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Der Junior im Seniorenheim

Martin Dobianer leitet das Vitanas-Haus Am Lutherplatz. Mit 28 Jahren ist er schon viel rumgekommen.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Gut gelaunt führt Martin Dobianer durch sein Haus – vorbei an kartenspielenden Senioren, säuberlich an der Zimmertür abgestellten Rollatoren, auf einem Tisch stehenden Blumensträußen. „Bei uns hat fast jeden Tag jemand Geburtstag“, sagt der neue Chef des Seniorencentrums Am Lutherplatz. Kein Wunder: In der Einrichtung leben 123 Bewohner, dazu kommen noch einmal rund 100 Mitarbeiter, wenn man neben den Pflegern auch die Küchen- und Reinigungskräfte dazu zählt.

Der Cottbuser zählt zu den Jüngsten von ihnen – und dürfte wohl mit seinen 28 Jahren auch einer der jüngsten Chefs sein, die es in Senioreneinrichtungen gibt. Unsicherheit ist dem schlanken Mann mit den nach hinten gekämmten Haaren trotzdem nicht anzumerken. Freundlich grüßt er die Bewohner und Kollegen, gibt hier eine Auskunft, bittet dort noch um etwas Geduld. In Riesa ist der studierte Gesundheitsmanager zwar noch keine zwei Monate tätig. Dennoch kennt er sich in der Branche schon ziemlich aus. „Ich war in zahlreichen Häusern von München über Hannover bis Anklam als Führungskraft im Einsatz“, sagt Martin Dobianer.

Wie das? Mit 28 Jahren? Das liegt an seinem ungewöhnlichen Lebenslauf: Bevor er zum Pflegeheimbetreiber Vitanas wechselte, war er bei der Victor’s Unternehmensgruppe tätig – die neben einem guten Dutzend Hotels auch Senioreneinrichtungen in mehr als 120 Städten betreibt. Dort hat Dobianer zuletzt dem „mobilen Führungsteam“ angehört. „Wir waren dort als Springer im Einsatz, falls in einem der 140 Häuser mal ein Chef ausfällt“, sagt der Brandenburger. So kam der Cottbuser nicht nur in Deutschland herum, sondern lernte auch die vielen unterschiedlichen Regeln kennen, die von Bundesland zu Bundesland in der Pflegebranche gelten.

„Für ewig wollte ich das aber nicht machen“, sagt der verheiratete Vater zweier Kinder. Denn während er pendelte, blieb sein Lebensmittelpunkt doch Cottbus: Dort hat sich die Familie ein Eigenheim geschaffen, dort wachsen die Kinder auf, dort hat Martin Dobianer einen Sportverein mit gegründet. „Wir machen Calisthenics, das ist so was Ähnliches wie Turnen unter freiem Himmel – supergesund!“ Auf Dauer verträgt sich das aber nur bedingt mit einer Arbeit, die heute im Süden, morgen im Norden ist. Darum zögerte er auch nicht lange, als ihn die Anfrage erreichte, ob er sich auch die Leitung eines Seniorenhauses in Riesa vorstellen könne. „Wir haben erst mal geschaut, wo Riesa liegt“, erinnert sich Dobianer. Die Antwort: eine gute Stunde Autofahrt von Cottbus. Dann folgte ein Hausbesuch an der August-Bebel-Straße, der ihn überzeugte. „Hier stimmt die Größe, die Fluktuation bei den Mitarbeitern ist sehr gering, viele Ehrenamtliche helfen mit“, sagt der Hausleiter. „Die Arbeit hier macht mir Spaß.“

Dabei war Pflegeheim-Chef nicht gerade der Beruf, von dem Dobianer als Abiturient geträumt hätte: Zunächst absolvierte er eine Ausbildung zum Sportassistent in Potsdam. „Dort lernt man, wie man eine Gesundheitseinrichtung leitet.“ Diverse Leistungssportler – Rennradler, Kanuprofis, Ruderer – gehörten zu seinen Mitschülern. Es folgte ein Gesundheitsmanagement-Studium in Leipzig, eine Ausbildung an einem Klinikum in Halle/S., eine Stelle am Lazarus-Krankenhaus Berlin. Dort war es seine Aufgabe, die Belegung zu steigern. Im Zug beim Pendeln widmete er sich dem Fernstudium zum Master.

Auch in Berlin gefiel ihm die Arbeit. Einen Vorteil habe Riesa aber doch: „Die Sachsen sind viel offener als die Brandenburger“, sagt Dobianer. Und so bekommt er auch mal zu hören, was eine Pflegefachkraft mit 40 Jahren Berufserfahrung anders machen würde. „Wenn ich das nachvollziehen kann, nehm ich das an. Ich bin keiner, der alles besser weiß.“