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„Die Nachbarn sind weit genug weg“

Nach einem Jahr Pause ist die laute Livemusikveranstaltung Improhazard zurück in Peritz.

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© S. Schultz

Wülknitz. Ein bisschen wie Woodstock. „Nur ohne Schlamm“, sagt Organisator Uli Raupach und lacht. So wird es am Wochenende in Peritz zugehen, wenn dort Dutzende Musiker campieren. Anlass ist das „Improhazard“, ein Festival für freie Musik auf dem Gelände der Porzellanmanufaktur.

Herr Raupach, was macht ausgerechnet Peritz zum Mekka für freie Musik?

Wohl der Umstand, dass es so ein kompromissloses Improvisationsfestival wie unseres nicht noch mal gibt. Größere Städte wie Leipzig oder Dresden haben ihre Szenen, aber die kochen oft im eigenen Saft. Bei uns überschneiden sich diese Kreise. Daraus sind auch schon feste Besetzungen entstanden. Ein Freund aus Bonn ist über Peritz in die Kölner Szene reingekommen!

Improvisierte Musik, damit verbindet mancher ein Wort wie Krach ...

Manchmal ist es das auch. Aber viele Eltern der ersten Elvis-Fans haben im Rock ’n’ Roll auch nur Krach gehört. Die konnten einfach nicht nachvollziehen, was da passiert. Verzerrte Gitarren kannten die nicht. Inzwischen ist das längst Mainstream. Die Hörgewohnheiten haben sich verändert.

Was bekommen die Peritzer Festivalbesucher zu hören?

Das ist ja das Schöne am Improvisieren: man weiß es vorher nicht genau. Manchmal kommt Free Jazz heraus, manchmal Punk. Dann klingt es nach neuer Musik oder erinnert an Klassik. Es hängt von den Musikern und der Instrumentierung ab.

Wie muss man sich den Ablauf vorstellen, spielen Bands auf der Bühne?

Ja, aber nicht im klassischen Sinne. Wir haben uns diesmal etwas völlig Neues überlegt: Die Musiker werden vornweg per Los zusammengewürfelt, haben dann 20 Minuten Zeit, um miteinander zu spielen. Danach ist eine neue Gruppe Musiker dran.

Was für Instrumente sind denn überhaupt vertreten?

Gitarre, Bass, Schlagzeug, Trompete. Aber auch exotische Sachen wie ein Chalumeau, das ist ein Blasinstrument.

Und wer spielt? Sind auch bekannte Musiker dabei?

Szenekennern sagt der Name Simone Weißenfels etwas, das ist eine Pianistin aus Leipzig. Der Geiger Hansi Noack spielt bei der Dresdner Band Dekadance. Wir haben Berufsmusiker dabei, Musikstudenten, aber auch Amateure. Die Leute kommen aus der Region, aus Leipzig, Dresden, Berlin. Aber auch aus Odessa oder Brüssel. Es ging bei uns schon immer international zu.

Wie sind Sie selbst zur improvisierten Musik gekommen?

Ursprünglich kommen wir ja aus Leipzig, und dort war freie Musik zu DDR-Zeiten schon ein großes Ding. Als Jugendlicher bin ich zu den Konzerten gegangen, das war Mitte/Ende der 1970er Jahre. Seitdem bin ich mit dieser Musik vertraut.

Die Musik zu mögen, ist ja das eine. Wie kommt man dann darauf, selbst so ein Festival zu organisieren?

Weil es wichtig ist. Wir haben hier schon vor Jahren Gleichgesinnte getroffen und dann entschieden, das Festival zu gründen. Anfangs mit einem Förderverein dahinter. Aber die erhofften Fördergelder haben wir nie bekommen, deshalb ist der Verein aufgelöst. Wir machen das jetzt privat. Nur das Gröditzer Bündnis für Demokratie unterstützt uns noch finanziell.

Sie veranstalten das Fest auf dem Gelände Ihrer Porzellanmanufaktur. Müssen Sie den Betrieb ausräumen?

Nein, die Konzerte sind im Hof oder im Obergeschoss des Hauses, da haben wir einen großen Saal, wo unsere bis zu 100 Besucher reinpassen.

Gibt’s bei zwei Tagen Livemusik eigentlich keinen Ärger mit den Nachbarn?

Nein, die sind weit genug weg. Wir haben auch die Fenster gedämmt. Dadurch, dass vieles akustisch ist, wird es auch draußen nicht so laut. Wir freuen uns auch, wenn Leute aus dem Dorf sich unters Publikum mischen. Wir wollen ja, dass die Leute vorbeikommen und sich auf die improvisierte Musik einlassen. Gerade bei dieser Art Musik ist es interessant, dabei zuzusehen, wie sie entsteht.

Es fragte: Eric Weser.

Das Improhazard findet am 20. und 21. Mai in Peritz, Großenhainer Straße 2, statt. Der Eintritt ist frei. Start ist Freitag um 19, Sonnabend um 20 Uhr.

facebook.com/Improhazard