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Der Saal, in dem Bilder laufen lernten

Die SZ erinnert an Gebäude und Menschen, die jeder kennt, die aber nicht mehr da sind. Heute: das Albertkino.

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© Wieland Menzel

Von Dietmar Rößler

Zittau. Es wird vermutet, dass der 1913 eingeweihte Kinosaal im Gebäude „Neustadt 1“ in Zittau einer der ersten überhaupt in Deutschland gewesen sei. Er wurde über dem Gewölbe der ehemaligen Ställe des Bierhauses „Goldner Löwe“ errichtet und bot 300 Besuchern der „Zittauer Lichtspiele“ Platz. Nachdem das Kino zwischenzeitlich auch „Albert-Lichtspiele“ hieß, bekam es bald den im Wettbewerb der Zittauer Kinos vielleicht günstigeren Namen „Prinzeß-Lichtspiele“.

ist heute ein leerer Platz, auf dem Autos parken.
ist heute ein leerer Platz, auf dem Autos parken. © Rafael Sampedro

Mit der Konkurrenz von Kinos in der Stadt war es aber spätestens mit Beginn des „Fernseh-Zeitalters“ vorbei. Vermutlich brauchte es deshalb nicht allzu viel „Überzeugungsarbeit“, die Räumlichkeit zu einem Hörsaal der wachsenden Zittauer Hochschule zu machen. Genau genommen war es bis 1989 der einzige große Hörsaal der Ingenieur- beziehungsweise Technischen Hochschule Zittau. Generationen von Studenten erinnern sich an Vorlesungen im „Albertkino“. Dessen Ambiente (entsprechend der sogenannten „planwirtschaftlichen Möglichkeiten“) erhalten und verbessert wurde. So ermöglichten in den 80er Jahren an den Wänden hängende Monitore in dem lang gestreckten Saal, dass von allen Plätzen aus die Experimente der Physikvorlesung beobachtet werden konnten. In dem weitläufigen Gebäude gab es auch Handwerksbetriebe und eine Gaststätte. Diese lag allerdings an der Albertstraße. Der historische „Goldne Löwe“ an der Neustadt existierte nur noch als vom Krieg gezeichnete bröckelnde Fassade, und nach der Wende nicht mehr lange. Am 4. Oktober 1990 wurde der Abriss des gesamten Komplexes angeordnet. Das hat der Historiker Wolfram von Scheliha herausgefunden (die SZ berichtete). Und von der Ankündigung bis zum Abriss dauerte es bekanntlich nicht sehr lange.

Knapp 20 Jahre nachdem mit „Stadt Reichenberg“ der erste Teil der Bebauung der Nordseite der Albertstraße gefallen war, fiel nun auch der andere Teil. Zwischen Reichenberger und Neustadt ist seitdem ein unbebautes Gelände. Immer wieder wird von einer Bebauung der Fläche geredet – mit sehr kontroversen Positionen. Es wäre schade, wenn man die Neubebauung dieses Areals aus dem Auge verlöre. Vielleicht gibt es dann ja sogar architektonische Anklänge an „Stadt Reichenberg“, „Goldner Löwe“ und das „Albertkino“.