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Der Umzugsmacher ist zurück

Hartmut Schaar organisiert ein Highlight im Festjahr Bischofswerdas. Das hat er drauf wie früher und als wäre er nie Rentner geworden.

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© Steffen Unger

Von Gabriele Naß

Bischofswerda. Wenn einer in Bischofswerda Obernarr ist, dann Hartmut Schaar. Positiv gemeint natürlich. Der Mann hat schließlich den BKC und also jenen Verein mitgeformt, der den Karneval hier hochhält auf einem Niveau, das andere zu schätzen wissen. Deswegen kommen an diesem Sonnabend auch fast 40 Vereine aus nah und fern ins Kulturhaus, um Prunksitzung zu halten. Hartmut Schaar schrieb und hält für Schiebock dort die Büttenrede.

Der 66-Jährige Schaar engagiert sich für den Karneval völlig unbeeindruckt davon, dass er seit 2011 ja schon Rentner ist und viel viel ruhiger treten könnte. Der frühere Kulturchef im Rathaus sagt: „Es ist mein Bischofswerda.“ Für sein Bischofswerda ritt er im Amt, auch mal ein Steckenpferd. Mancher nahm ihm das damals übel. Mit Abstand betrachtet war es aber gut. Es macht Schaars Amtszeit unvergleichbar. Die unter ihm gelaufenen Festumzüge zum Beispiel bleiben unvergessen. Besonders deswegen freuen sich jetzt auch viele über seine Rückkehr ins Rathaus. Er kommt zwar nur ehrenhalber, aber mit großem Auftrag. OB Holm Große und Büroleiter Sascha Hache, der das Festkomitee für das 790-jährige Stadtjubiläum in diesem Jahr leitet, baten ihn, den Festumzug am 9. September zu organisieren.

Zwei Bedingungen

Hartmut Schaar hat Frack und Zylinder nie weggeräumt. Er hatte auch gleich Lust, den Umzug auf die Beine zu stellen. Aber gleich zugesagt hat er nicht, sondern erst abgewartet, dass man ihm zwei Bedingungen erfüllt. Er mache nur mit, hat er gesagt, wenn er auch wirklich die erste Geige spielen darf und wenn ihm eine ausreichende Summe Geld zur Verfügung steht. Kapellen, Pferdefuhrwerke, vernünftige Sprecher gebe es schließlich nicht umsonst. Nun laufen die Vorbereitungen schon und es knirsche auch mal, „aber wir sind uns einig geworden“ , sagt Hartmut Schaar.

Wie in alten Zeiten agiert der Umzugsmacher. Vor allem ist Hartmut Schaar der Ideengeber für die vielen, die sich schon bereiterklärt haben mitzulaufen, aber nicht wissen, was sie darstellen und dafür anziehen sollen. „Es ist ja nicht so, dass am Ende ich die Kleider nähe“, sagt Hartmut Schaar. Aber er wacht darüber, dass die Bilder am Ende stimmen. „Das Kleid kann eben nicht angezogen werden, bloß weil es besonders schick ist. Es muss in die Zeit und zum Thema passen“, sagt der Regisseur.

Zettel liegen auf dem Tisch. Computerausdrucke und Handgeschriebenes. Was er wo stehen hat, weiß Hartmut Schaar gleich. Wichtig ist ein Blatt ganz besonders. Mit ihm macht sich der Umzugsmacher klar, ob die Reihenfolge der Bilder stimmt. Das ist wichtig, sagt er, aber nicht nur, damit es sich gut anschaut. So ein Umzug müsse vor allem sicher sein. Routiniert und bei aller Show mit dem nötigen Ernst bedient sich Hartmut Schaar der Hilfsmittel, die das garantieren. So nutzt er für den Überblick zum Beispiel die Farben Rot für Pferde, Gelb für Kapelle oder Blau für Lkw. Das Rot hinter Gelb läuft, sollte nicht passieren. Die Pferde könnten scheuen.

Keinen Stress!

