Merken

Der harte Händlerkampf am Weißen Hirsch

Immer mehr Läden machen zu, die Gastroszene klagt. Jetzt zieht auch noch einer der bekanntesten Akteure weg.

Teilen
Folgen
NEU!
© René Meinig

Von Julia Vollmer

Onkel Franz zieht weg vom Weißen Hirsch. Der Händler für regionale Produkte sieht keine Zukunft mehr für seinen Laden auf der Plattleite. Am 30. September macht er zu, bis dahin läuft das Geschäft weiter wie bisher. Zu wenig Kundschaft kommt unter der Woche. Von den Einkäufern am Wochenende können die Inhaber Markus Wenzel und Martin Wett nicht leben. Onkel Franz ist nicht der einzige Laden, der dichtmacht. Auch die Postfiliale macht zu, die Sparkasse ist schon weggezogen. Ist der Weiße Hirsch für Händler noch attraktiv? Die Zahlen aus der Stadtverwaltung sind eindeutig. Während es 2006 noch 52 Läden gab, sind es jetzt nur noch 38.

„Es gibt kaum Parkplätze und wenig Ziele für die Laufkundschaft“, erzählt Markus Wenzel von den Gründen. Doch Onkel Franz verschwindet nicht aus der Gastrolandschaft. Die beiden Inhaber konzentrieren sich ab sofort auf die Belieferung von Gastronomen. „Wir sind eigentlich fast nur auf der Straße, liefern sogar bis nach Leipzig“, so Markus Wenzel. Zu ihren Abnehmern gehören unter anderem das Schmidts, die Pastamanufaktur und das Raskolnikoff. Die Belieferung der Gastronomie und Wiederverkäufer sei in den letzten Monaten regelrecht ausgeufert. „Das macht uns stolz, stellt uns aber auch die Aufgabe, dieses Geschäft mit voller Konzentration und Zuverlässigkeit jeden Tag zu bewältigen.“, so Wenzel. Sie arbeiten fast täglich von 8 bis 23 Uhr, jetzt trennen sie sich schweren Herzens von dem Laden. Außerdem eröffnen sie dieser Tage ihren Onlineshop. Am 3. Juni soll es losgehen. Biofans können dort alle ihre Produkte kaufen, von der Wurst bis zum Brotaufstrich und Milch. Zum Start liefert das Versandunternehmen DHL die Waren aus, erst mal nur am Freitag. Wird der Shop gut angenommen, wollen sie das Geschäft ausbauen. Künftig soll es auch einen Lagerverkauf der Onkel-Franz-Produkte geben, wo genau, steht noch nicht fest. Auf dem Weißen Hirsch aber vermutlich nicht.

Dort wird es ein wenig einsam. Ende August macht auch die Postfiliale auf der Plattleite zu. Inhaberin Cornelia Bretschneider bestätigt das, will aber nicht über die Gründe sprechen. Nach SZ-Informationen sind die Kunden in der letzten Zeit weniger geworden. „Mit dem Wegzug der Sparkasse und der Ardenne GmbH nach Weißig gibt es deutlich weniger Publikum auf dem Hirsch“, sucht Michael Böttger vom Verschönerungsverein Weißer Hirsch nach möglichen Ursachen. Auch die Schließung des Luisenhofs spielt eine Rolle, so Böttger. Seit fast zwei Jahren ist das Restaurant zu. Der ehemalige Pächter des Luisenhofs, Armin Schumann, hatte das Haus im Sommer 2015 verlassen, nachdem die neuen Eigentümer eine höhere Pacht gefordert hatten. Die Patria Casa Vermögensverwaltung aus Aachen erwarb den Luisenhof im Dezember 2014 für 1,8 Millionen Euro bei einer Zwangsversteigerung. Besonders hart trifft die Schließung die Dresdner Verkehrsbetriebe. Fuhren noch 2015 rund 400 000 Fahrgäste pro Jahr mit der Standseilbahn, die ihre Bergstation am Luisenhof hat, waren es in den vergangenen 12 Monaten gerade einmal 260 000 Fahrgäste. Michael Böttger vom Verschönerungsverein setzt jetzt alle Hoffnungen in das Parkhotel. „Wenn dort das Café eröffnet, kommen hoffentlich wieder mehr Gäste auf den Hirsch.“ Der 37-jährige Berliner Jens Hewald hat das Hotel gekauft, lässt es Stück für Stück erneuern.

Auch Wolfgang „Wolle“ Förster kennt die Probleme auf dem Weißen Hirsch. Vor zwei Jahren wollte er seine „Sushi&Wein“-Filiale im Parkhotel schließen und hatte schon die Gäste darüber informiert. Der Mietvertrag war gekündigt, Strom und Wasser abgemeldet. „Unzählige Anrufe von Stammkunden und eine Unterschriftensammlung mit über 400 Unterschriften haben uns bewogen, zu bleiben“, erzählt er. „Sushi & Wein“ bleibt also im Parkhotel. Dass Läden auf dem Weißen Hirsch schließen, könne er aber auf jeden Fall nachvollziehen. Der Hirsch sei eine besondere Gegend. Die zwei größten Probleme sind auch bei ihm: kaum Laufkundschaft, wenig Parkmöglichkeiten.

„In unserem Fall ist es so: Die Platzkapazität im Parkhotel bietet kaum Potenzial, den Umsatz zu steigern. Die Nachfrage schwankt sehr – am Wochenende reichen die Plätze nicht, in der Woche könnten mehr Gäste kommen.“ Ohne die Stammkunden und die Außer-Haus-Lieferungen zu den Gästen in den Garten oder die Terrasse (immerhin 40 Prozent des Umsatzes) würde sich die Filiale nicht tragen. „Es ist wichtig, dass Investoren die Dinge vorantreiben, ob im Lahmann-Sanatorium oder im Parkhotel. Da sind wir auch gern bereit, uns mit zu engagieren“, betont Förster.