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Der Theater-Ochse

Anfangs zog er nur den Wagen bei Kinderfesten. Jetzt kommt Zebu Nils auf Bischofswerdas Waldbühne groß raus.

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© Bernd Goldammer

Bernd Goldammer

Radeberg/Bischofswerda. Ein Theaterstar aus Radeberg? Klar, auf der Bühne des Radeberger Biertheaters gibt’s davon einige! Aber im Biertheater war dieser Star – Nils mit Namen – noch nicht zu erleben gewesen. Stattdessen hat er in diesem Jahr bei 20 Vorstellungen auf der Bischofswerdaer Waldbühne am Schmöllner Weg mit gespielt.

Auf der Waldbühne in Bischofswerda spielte der Radeberger Zebu-Ochse Nils in dieser Saison eine wirklich tragende Rolle, wie man sieht.
Auf der Waldbühne in Bischofswerda spielte der Radeberger Zebu-Ochse Nils in dieser Saison eine wirklich tragende Rolle, wie man sieht. © privat

Die Spielgemeinschaft „Gojko Mitic“ Bischofswerda lockt seit über 20 Jahren Besucher aus allen Himmelsrichtungen an. 10 800 Zuschauer sahen das diesjährige Stück „Das Gold der Appachen“. Zu diesem Erfolg hat auch Nils beigetragen. Und das ist im wahrsten Wortsinn ein tierischer Theaterstar. Denn Nils ist ein Ochse. Ein Theaterochse! Ein Zebu-Ochse, um ganz korrekt zu sein. Aufgewachsen ist er auf der gemütlichen Ranch von Hans Traupe in Radeberg. Und Nils hat mit ziemlich kleinen Rollen angefangen.

Beim Bierstadt-Fest dabei

Bei Kinderfesten zog er den Festwagen. Wenig später ging er dann auch größere künstlerische Aufgaben an. Irgendwann standen beispielsweise die Planer des berühmten Radebeuler Festzuges zum Weinfest vor der Haustür von Hans Traupe. Auf der nahen Weide musterten die Radebeuler Programmmacher Nils aus respektvoller Entfernung. Auch sein „Ochsen-Kumpel“ Frieder graste dort friedlich – und kurz darauf war Hans Traupe in bester Stimmung, denn Nils und Frieder waren engagiert worden. In einer Hauptrolle. Sachsens bekanntester Winzerfestumzug in Radebeul wartete!

Von nun an zogen die beiden Radeberger Ochsen den Wagen des göttlichen Bacchus. Und der Gott des Weines spielt natürlich den wichtigsten Part auf diesem Fest. Fröhlich schwenkte er einen großen Becher. „Das war damals schon eine Herausforderung, denn der Bacchuswagen war sehr schwer“, erinnert sich Hans Traupe. Aber die beiden Zebus packten das! Und kamen nun als Ochsen-Duo „Nils und Frieder“ groß raus. Viele Jahre machten die beiden Radeberger dann diese „Ochsentour“ mit. Aber irgendwann war Frieder zu alt für diesen Job. Die Rolle in Radebeul wurde neu besetzt. Und auch Nils musste sich wieder mit kleineren Auftritten abfinden.

Wieder zog er die Wagen bei diversen Kinderfesten – aber er ist auch regelmäßig bei den Radeberger Bierstadt-Fest-Umzügen zu erleben. Selbst in der Adventszeit „muggte“ er, wie Auftritte in Künstlerkreisen heißen. In der Maske wurde ihm ein Hirschgeweih verpasst, damit er in Radeberger Fitnessclubs die legendäre Kinderbuchfigur „Hirsch Heinrich“ spielen konnte. Und weil er dort dann auch den Geschenkewagen zog, bekam er gute Kritiken. Hans Traupe hatte übrigens auch gleich noch eine Rolle verpasst bekommen, er spielte den Weihnachtsmann.

Doch wer in seinem Ochsenleben schon mal den Bacchuswagen gezogen hat, sehnt sich nach weiteren künstlerischen Herausforderungen. Und die kamen letztlich schnell. Das bereits erwähnte Rollenangebot aus Bischofswerda nämlich.

Ein großer Traum bleibt

Zunächst ging es um eine Bärentaufe im Bischofswerdaer Tierpark. Nils, der überzeugte Vegetarier, sollte den Wagen mit dem Bärenkäfig ziehen. „Zu Bärentaufen kommen viele Zuschauer, vielleicht sind Medienleute dabei?“, überlegte Hans Traupe. Und lag damit richtig! Kurz nach dem Spektakel klingelte sein Telefon. Die Spielgemeinschaft „Gojko Mitic“ Bischofswerda bekundete Interesse. Nils sollte als „Theaterochse“ auf der Bischofswerdaer Waldbühne starten.

Zu ziehen gab es dort allerdings nichts. Stattdessen sollte Nils nun kleine und große Schauspieler in stolzer Haltung über die Bühne tragen. Für einen Zebu-Ochsen eine leichte Übung, aber dennoch so etwas wie eine „Jahrhundert-Rolle“. Denn Nils Leben änderte sich. Probenarbeit war plötzlich angesagt. Aber es gab auch ein paar Privilegien: Denn zu Proben und Auftritten fährt Nils jetzt aufrechtstehend in einem modernen Pferdeanhänger vor. Angemessenerweise wird der von einem SUV der Marke BMW gezogen. Äußerlichkeiten sind im Schauspielerberuf schließlich wichtig, sagt sein „Manager“ Hans Traupe augenzwinkernd.

Nun hat der Radeberger Theaterochse Nils noch einen großen Lebenstraum. Einmal in seinem Ochsenleben will er Gojko Mitic – den Star aus den Defa-Indianerfilmen der DDR – über die Waldbühne in Bischofswerda tragen. Und seine Chancen stehen gut. Denn nächstes Jahr feiert die Spielgemeinschaft „Gojko Mitic“ ihr 25. Bestehensjahr. Und wie es heißt, soll der Film-Star dann wieder einmal zur Bühne im Bischofswerdaer Stadtwald kommen.