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Die Männer von der Rindenhütte

Hinterhermsdorfer halten Imbiss und Kassenhaus an der Oberen Schleuse in Schuss. Noch reicht die Kraft dafür.

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© Marko Förster

Von Anja Weber

Hinterhermsdorf. In letzter Zeit gehen Manfred Ringel und seinen Mitstreitern vom Verein „Freunde der Oberen Schleuse“ tausend Dinge durch den Kopf. Wie lange werden Imbiss und Kassiererhaus an der beliebten Touristenattraktion noch durchhalten? Wie viele Stellen werden sie wieder ausbessern müssen? Und vor allem, wie lange werden sie sich noch um beides kümmern können?

„Hoffentlich noch recht lange. Obwohl wir eben alle auch älter werden“, sagt Manfred Ringel. Sein Herz hängt an der Oberen Schleuse. Warum? Das ist ganz einfach. Seine Urgroßeltern hatten früher den Imbiss an der Oberen Schleuse. Seine Großeltern und Eltern und auch er sind dort groß geworden. Das sei eben auch der Grund gewesen, weshalb er sich vor zehn Jahren dafür eingesetzt hatte, dass der Imbiss und das Kassiererhaus in ihrer ursprünglichen Form erhalten bleiben, außen mit Rinde bedeckt. Er fand einige engagierte Hinterhermsdorfer, die mitgezogen haben und es bis heute tun. Die Arbeit wird nicht weniger und auch nicht leichter.

Bereits vor ein paar Wochen haben sie eine lange Fichte von ihrer Rinde befreit. Für den besonderen Zweck kann nicht irgendein Baum genommen werden. Den Baum für die Rindenhütte hatte der Revierförster vorher extra im Stadtwald ausgesucht. Vorstellungen, wie er aussehen muss, haben die Freunde der Oberen Schleuse ganz genau. Der Durchmesser muss zwischen 30 und 40 Zentimetern liegen. Die Rinde darf nicht zu viele Äste haben, weil so später Löcher entstehen. Außerdem muss sie einen feinen Spiegel haben, sie muss also feinporig sein. „Passt alles, bekommen wir aus so einem Baum etwa 15 Rinden, die wir verarbeiten können“, sagt Manfred Ringel.

Doch auch das ist nicht so leicht gemacht. Um die Rinde überhaupt verarbeiten zu können, muss sie erst gewässert werden, mehrere Tage lang. Die Freunde der Oberen Schleuse dürfen dafür den Mühlgraben an der Niedermühle nutzen. Die Rinde wird für etwa zwei Wochen ins Wasser gelegt. „Da werden alle Bestandteile und Stoffe, wie Zucker herausgespült“, erklärt Manfred Ringel. Zwischendurch muss die Rinde immer wieder herausgezogen und gereinigt werden. Bei dem ganzen Prozess wird das Harz schleimig und muss immer wieder abgekehrt werden. Das alles sei sehr zeitaufwendig und eben auch nicht so leicht.

Entspricht das Material den Wünschen der Rindenbauer, ziehen sie es aus dem Wasser. Mit einem scharfen Messer werden die passenden Stücke zurechtgeschnitten und dann die kaputten Stellen am Imbiss und am Kassiererhaus ausgebessert. Die schlimmsten Stellen wurden so erst einmal repariert. Fertig sind die Rindenhütten-Retter aber nie. Jedes Jahr von Neuem muss etwas getan werden. Das haben sich die zwölf Mitglieder der Freunde der Oberen Schleuse auch vorgenommen. Keiner von ihnen ist allerdings mehr unter 60 Jahren. Deshalb machen sie schon so ihre Gedanken um die Zukunft. „Vor zehn Jahren haben wir angefangen. Die ältesten waren damals schon um die 76 Jahre“, erzählt Manfred Ringel. Neue Interessenten kommen nur sporadisch dazu. Doch betteln wolle man niemanden.

Die Rindenhütte gebe es, solange sich die Gruppe um die Instandhaltung kümmern kann. Da ist sich Manfred Ringel sicher. Was danach kommt? Der vor Jahren umstrittene Bau mit Sanitärtrakt und Platz für einen Imbiss steht bereit. Allerdings ohne passende Fassadengestaltung. Inzwischen sind sie an der Rindenhütte fertig und können sich anderen Themen zuwenden. Für den Herbst soll ein weiterer Bildervortrag hauptsächlich von Annemarie Schlenkrich vorbereitet werden. Thema ist die Entwicklung von Hinterhermsdorf nach dem Zweiten Weltkrieg. Und zehn Jahre Freunde der Oberen Schleuse. Die Vorträge von ihnen kamen bei den Einwohnern immer gut an. Deshalb soll die Reihe im Haus des Gastes auch fortgesetzt werden.