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„Der Kran war natürlich hinüber“

Seit 15 Jahren braust der Verkehr über die „neue“ Elbbrücke. Ihr Bau verlief nicht ohne Pannen. Ein Experte erinnert sich.

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© Britta Veltzke

Riesa. Die Riesaer Elbbrücke hat Geburtstag: Sie ist jetzt 15 Jahre alt. Zwar fuhren schon ein halbes Jahr vorher Autos über die Querung – allerdings nur auf je einer Spur. Exakt am 11. Juli 2001 wurde die neue Brücke komplett freigegeben. Zu diesem Zeitpunkt war die alte Elbbrücke schon gesprengt worden – unter den Augen vieler Schaulustiger. „Der rote Meißner Granit der alten Elbbrücke findet sich heute übrigens in der Hochwasserschutzwand am Meißner Elbufer wieder“, erzählt Falk Richter. Der inzwischen pensionierte Ingenieur hat den Bau der neuen Riesaer Elbbrücke von Beginn an begleitet. Im SZ-Interview zeigt er sich verwundert: „Ist wirklich schon so lang her?“ – Ja!

Einfach abgeknickt: Zuschauer wollten sehen, wie das zweite Teilstück eingesetzt wird – und dann das ...
Einfach abgeknickt: Zuschauer wollten sehen, wie das zweite Teilstück eingesetzt wird – und dann das ... © Hohmann
Kräne von zwei Seiten: Weil der Schwimmkran demoliert war, musste eine neue Lösung her.
Kräne von zwei Seiten: Weil der Schwimmkran demoliert war, musste eine neue Lösung her. © Hohmann
Mit Dynamit gesprengt: Im März 2001 wird die alte Elbbrücke dem Erbboden gleichgemacht.
Mit Dynamit gesprengt: Im März 2001 wird die alte Elbbrücke dem Erbboden gleichgemacht. © Edgar Schröter

Herr Richter, viele Zuschauer begleiteten den Bau der Riesaer Elbbrücke, mutmaßlich waren die meisten Rentner. Stehen Sie heute auch in der ersten Reihe am Bauzaun?

Nein, so schöne Baumaßnahmen gibt es heute nicht mehr.

Was meinen Sie denn mit „schönen Baumaßnahmen“?

Naja, so Große. Wenn ich recht darüber nachdenke, war die Elbbrücke in Riesa das größte Bauwerk, das ich als Ingenieur beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr begleitet habe.

Vor 15 Jahren wurde die Elbbrücke komplett freigegeben. Warum brauchte man überhaupt eine Neue?

Die alte Brücke wurde 1955/56 gebaut. Die Tragfähigkeit war einfach nicht mehr gegeben. Sie war verschlissen. Zu DDR-Zeiten wurde die Brücke nicht ausreichend gepflegt. Der Hauptgrund dafür, dass der Bund sich dazu entschlossen hat, eine Neue zu bauen, war aber ein anderer.

Welcher?

Die B 169 war damals schon ein wichtiger Verkehrsweg. Die alte Brücke war einfach zu schmal. Sie hatte nur eine Spur in jede Richtung. Die neue Brücke ist mit insgesamt vier Spuren doppelt so breit.

Der Bau verlief nicht ohne Pannen. Beim Einsetzen des zweiten Mittelteils knickte der Kran ab. Wie konnte das passieren?

Das erste Teilstück ließ sich ohne Probleme einsetzen. Als das Zweite gerade einen Meter angehoben war, brach der Ausleger weg. Das Wichtigste ist, dass niemandem etwas passiert ist. Alle sind mit einem Schreck davon gekommen. Selbst das Bauteil war nach einigen kleineren Reparaturen noch zu gebrauchen. Nur der Kran war natürlich hinüber. An der Aufklärung der Unfallursache waren wir nicht beteiligt. Da könnte ich jetzt nur spekulieren.

Hat der Vorfall den Bau stark verzögert?

Ja, schon. Es stand kein weiterer Schwimmkran zur Verfügung. Daher mussten an den beiden Ufern jeweils Arbeitsflächen aufgeschüttet werden, die stabil genug für Mobilkräne waren. Die wurden dann vor Ort aufgebaut. Das war nicht ganz einfach. Es wurde dann also von beiden Seiten weitergearbeitet. Man muss allerdings dazu sagen, dass wir als Landesamt ja nur der Auftraggeber waren. Mit den Folgen dieses Unfalls musste sich das Bauunternehmen beschäftigen, bei dem wir unsere Bestellung aufgegeben hatten. Und lautete eben: einmal Brücke, bitte.

Wie oft waren Sie denn vor Ort?

Bei schönem Wetter öfter (lacht). Nein, Spaß beiseite. Etwa alle 14 Tage bin ich nach Riesa gefahren. Zu der Zeit wurde in unserem Auftrag ja nicht nur an der Elbbrücke, sondern auch am Straßenanschluss auf der Riesaer Elbseite gebaut, in der Chemnitzer Hohle.

Die Straßenbeleuchtung geht immer noch nur bis zur Hälfte der Brücke. Röderau wollte damals nicht dafür bezahlen. Manch Ortsfremder wundert sich darüber.

Ja, das war so ein Kuriosum. Ich halte die Beleuchtung aber sowieso nicht für unbedingt nötig. Es gehen im Dunkeln kaum Fußgänger über die Brücke und die Fahrradfahrer, die dort unterwegs sind, haben im besten Fall selbst Licht.

Und wie lang hält die inzwischen gar nicht mehr so neue Brücke jetzt noch?

Sehr lange. Unter den Bedingungen, die wir jetzt haben, wird sie insgesamt 80 Jahre lang ihren Dienst tun. Von heute an also noch bis 2081.

Das Gespräch führte Britta Veltzke.