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„Die Kühe lächeln, wenn sie mich sehen“

Tierwirt Thomas Meltzer aus Horka reist als Einserkandidat zu Sachsens Bestentreffen. Aber er bleibt Jänkendorf treu.

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© André Schulze

Von Sabine Ohlenbusch

Thomas Meltzer winkt aus der Stallanlage heraus. Er bahnt sich seinen Weg durch die Herde Kühe. Er muss sich noch die Gummistiefel mit dem Schlauch abspritzen, dann präsentiert er auch schon den Melkroboter. „Die Maschine sucht sich mithilfe einer Kamera ganz eigenständig die Zitze“, sagt er begeistert. Er tippt ein paar Mal auf das Touchdisplay der Anlage und führt durch die Zahlen rund um die Milchabgabe: Den Durchschnittswert, den die Kuh erbringt, die Leistungsfähigkeit der einzelnen Zitzen und die aktuelle Gesamtmenge. Tierwirte sind eben hochtechnologisch geschultes Fachpersonal und nicht einfach Bauern.

Aber sie haben nicht nur mit Maschinen zu tun, sondern kümmern sich in erster Linie um die Tiere. „Wir müssen vor allem schauen, dass es den Kühen gut geht, jetzt mehr denn je“, bestätigt der 20-Jährige. Die Tiere pendeln selbstständig zwischen Futtertisch, Melkanlage und ihren Schlafflächen. Ein großer Schieber befördert den Unrat über die gesamte Breite des Stalles in die Güllebecken. Und da die Tiere und Roboter auf diese Weise gemeinsam einen Teil der körperlichen Arbeit abnehmen, verlagern sich die Aufgaben von Treiben, Melken und Ausmisten zur Pflege der Tiere und Überwachung der Technik.

„Sie haben ihre eigene Mimik“

Denn der gesamten Messtechnik, welche die Milchqualität überwacht, entgeht leider, ob die Kühe sich wohlfühlen. „Man muss sich schon mit den Tieren beschäftigen, dann sieht man, wie es ihnen geht“, sagt Thomas Meltzer. „Sie haben ihre eigene Mimik und lächeln auch, wenn sie mich sehen.“ Ein glänzendes Fell, ein wacher Blick und eine aufmerksame Ohrhaltung seien weitere Indizien für ihr Wohlbefinden. Für die Gesundheitskontrolle hat er außerdem immer Fieberthermometer und Kugelschreiber für die Temperaturkurve parat.

Thomas Meltzer kommt aus Horka und hat schon früh gewusst, dass er „etwas mit Tieren machen will“. Im Juni hat er mit einer mündlichen Prüfung seine Ausbildung abgeschlossen – mit einer Eins. Dafür ist er am Freitag beim Köllitscher Bestentreffen ausgezeichnet worden. Seit August ist er fest bei seinem ehemaligen Lehrbetrieb angestellt. Auf die Dauer wird er die Stelle einer Kollegin übernehmen, die bald in den Ruhestand geht. Reich wird er sicherlich nicht durch seinen Beruf, aktuell bekommt er den gesetzlichen Mindestlohn.

Der niedrige Milchpreis macht dem Betrieb natürlich zu schaffen. Thomas Meltzer sieht eine Ursache in der Ukrainekrise, durch die keine Milch mehr nach Russland exportiert wird. Aber für den heimischen Absatz gelte: Wenn die Politik nicht eingreift, werde sich nichts daran ändern, dass die Betriebe hart darum kämpfen müssen, wirtschaftlich zu sein. Dennoch gibt es in der Branche durchaus Bedarf für Nachwuchs, im Landkreis Görlitz sind in diesem Jahrgang lediglich sechs Tierwirte ausgebildet worden. Zwei Drittel davon sind junge Frauen gewesen. Tierwirt ist also durchaus keine Männerdomäne.

Thomas Meltzers Vater hat an den Ställen der Agrar GmbH Jänkendorf in Ödernitz mitgebaut, die jetzt Thomas Meltzers Arbeitsplatz sind. Seine Eltern hätten nur Kaninchen und Hühner gehalten, aber noch sein Großvater hat Kälber gemästet und deren Fleisch verkauft. „Ich glaube, die Tierzucht liegt mir in den Genen“, meint Thomas Meltzer. In jedem Fall hat er für sich den richtigen Beruf gefunden.