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Die letzten Arbeitstage

Nach 25 Jahren als Bürgermeister geht Peter Beer in den Ruhestand. Eigentlich wollte er gar nicht so lange im Amt bleiben.

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© Uwe Soeder

Madeleine Siegl-Mickisch

Göda. Entspannt steht Peter Beer vorm Gödaer Gemeindeamt. Noch eine Arbeitswoche, dann geht er in den Ruhestand. 25 Jahre war er Bürgermeister, zunächst vier Jahre in Prischwitz. Und als sich 1994 Göda, Coblenz und Prischwitz zusammenschlossen, wurde er auch in der neuen Gemeinde mit ihren 32 Dörfern zum Bürgermeister gewählt. In den Jahren 2001 und 2008 ging er ebenfalls als Sieger aus der Wahl hervor. Dennoch gab es nicht nur Höhen, sondern auch Tiefen. Die SZ blickt mit ihm zurück.

Alltag eines Bürgermeisters

Heimatliebe: Einen Wanderführer durch Göda gab der Heimatverein 2010 heraus, dessen Vorsitzender Beer ist.
Heimatliebe: Einen Wanderführer durch Göda gab der Heimatverein 2010 heraus, dessen Vorsitzender Beer ist.
Enthüllung einer Gedenktafel für den Komponisten und Heimatforscher Jurij Pilk an seinem Geburtshaus.
Enthüllung einer Gedenktafel für den Komponisten und Heimatforscher Jurij Pilk an seinem Geburtshaus.
Standpunkt: Für die Freien Wähler im Bautzener Kreistag tritt Beer oft ans Mikrofon.
Standpunkt: Für die Freien Wähler im Bautzener Kreistag tritt Beer oft ans Mikrofon.
Spatenstich: Beim Baustart für die neue Backstube der Gödaer Bäckerei Fehrmann 2009 durfte auch Beer zum Spaten greifen.
Spatenstich: Beim Baustart für die neue Backstube der Gödaer Bäckerei Fehrmann 2009 durfte auch Beer zum Spaten greifen.
Baustart: Viele Bauvorhaben waren in 25 Jahren zu bewältigen, wie hier 2008 mit Bauamtsleiterin Katrin Pigorsch auf der Baustelle des Feuerwehr-Gerätehauses.
Baustart: Viele Bauvorhaben waren in 25 Jahren zu bewältigen, wie hier 2008 mit Bauamtsleiterin Katrin Pigorsch auf der Baustelle des Feuerwehr-Gerätehauses.
Empfang: mit Gästen aus der ungarischen Partnergemeinde Kunfehértó vorm Gemeindeamt.
Empfang: mit Gästen aus der ungarischen Partnergemeinde Kunfehértó vorm Gemeindeamt.

Herr Beer, worauf sind Sie denn im Rückblick auf 25 Jahre als Bürgermeister besonders stolz?

Zum einen auf die ersten Jahre meiner Amtszeit in Prischwitz. Das war die goldene Zeit des Ostens, da konnte man unheimlich viel bewegen, auch dank vieler ABM-Maßnahmen. Die Gemeinde Prischwitz kam damals ins Dorfentwicklungs- und ins Flurneuordnungsprogramm. Wir konnten sehr systematisch erst das Abwasser und dann die Straßen bauen. Froh bin ich auch darüber, dass wir als Gemeinde Göda seit der Wende nur zehn Prozent der Einwohner verloren haben. Da stehen andere Kommunen viel schlechter da. Ich denke, dazu hat auch beigetragen, dass wir uns immer sehr um eine gute Kinderbetreuung bemüht haben. Göda hat auch eine recht gute gewerbliche Entwicklung vorzuweisen, obwohl wir eigentlich eine eher landwirtschaftlich geprägte Gemeinde sind.

Und auf welche Erfahrung als Bürgermeister hätten Sie lieber verzichtet?

Eine harte Zeit war 2000/2001, als sich die Auseinandersetzungen ums Abwasser zuspitzten. Der Zweckverband „Mittleres Schwarzwasser“ war in finanziellen Schwierigkeiten und wurde als notleidend eingestuft. Als Vorsitzender stand ich im Kreuzfeuer der Kritik. Das hat mich geprägt, mir aber auch gezeigt: Aus solchen Tälern kommt man wieder raus. Als bittere Niederlage empfand ich 2006 die Schließung der Mittelschule, die wir trotz vieler Bemühungen nicht verhindern konnten.

Was hätten Sie gern in Ihrer Amtszeit noch angepackt oder zu Ende gebracht?

Ich bedauere es, dass es nicht gelungen ist, dauerhaft leistungsfähige Verwaltungsstrukturen zu schaffen. Mit den Nachbargemeinden Doberschau-Gaußig und Demitz-Thumitz hätten wir eine starke ländliche Gemeinde zwischen Bautzen und Bischofswerda werden können. Denn wir brauchen für die Verwaltung größere Strukturen und mehr Einwohner, um alle heute in einer Gemeinde anfallenden Aufgaben erledigen zu können und finanziell besser ausgestattet zu werden. Sonst bleibt nur die Eingliederung in die Städte.

Hätten Sie 1990 daran gedacht, mal als Bürgermeister in Rente zu gehen?

Überhaupt nicht. Ich hatte als Haupttechnologe im Meliorationsbau Dresden ja eine schöne berufliche Aufgabe. 1989 hatte ich angefangen, mich gesellschaftlich zu engagieren, und 1990 kandidierte ich mit einigen Mitstreitern für den Gemeinderat. Damals wurde der Bürgermeister noch aus den Reihen des Gemeinderates gewählt. Aber niemand wollte es machen, außer demjenigen, der 1989 noch unter DDR-Verhältnissen gewählt worden war. Doch wir wollten ja eine gesellschaftliche Veränderung, deswegen habe ich gesagt: Ich mache es. Eigentlich sollte es nur für eine Wahlperiode sein, um dann wieder im Beruf tätig zu werden. Deshalb hatte ich 1991 einen kleinen Betrieb für Bauwerkstrocknung gegründet und dann nebenbei betrieben.

Worauf freuen Sie sich jetzt am meisten, wenn Sie in den Ruhestand gehen?

Darauf, mehr Zeit zu haben für die Menschen, die mir lieb sind. Das ist doch deutlich zu kurz gekommen. Und darauf, mein großes Grundstück nicht nur in Schuss zu halten, sondern es auch genießen zu können. Außerdem gibt es noch einige ungelesene Bücher. Weiterhin bleibe ich im Bautzener Kreistag, im Gödaer Heimatverein und in einigen anderen Gremien aktiv.

Und was werden Sie vermissen?

Die netten Frauen, mit denen ich in der Verwaltung zusammengearbeitet habe (schmunzelt), und die vielen tiefsinnigen Gespräche, vor allem mit den Senioren, die ich zu den Geburtstagen besucht habe. Überhaupt war die Arbeit als Bürgermeister, da sie ja so vielfältig ist, für mich persönlich eine wertvolle Zeit.

Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?

Die Kraft, die man braucht, um die vielfältigen Aufgaben als Bürgermeister zu bewältigen. Freude an der Erfüllung dieser Aufgaben und die Möglichkeit, mit seiner Arbeit auch Gutes für andere Menschen zu tun. Und ich wünsche ihm die Gelassenheit, auch mit Kritik umgehen zu können.