. Die Männergemeinschaft sieht sich als Bund freier Menschen, die die Überzeugung eint, dass die ständige Arbeit an sich selbst zu einem menschlicheren Verhalten führe. Die fünf Grundideale der Freimaurer sind Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität. Es dauere lange, bevor ein Bruder aufgenommen wird. Zuvor wird gründlich geprüft, ob er zur Loge passt. Über die Aufnahme stimmen alle Brüder geheim ab. Schließlich sei das eine Bindung fürs Leben.

Traditionellerweise wahren Freimaurer Stillschweigen über freimaurerische Erkennungszeichen und detaillierte Formen und Inhalte der Rituale. Oft wird dies als Geheimbund gedeutet.

Frauen, sie werden Schwestern genannt, sind in der Loge nicht zugelassen. Allerdings gibt es in anderen Städten auch reine Frauenlogen. „Wenn ein Mann aufgenommen wird, bekommt aber auch seine Frau ein Geschenk von uns. Schließlich soll uns ein enges Band verbinden“, sagt Christian Barnewitz. Die Bruderschaft unternehme viel gemeinsam, dazu seien auch die Frauen eingeladen.

Das Interesse gerade bei jungen Leuten sei derzeit in Dresden groß, findet Krieger. Zweimal jährlich stellt sich die Loge, die sonst kaum die Öffentlichkeit sucht, bei Vorträgen der Urania vor. Zudem verleiht die Freimaurerstiftung der Schwerter- und Apfelloge jährlich einen Kunstpreis. In diesem Jahr erhielt ihn der Dresdner Bildhauer Matthias Jackisch.

Gutes für die Allgemeinheit tun, sei immer Ziel der Freimaurer gewesen, sagt Barnewitz. Der heute 82-Jährige Dresdner kam 1990 aus dem Westen in seine Heimatstadt zurück und versuchte die Freimaurerlogen wieder aufzubauen. Die erste Loge wurde in Dresden 1738 gegründet und ist damit die zweitälteste in Deutschland. Sie geht auf Friedrich August Graf Rutowski, einem Sohn von August dem Starken zurück. 1818 entschlossen sich die Freimaurer, das Dresdner Blindeninstitut zu unterstützen. Außerdem gründeten sie eine Schulanstalt für arme Kinder (heutige Kreuzschule). Bedeutende Dresdner, wie der Dichter Gottfried Körner, Opernbauer Gottfried Semper, Dampflok-Erfinder Andreas Schubert und Stadtbaumeister Hans Jakob Erlwein gehörten zu den Freimaurern. Vor 1933 gab es in Dresden 16 Logen mit über 2000 Mitglieder. „Allein unsere beiden hatten schon 1400 und waren sehr wohlhabend“, sagt Barnewitz.

Bis zur Zerstörung im Bombenhagel befand sich das Logenhaus in der Ostra-Allee. Die Freimaurer haben das Grundstück zurückerhalten. Allerdings gab es erhebliche Probleme und Verzögerungen mit dem Verkauf.