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Der Indio-Präsident, der nur im halben Land regiert

Boliviens Staatschef Evo Morales erhält bei einem Referendum das Vertrauen – aber seine Rivalen geben sich nicht geschlagen.

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Von Jan-Uwe Ronneburger, La Paz

Die scharfe Kritik an seinem sozialistischen Kurs hat der bolivianische Präsident Evo Morales mit einem eindrucksvollen Sieg beantwortet: Bei einem Referendum am Sonntag über die Zukunft der Regierung erhielt der linke Staatschef rund 60 Prozent Zustimmung.

Das war ein noch besseres Ergebnis als sein schon gutes Abschneiden bei der Präsidentenwahl 2005, als er auf 53,7 Prozent gekommen war. Doch auch seine Gegner aus den abtrünnigen Provinzen können sich als Sieger fühlen. Sie erzielten ebenso gute und teils noch bessere Ergebnisse.

Damit hat die Volksabstimmung, die eigentlich eine Entscheidung in dem Machtkampf zwischen beiden Seiten bringen sollte, vor allem eines deutlich gemacht: die tiefe Spaltung des südamerikanischen Armenhauses.

Im westlichen Hochland leben die armen und seit Jahrhunderten benachteiligten Indios, die fest zum ersten Indio-Präsidenten Morales stehen. Im westlichen und südlichen Tiefland – reich an Bodenschätzen und großen landwirtschaftlichen Gütern in der Hand weniger Nachfahren europäischer Einwanderer – sitzen seine Gegner.

Morales und sein Stellvertreter Alvaro García Linera fühlen sich durch das Ergebnis des Referendums in ihrer Politik bestätigt, einen ethnisch begründeten Sozialismus des 21. Jahrhunderts aufzubauen. Nun werde mit Hochdruck an der Fortsetzung der Reformen gearbeitet, kündigte Morales an. Dazu gehörte bisher bereits die Verstaatlichung von Schlüsselindustrien wie etwa dem Erdgas- und Erdölsektor. Weitere sollen folgen. Das nächste wichtige politische Vorhaben wird die Verabschiedung einer neuen Verfassung sein.

Seine Widersacher werfen Morales vor, er wolle die Indio-Bevölkerung privilegieren. Sie lassen nichts unversucht, dem Präsidenten Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Den Aufruf von Morales vom Wahlabend, nun alle gemeinsam die „demokratische Revolution“ voranzutreiben, werden die Präfekten aus den Departements Beni, Pando und Tarija wohl höchstens mit einem müden Lächeln quittieren. Denn faktisch ausgeschert aus dem Staatsverband waren diese schon im Mai und Juni, als sie eigenmächtig regionale Referenden über eine Autonomie abhielten – und gewannen.

Morales regiert somit nur in einem Teil des Landes. So konnte er im Wahlkampf schon mehrere Städte in Bolivien nicht mehr besuchen, weil niemand Garantien für seine Sicherheit abgab. (dpa)