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Der König der Baumstammwerfer

Karrierehöhepunkt mit 42: Der Döbelner Stefan Kolitsch ist Weltmeister im Caber Toss.

Von Dirk Westphal
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Stefan Kolitsch aus Döbeln präsentiert stolz seinen WM-Pokal im Caber Toss, den er in Frankreich gewann.
Stefan Kolitsch aus Döbeln präsentiert stolz seinen WM-Pokal im Caber Toss, den er in Frankreich gewann. © Dietmar Thomas

Döbeln. Döbeln hat mal wieder einen Weltmeister. Nach Titeln im Flossenschwimmen oder Casting (Trockenangeln), die Sportler der Muldenstadt in den vergangenen Jahrzehnten gewannen, krönte der in der Stiefelstadt lebende Polkenberger Stefan Kolitsch seine Karriere als Highland Gamer. In der Königsdisziplin des schottischen Achtkampfes, dem Caber Toss oder auch Baumstammwerfen, wurde der 42-Jährige in Bressuire/Frankreich Weltmeister der Amateure.

Beim Caber Toss muss ein etwa sechs Meter langer Baumstamm mit Anlauf in einer möglichst geraden Flugbahn zum Überschlag gebracht werden. „Es geht in dieser Disziplin natürlich um Kraft, aber gepaart mit Geschicklichkeit“, erklärt Kolitsch. „Der Stamm wiegt etwa 60, 70 Kilogramm, den muss man erst einmal drehen. Aber das ist eine Sache des Timings.“ Besonders genossen hat der Mittelsachse bei seinem WM-Triumph die Atmosphäre bei einem der größten Festivals dieser Art weltweit außerhalb von Schottland.

Stimmung wie beim Fußball

„Es sitzen sechs- bis achttausend Leute innerhalb der alten Schlossmauern und jubeln einem zu. Das ist schon besonders“, sagt Kolitsch. Qualifiziert hat sich der kaufmännische Angestellte über den deutschen Meistertitel des Vorjahres im Mehrkampf, den er in Trebsen gewann. Da er aufgrund seines Alters mit den jüngeren Sportlern nicht mehr so mithalte, konzentrierte sich Kolitsch vor allem auf den Caber Toss als Einzeldisziplin. 

„Mir war egal, welchen Platz ich insgesamt erreiche. Aber nachdem ich vor drei Jahren haarscharf am Titel im Caber Toss vorbeigeschrammt bin, wollte ich es noch einmal wissen. Glücklicherweise konnte ich im letzten der drei Würfe einen Zweikampf mit einem sehr starken Holländer gewinnen.“

Begonnen mit den Highland Games hat Stefan Kolitsch im Jahr 2006. Als im Team seines Bruders jemand ausgefallen war, wurde er angerufen und hat kurzfristig mitgemacht. Irgendwann packte den ehemaligen Fußballer des VfB Leisnig, der sogar ein Jahr in der Bezirksklasse spielte, das Highland-Fieber. Drei Jahre bestritt er Teamwettbewerbe, danach folgten die ersten Einzelstarts. Dort arbeitete er sich kontinuierlich nach vorn. Im Jahr 2013 gewann er seinen ersten Titel im Caber Toss und 2015 wurde er erstmals Champion der German Highland Games Federation (GHGF), was er 2018 und 2019 wiederholte.

Vom Teamplayer zum Einzelstarter

„Der Start im Team war okay, aber wenn man einen gewissen Ehrgeiz besitzt, hat der Einzelstart auch seinen Reiz. Du trainierst und analysierst für dich, siegst oder verlierst allein. Das finde ich nicht schlecht“, sagt Kolitsch.

Baumstammwurf-Spezialist wurde er dennoch mit dem Team. Denn im Mannschaftswettbewerb gab es mehr Punkte, wenn jemand den großen Stamm drehte. Und so übte der Polkenberger nicht die Steine zu werfen, sondern seine jetzige Paradedisziplin. In der gewann er vor zwei Wochen auch beim 20. Wettkampf in Trebsen wo er im Fünfkampf immerhin Dritter wurde. Zudem startete Kolitsch am vergangenen Wochenende in Köln, wo er insgesamt Fünfter und im Caber Toss Zweiter wurde. „Die hatten da einen wirklich schweren Stamm, den niemand gedreht hat.“

Um gegen die internationale Konkurrenz zu bestehen, trainiert der Wahl-Döbelner mit seinen Mitstreitern aus der Region auf einer Wiese in Altenhof. „Mit 42 so oft wie man kann“, sagt Kolitsch lachend und fügt an: „Sechsmal in der Woche ist nicht mehr drin, da die Belastung recht einseitig ist. Zwei- bis dreimal Werfen und zwei bis dreimal Krafttraining im Fitnessstudio sind es je nachdem aber schon.“ 

Wie es künftig mit seinem Sport weitergeht, da hat der 1,90 Meter große und 120 Kilogramm schwere Athlet noch keine Vorstellung. Eigentlich hatte er vor drei Jahren nach dem Gewinn des Vizeweltmeistertitels und einem unvergesslichen Start in Schottland sein Karriereende angekündigt. „Ich weiß gar nicht, was noch kommen soll“, sagte Kolitsch damals, als er den Caber Toss bei einem sehr berühmten Wettkampf gewann. 

„Mein Name wurde auf einem 60 Jahre alten Pokal eingraviert – was wolltest du mehr“, erzählt er und fügt, von diesem Erlebnis immer noch beeindruckt, an: „Du hast auf einer Muldenwiese angefangen, und dann stehst du in Schottland bei einem der größten Games und gewinnst dort vor 15.000 Leuten, die wie im Fußballstadion jubeln. Was sollte da noch kommen.“

Nach seinem 40. Geburtstag startete Stefan Kolitsch deshalb bei den Masters, wo er jeweils gewann. Befriedigt hat ihn das nicht. Und so kehrte er zeitnah in den eigentlichen Wettkampfbetrieb zurück. „Dann lieber als Fünfter oder Sechster gefordert werden, als Erster bei den Alten Herren zu werden“, sagt Kolitsch. Was nächstes Jahr kommt, weiß er jedenfalls noch nicht. Seine Frau würde sagen: „Schluss mit dem ganzen Aufwand!“

Und irgendwann würde eben der Zeitpunkt kommen, wo keine Steigerung mehr möglich sei.

Abtrainieren als Perspektive

Das wäre der Sieg im Gesamtwettkampf oder der Wechsel zu den Profis, was im Alter von Kolitsch praktisch nicht mehr möglich ist. „Ich will nicht noch mal Schluss sagen“, meint der Athlet zum Thema Karriereende und fügt an: „Zu Fußballzeiten habe ich 95 Kilogramm gewogen, jetzt sind es 120. Und die müssen erst mal wieder runter, denn es ist auch schwer, in der Größe Sachen zu finden.“ 

Und so hat sich Stefan Kolitsch vorgenommen, mit dem Abtrainieren zu beginnen. Sicher nicht von heute auf morgen. Das würde auch beim Fußballer nicht funktionieren. Doch perspektivisch schon. Auch wenn ihm die Wettkämpfe, die wahren Volksfesten gleichen, dann durchaus fehlen würden.