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Der Wolf vom Bärenwinkel

Im Vogtland soll ein Wolf aus der Lausitz unterwegs sein. Die Hinweise sind vage, unmöglich ist es nicht.

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Von Frank Tausch

Der Forstmann kam von erfolgloser nächtlicher Jagd, als er das Tier auf dem Waldweg entdeckte. Es kam wohl auch von der Jagd. 80Meter voraus trug es die Reste eines Rehs im Fang und floh im Angesicht des Försters in seinem Jeep den Hang hinauf im dichten Wald bei Bärenwinkel, gelegen zwischen Auerbach und Morgenröthe-Rautenkranz im Vogtland. Die Beute ließ es da. Der Grünheider Revierförster Dirk Schönfelder ist sich sicher: „Ein Wolf oder Schäferhund stand da im Scheinwerferlicht.“ Er untersuchte den Kadaver, später auch der Amtstierarzt. „Nach Art des Risses schließen wir auf einen Wolf“, sagt der 34-jährige Förster. Schönfelder glaubt, sein Wolf könnte aus der Lausitz stammen.

Das wäre gut möglich. 250 Kilometer Entfernung kann ein Wolf in einer Woche zurücklegen, und die Tiere wandern. Eine Überraschung wäre ein Wolf im Vogtland für Ilka Reinhart vom sächsischen Wolfsbüro Lupus nicht. „Wölfe können jederzeit in Deutschland unterwegs sein, selbst im Saarland kann man mit dem Auftauchen rechnen.“ Sie ist dennoch skeptisch, ob das Tier im Vogtland ein Wolf ist. Viel häufiger sind Verwechslungen mit Hunden. Mehrmals im Monat gehen Meldungen über Wölfe irgendwo in Deutschland im Lupus-Büro ein. Erst jüngst zeigte ein vermeintlicher Wolfs-Schnappschuss Akita Inus – eine Schlittenhunderasse.

1000 Kilometer-Wanderung

Mitunter werden Wölfe nachgewiesen. Zweifelsfrei hält sich ein Wolf in Hessen auf, sagt Ilka Reinhardt, das Tier ist anhand von Fotos bei Kassel identifiziert. Lausitzer Jungwölfe wandern ab, aber auch aus Polen kommend können Wölfe in Deutschland Lebensraum suchen. Bayern und Baden-Württemberg sowie Rheinland-Pfalz und das Saarland können mit Wolfsbesuch aus Italien oder Frankreich rechnen.

Untersuchungen belegen, dass Wölfe Hunderte Kilometer ziehen. In Norwegen wanderte eine Wölfin, deren Weg anhand eines Senders nachzuzeichnen war, 1100 Kilometer nach Südfinnland. In der Lausitz ist nachgewiesen, dass ein Wolf fast 60 Kilometer in einer Nacht zurücklegen kann. Derzeit trägt kein Tier in Deutschland einen Sender, der seine Wege verrät. Das soll sich ändern. Ilka Reinhardt und ihre Kollegen hoffen, Jungtiere im Winter fangen und mit Sendern versehen zu können. Jungwölfe verlassen das Rudel, zumeist vor der Paarungszeit im Januar. Nur Welpen bleiben. Lausitzer Wölfe wanderten bislang 30 Kilometer weit nach Brandenburg und begründeten dort ein neues Rudel oder auch Hunderte Kilometer weit, wie ein überfahrener Wolf in Schleswig-Holstein zeigte, der anhand genetischer Tests als Lausitzer identifiziert wurde. Die Tiere ziehen möglicherweise bevorzugt an Flussläufen und Höhenrücken entlang, nutzen Waldungen, aber laufen auch über sechsspurige Autobahnbrücken, wie eine Untersuchung aus Spanien zeigt. Wandernde Wölfe sind auf Suche nach Lebensraum und Partnern. Wo sie sich letztlich niederlassen, sei nicht vorherzusagen, sagt Ilka Reinhardt.