Bischofswerda hat lange Pause gemacht bei Festumzügen. Den letzten gab es 2010 zum Thema Biwak, ein Jahr zuvor aus Anlass des Landeserntedankfestes einen der schönsten aus Hartmut Schaars Sicht. Für die Neuauflage in diesem Jahr stehen die Ideen zu 90 Prozent. Ein Bild soll Lehrer Lämpel abgeben, den wohl Schulleiter Uwe Barkow aus Goldbach darstellen wird. Mit ihm laufen seine Schüler und Lehrer auch in historischer Schulkleidung. In Schönbrunn tun sich Dorfverein und Kita für ein historisches Schaubild zur Landwirtschaft zusammen. Oder in Süd die Grundschule mit Partnern. Die Umsetzung der Ideen steht zu 20 Prozent.

„Kein Stress!“, sagt Hartmut Schaar auf die Frage, ob er bei dem Gedanken an die Lücken nicht schon auch Panik schiebe. Er habe ein starkes Team. Jeder organisiere zuverlässig seinen Teil. Allerdings werden in den nächsten Wochen und Monaten und erst recht direkt vor dem Umzug noch mehr Leute gebraucht, die helfen. Der Aufbau der geschmückten Wagen beginne schon bald. Schaar will aber nicht nur beim Umzug selbst nichts dem Zufall überlassen, sondern auch beim Drumherum.

So kommen auch die Toilettenwagen definitiv in eine Deko passend zum historischen Ambiente im Stadtzentrum am Festwochenende. Schaar denkt hierfür zum Beispiel an breiten Fleece, den Baufirmen sonst zum Beispiel beim Einbau neuer Straßenbeläge verwenden. Solchen Fleece bekomme er, „jemand muss ihn dann bemalen“, sagt Hartmut Schaar. Hobbygärtner und hilfreiche Bauern werden auch gebraucht. Sie sollen gebeten werden, Mais, Sonnenblumen und anderes, das hoch wächst, in diesem Jahr anzubauen und zur Verfügung zu stellen, wenn im September die Stadt geschmückt wird.

Hier geht es lang

Auf einer von Hartmut Schaars Handskizzen steht, wo der Umzug zu sehen sein wird. Er beginnt am Stadteingang aus Richtung Bautzen, zieht über die Bautzener Straße stadteinwärts vorbei an den Schulen und dem diakonischen Altenheim und über die innere Bautzener Straße zum Markt. Hier dreht die Gesellschaft eine Runde, um sich in der Kirchstraße aufzulösen. Zwei Sprecherstellen, eine Ehrentribüne und schöne Plätze zum Gucken für ältere und behinderte Menschen sind geplant.

Die SZ trifft sich mit Hartmut Schaar in der „Germania“ am Neumarkt. Schaar hat das historische Gasthaus vor Jahren zum Wohnen gekauft. Viel erinnert hier noch immer an die Zeit, als jedermann einkehren konnte. Typisch Schaar gibt es einen Teil der Tische und den Tresen noch. Oft hat er hier Gäste und das bereitet ihm Freude. Er sei froh, dass seine Frau ähnlich denkt. Schaar ist der sympathische Typ Gemütlichkeit, der zwar weiß, dass er einige Pfunde zu viel hat und das Übergewicht das Laufen schwerer macht. „Aber meine Frau kocht so gut, und ich esse gern“, sagt er. Zum Stück Stollen am Nachmittag sagt er auch nicht nein. Und wenn er sich mal vertut, nimmt er sich das nicht übel. Für einen Weihnachtsfeiertag nahm er einen der Aufträge an, die ihn als Reisebegleiter zum Beispiel für Busunternehmen durch die Region führen. Schaar erklärt dann den Gästen seine Heimat. Zu Hause wurde umorganisiert und Weihnachten auch noch schön.

Wer beim Umzug mitmachen bzw. jetzt oder später beim Gestalten helfen möchte, kann sich an Hartmut Schaar wenden, Telefon 0172 1356504.