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Die Ex-Sachsenring-Retter lässig-lächelnd im Gericht

Wegen ihrer Erfolge bei Sachsenring in Zwickau wurden Ulf und Ernst Wilhem Rittinghaus einst gefeiert – nun verantworten sie sich vor dem Richter.

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Von Ulrich Wolfund Brigitte Pfüller

Sie sind wieder da. Ulf und Ernst Wilhelm Rittinghaus, die Brüder aus dem Sauerland, die einstigen Retter der Trabi-Schmiede Sachsenring. Gefeiert als „Unternehmer des Jahres 1998“, hofiert von früheren Spitzenpolitikern wie Roman Herzog, Rudolf Scharping und Gerhard Schröder. Für viele Vertreter der damaligen sächsischen Staatsregierung waren es nur „unsere Rittinghäuser“.

Sie bewahrten 1993/94 Sachsenring vor der Abwicklung durch die Treuhand, brachten das Unternehmen 1997 sogar an die Börse. Doch dann expandierten sie zu schnell, das Geld wurde knapp, im Mai 2002 ging Sachsenring in die Insolvenz.

„Viel zu spät“, meint der Chemnitzer Staatsanwalt Christian Goltz. Und weil er auf dieser Meinung beharrt, waren die Rittinghäuser nach Jahren der Abstinenz gestern wieder mal in Sachsen – als Angeklagte. In ihren anthrazit-farbenen Anzügen, mit etwas grauer gewordenem Haar, aber immer noch elegant und lässig-lächelnd hören sie im Saal 140 des Landgerichts Chemnitz dem Staatsanwalt zu: Der wirft ihnen Insolvenzverschleppung vor und Untreue zulasten von Sachsenring in Höhe von 6,1 Millionen Euro. Zudem, so Goltz, hätte die Brüder millionenschwere Scheinrechnungen an VW und den Schweizer Nutzfahrzeughersteller NAW in der Bilanz aktiviert, obwohl diese keinen Wert hatten. „Dadurch wies Sachsenring 1998 und 1999 Gewinne aus, obwohl die Gesellschaft tatsächlich Verluste machte“, so Goltz. Wegen der vermeintlichen Gewinne aber seien Dividenden an die Aktionäre ausgezahlt worden, zu denen auch die Rittinghäuser zählten. Ernst Wilhelm habe so unrechtmäßig etwa 330.000 Euro kassiert, sein Bruder Ulf rund 253000 Euro. Außerdem hätten die ehemaligen Sachsenring-Vorstände wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung bereits im März 2000 die Insolvenz beantragen müssen.

Ulf Rittinghaus (52), der inzwischen in Potsdam lebt und als Berater arbeitet, hält die Vorwürfe für falsch. Er gibt dem Freistaat und den Banken eine Mitschuld am Untergang, „aber danach fragt ja keiner“. Seine ehemalige Wirkungsstätte in Zwickau hat er nicht wieder besucht, „das wäre ja Selbstquälerei“. Sein vier Jahre älterer Bruder Ernst Wilhelm, der sich wieder ins Sauerland zurückgezogen hat, erklärte schon unmittelbar nach der Pleite: „Man wird uns niemals Straftaten nachweisen können, weil es die nicht gibt. Alles ist geprüft. Wir sind doch keine Frittenbude.“ In der Tat endete das Bilanzfälschungs-Verfahren gegen den damaligen Wirtschaftsprüfer von Sachsenring im April mit einem Freispruch. Die Staatsanwaltschaft ist dagegen in Revision gegangen.

Der gestrige Prozesstag wurde bereits nach einer Stunde beendet. Mitte Dezember soll das Urteil gesprochen werden. „Vermutlich aber“, so ein Gerichtssprecher, „wird sich das Verfahren bis ins nächste Jahr hineinziehen.