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Die Buchhandlung zum Wohlfühlen

Der Tharandter Laden „Findus“ ist für den Buchhandlungspreis nominiert. Ideen holt sich die Inhaberin aus ganz Europa.

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© Andreas Weihs

Von Dorit Oehme

Tharandt. Eine Mittdreißigerin steigt beschwingt die Ladentreppe herab. Neue Bücher blitzen kurz in ihrer Papiertüte auf. Dann taucht sie in die Mittagssonne ein. In der Tharandter Buchhandlung „Findus“ bedient Inhaberin Annaluise Erler die nächste Kundin. Es ist Alltag, doch eine besondere Zeit: Am 17. September wird in Frankfurt am Main erstmals der Deutsche Buchhandlungspreis an unabhängige und inhabergeführte Buchhandlungen vergeben – und „Findus“ ist nominiert.

„Das ist eine Wertschätzung für unsere Arbeit und unser ehrenamtliches Engagement, das wir in vielen Bereichen leisten – von der Sprach- und Leseförderung für Kinder bis hin zu Angeboten für Erwachsene“, sagt Annaluise Erler, Jahrgang 1960.

Der Preis ist mit jeweils 25 000, 15 000 und 7 000 Euro dotiert. Bundesweit sind 108 Buchhandlungen nominiert, davon neun in Sachsen. „Ich fühle mich in guter Gesellschaft und freue mich auf den Austausch“, sagt die Tharandter Buchhändlerin. Sie reist aus Helsinki an. Vorher begleitet sie ihren Mann Jörn Erler – Professor für Forsttechnik an der TU Dresden in Tharandt – nach Finnland. „Er will ehrenamtlich Kontakte zwischen einer dortigen Schule und dem Evangelischen Gymnasium in Tharandt knüpfen.“

Während sie ihre Mitarbeiter vertreten, schaut sich Annaluise Erler Buchhandlungen im polnischen Posen, im lettischen Riga und in Helsinki an. „Ich bringe gern Anregungen mit. Mich interessiert, wie die Bücher präsentiert werden und wie mit Themen umgegangen wird. Die Schwerpunkte sind überall unterschiedlich.“

Gästebuch im Tresor

Am Ladeneingang in Tharandt gibt es reduzierte Buchexemplare zum Zugreifen ohne langes Abwägen. Sie sind in Packpapier gehüllt und locker beschriftet. „Freche Katze“, „Jagd“ oder „Hochzeit“ steht knapp darauf. „Die Kunden lieben diese Überraschungspäckchen.“

In der Lyrikecke liegen schmale, rote Zettel mit Zitaten aus. Ein Empfehlungs-Lesezeichen lugt auch aus dem Kinderbuchklassiker „Alice im Wunderland“ vor der Spielecke. Auf dem hohen Regal mit den vielen anderen Titeln für Mädchen und Jungen sitzt der sprechende Kater aus der schwedischen Buchreihe „Pettersson und Findus“ von Sven Nordqvist. Nach ihm hat Annaluise Erler ihre 1993 eröffnete Buchhandlung benannt.

„Den Namen ‚Findus‘ haben meine Kinder ausgewählt“, sagt sie. Inzwischen hat die vierfache Mutter sieben Enkel. „Findus“ aber ist in Tharandt gewachsen und zwei Mal umgezogen. Fünf junge Buchhändler haben ihre Ausbildung mittlerweile hier absolviert. Seit 2007 befindet sich das Geschäft im einstigen Professorenhaus der Stadt, wo es rund 150 Quadratmeter Verkaufsfläche hat.

Eine Regalwand ist am forstlichen Hochschulstandort mit Fachliteratur gefüllt. „Hier steht auch das komplette Verlagssortiment an Bestimmungsbüchern zu Pflanzen und Tieren“, sagt Annaluise Erler und betont: Auch früher erschienene, lieferbare Backlist-Titel von Verlagen seien im Laden generell zu haben. Ebenso gehören Bücher kleiner Verlage zum „Findus“-Sortiment. „Das ist mir ein Anliegen. Denn auch sie leisten gute inhaltliche Arbeit.“ Kürzlich konnte sich der Verlag Mirabilis aus Miltitz bei Meißen in der Reihe „Konzetti“ vorstellen.

Jeder darf schmökern

Im Tresor ihrer Großmutter, dessen Tür stets einen Spalt geöffnet ist, bewahrt Annaluise Erler das Gästebuch auf. Es hat schon sechs Bände und viel zu erzählen. „Die Stammkundschaft ragt weit über Tharandt hinaus.“ Autoren aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, den USA, aus Großbritannien, Island, Polen oder Rumänien waren in der Lesereihe für Erwachsene schon zu Gast. Das Veranstaltungsheft der Buchhandlung enthält auch Lesungen für Kinder, in denen gebastelt wird. Im Leseclub wiederum schmökern junge Gymnasiasten noch vor der Veröffentlichung in den neuesten Titeln und bewerten sie.

Sogar einen Junggesellinnenabschied hat „Findus“ schon miterlebt. Die Gäste buchten das Angebot der „Buchnacht“ und stöberten hinter verschlossenen Türen. Mit der Braut, der Literaturbloggerin Bianca Raum, arbeitet Annaluise Erler auch zusammen. Die Bloggerin wird künftig ein Ladenfenster gestalten.

Die dialogfreudige Buchhändlerin hat im Gegenzug auf der Webseite der Bloggerin ein Extraplätzchen bekommen.

Am 24. September, 19.30 Uhr, liest Claudia Rusch aus ihrem Roman „Zapotek und die schlafenden Hunde“ in der Buchhandlung an der Schillerstraße 1. Eintritt: acht Euro.