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Der goldene Mann

Seit fast einem Jahrhundert hält er die schützende Hand über Dresden – mehr oder weniger erfolgreich. Der Rathausmann, der den Schutzpatron Herkules darstellt, hat viel gesehen in den vergangenen Jahrzehnten,...

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Seit fast einem Jahrhundert hält er die schützende Hand über Dresden – mehr oder weniger erfolgreich. Der Rathausmann, der den Schutzpatron Herkules darstellt, hat viel gesehen in den vergangenen Jahrzehnten, hat den Bombenangriff auf Dresden fast unbeschadet überstanden, den Wiederaufbau und die Veränderungen in der Elbestadt erlebt. Doch wer, so wird sich mancher fragen, stand dem Bildhauer Richard Guhr 1908 Modell? Es war der Zirkuskünstler, Ringer und Kraftakrobat Ewald Redam. Geboren wurde er am 29. April 1884 als Sohn eines Tuchfabrikarbeiters in Großenhain. Als 15-Jähriger begann der damals 1,75 Meter große und 75 Kilogramm schwere junge Mann bei einem Meißner Verein für Körperkultur und Sport. Kurz darauf zog er jedoch mit Eltern und Geschwistern nach Dresden. Seine sportliche Laufbahn setzte er beim Verein „Siegfried Dresden Plauen“ fort, gewann Sächsische Meisterschaften und wurde 1907 Sachsenmeister im Schwergewicht und Achtkampf.

Seinen Lebensunterhalt verdiente sich der erfolgreiche Sportler als Modell im Atelier der Königlichen Kunstgewerbeschule. Kein Wunder also, dass Richard Guhr auf den sportlichen und gut trainierten Körper aufmerksam wurde. Übrigens, auch für das Brunnenensemble am Albertplatz und den Ballwerfer vor dem Hygienemuseum stand Ewald Redam Modell.

Während des Ersten Weltkrieges lebte Redam in Riga. Mit seiner Frau Ludmilla, einer gebürtigen Lettin, baute er sein erstes eigenes Varieté , die Vier Redams-Kraftathleten“ auf. Tourneen führten die Truppe durch Europa, Indien, Amerika, Australien und Kanada, doch in Deutschland blieb ihm der Erfolg Ende der 20er Jahre versagt. Ein Auftritt im Strehlener Königshof wurde gar verrissen. Entmutigt, wandte er sich wieder der Partnerakrobatik zu: Artistik wurde mit Kraftakrobatik vereint. Noch einmal feierte er Erfolge, diesmal gemeinsam mit Fritz Illgen als Concha und Concha.

Nach Zirkusauftritten 1932 in der Sowjetunion verliert sich seine Spur bis Kriegsende. 1945 tritt er als Dolmetscher für die sowjetische Kommandantur in Meißen wieder auf die Bühne. An seine früheren Triumphe kann er nicht mehr anknüpfen, die erneute Gründung eines eigenen Varietés misslingt. Am 9. Dezember 1947 nimmt sich Ewald Redam, völlig überschuldet, an der Elbe in Meißen das Leben. (SZ/bt)