Merken

Die Inkasso-Masche

Unseriöse Geldeintreiber haben es besonders auf Ältere abgesehen. Das beschäftigt die Verbraucherschützer der Region.

Teilen
Folgen
NEU!
© Uwe Soeder

Von Miriam Schönbach

Rödertal. Die Worte sind unmissverständlich: „Meine Kanzlei wurde beauftragt, beim zuständigen Mahngericht das gerichtliche Mahn- und Vollstreckungsverfahren mit anschließender Pfändung gegen Sie einzuleiten.“. Ein Überweisungsbeleg über 394,89 Euro liegt dem Schreiben des Inkassoinstituts aus dem Juli 2016 gleich bei. Diese Forderung bezieht sich auf einen angeblichen Vertragsabschluss per Telefon vor drei Jahren. Diese Masche kennen die Verbraucherschützer in der Region nur zu gut. „Zu solchen dubiosen Schreiben gab es im vergangenen Jahr viele Rechtsberatungen“, sagt Dirk Mittrach von der Verbraucherzentrale.

Auf den ersten Blick sieht der Brief des Hamburger Inkassoinstituts seriös aus. „Wer weiß schon, welche Telefonate er vor drei Jahren geführt hat. Zumal es damals gerade die Hoch-Zeit der Werbeanrufe war. Auf diese Unsicherheit setzen diese unseriösen Unternehmen“, beschreibt Dirk Mittrach. Aus Angst vor Zwangsvollstreckungen oder anderen Unannehmlichkeiten, wie angedrohte Hausbesuche, würden viele das Geld einfach bezahlen. Die Dunkelziffer sei unbekannt.

200-mal Abzocke

Aus diesem Grund hat die Verbraucherzentrale sich die Zahlen bundesweit näher angeschaut: Im Auswertungszeitraum zwischen dem 1. Mai und dem 31. August 2015 gab es im Freistaat 200 Verbraucherbeschwerden zum Thema Inkasso-Abzocke. Oft sollten die Überweisungen ins Ausland gehen. „Da sollte man stutzig werden. Insgesamt waren mehr als die Hälfte aller Forderungen unberechtigt. Wer unsicher ist, kann gern unsere Hilfe in Anspruch nehmen“, sagt Verbraucherberaterin Stephanie Siedentopf. So machte es auch die Adressatin des erwähnten Briefes. Sie nahm die Zahlungsaufforderung zu den Beratern mit. Die prüften zuerst im Rechtsdienstleistungsregister, ob es sich um ein zugelassenes Inkassounternehmen handelt. Danach gingen sie in Widerspruch. Von der Pfändung hörte sie nie wieder.

„Sind die Forderungen berechtigt, muss man zahlen. Aber auch seriöse Inkassounternehmen können falsche Forderungen aufstellen. Deshalb empfehlen wir, solche Schreiben nicht zu ignorieren“, sagt Dirk Mittrach. Gleichzeitig rät er zu gesunder Vorsicht. Besonders ältere Verbraucher sollten über ihre Sorgen sprechen, wenn ihnen ein solcher Brief ins Haus flattert oder sie auf einmal mit einem Vertrag konfrontiert sind, den sie entweder an der Haustür oder im Internet mit einem ungewollten Klick abgeschlossen hätten.

200-mal Abzocke

Doch auch jüngere Leute tappen in solche Fallen. Insgesamt ließen sich 2015 von den Experten über 3 000 Verbraucher aus der Region beraten. Diese Zahl hält sich seit Jahren konstant. Etwa die Hälfte sei älter als 60 Jahre. „Neben dem Inkasso-Thema ging es besonders häufig um Auskünfte zu Bankdienstleistungen“, so Mittrach. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs von 2014, dass üblichen Kreditbearbeitungsgebühren rechtswidrig waren, kamen zu diesem Thema immer noch viele Fragen.

Als neue Form der Abo-Falle gibt es bei den Telekommunikationsanbietern. Die Werber, bei denen nicht sofort ersichtlich ist, von welchem Unternehmen sie kommen, stehen meist unangekündigt vor der Haustür und schwatzen den Interessierten einen neuen Telefonvertrag für das Festnetz auf. Auf einem Zettelvordruck werden alle Daten festgehalten, die Unterschrift macht das Geschäft perfekt. Wenig später flattert der Vertrag ins Haus. Bei diesen gibt es nur einen kleinen Schönheitsfehler. Während die monatliche Rate sofort fällig wird, wird die alte Telefonnummer erst Monate später auf den neuen Anbieter umgestellt. Für den Verbraucher bedeutet das: doppelte Kosten. „In einem solchen Fall muss man immer den Vertrag widerrufen“, sagt Dirk Mittrach.

Trick mit der Viren-Warnung

Um einen unabsichtlich abgeschlossenen Vertrag ging es auch bei einem weiteren Rechtsverstoß. Eine Hilfesuchende hatte eine Nachricht auf dem Smartphone bekommen, dass auf ihrem Mobiltelefon vier Viren entdeckt wurden. Sie öffnete den Hinweis und bekam die Information: „Sie haben gerade 333 Spiele erworben“. Mit diesem Klick schloss sie ein Abonnement ab. Die Abrechnung sollte über die Mobilfunkrechnung erfolgen.

Das ist eine Masche, die den Verbraucherschützern ebenfalls immer wieder begegnet. „Wer sich vor solchen teuren Abos im Handy schützen will, dem raten wir zu einer Drittanbietersperre“, sagt Dirk Mittrach. Die Mobilfunkanbieter müssen auf Antrag ihrer Kunden Leistungen von Fremdanbietern blockieren. Ein solches Schreiben verfassten die Experten. Zusätzlich wurde das Abo gekündigt. Eine Abbuchung blieb daraufhin aus.

Verbraucherzentrale Dresden: Fetscherplatz 3, 01307 Dresden, 0351 4593484

Verbraucherzentrale Bautzen: Martin-Hoop-Straße 1, 02625 Bautzen, 03591 491036

Sachsenweites zentrales Termintelefon der Verbraucherzentrale Sachsen: 0341 6962929 (montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr)

www.verbraucherzentrale-sachsen.de