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Die Nacht der zerschlagenen Scheiben

Noch nie haben Randalierer an einer DVB-Haltestelle so einen Schaden angerichtet wie in Dresden-Mickten. Eine Versicherung dagegen haben die Verkehrsbetriebe nicht.

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© Sven Ellger

Von Christoph Springer

Auf dem Schaden bleiben die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) sitzen und die Reparatur dauert. Denn so viele Scheiben, wie Randalierer in der Nacht zum Sonntag an zwei Haltestellen in Mickten zertrümmert haben, lagen nicht im Ersatzteildepot des Unternehmens. Knapp 20 hatten die Mitarbeiter von Raimund Fischer, dem Chef für die Gebäudeausrüstung und die Bauten der DVB, vorrätig. 86 Scheiben haben die Randalierer in der Nacht zum Sonntag an den Haltestellen Sörnewitzer Straße und An der Flutrinne zerstört.

„So etwas hatten wir noch nie“, stellt Fischer fest. Glasscheiben an Haltestellen seien zwar immer mal zu Bruch gegangen, vor allem aber durch Unfälle, so der Bereichsleiter. Beispiel Schlesischer Platz: Mitte Oktober 2016 verliert ein Autofahrer, der vom Albertplatz kommt und zur Marienbrücke fahren will, die Kontrolle. Sein VW kracht in die Haltestelle. Das gläserne Wartehäuschen und mehrere Glasscheiben werden zertrümmert, das Auto demoliert außerdem zwei Masten mit Stromanschluss. 10 000 Euro beträgt der Schaden. Nur, weil die Haltestelle zur Unfallzeit verwaist war, gab es keine Verletzten.

Die Randale in Mickten war ein neues Phänomen für die Verkehrsbetriebe. „Es passiert, dass mal eine Scheibe kaputt geht, oder auch zwei.“ Dass aber alle Scheiben einer Haltestelle in Trümmern liegen, hat er zuvor noch nie gesehen. Den Kraftausdruck, der ihm aus dem Mund rutschte, nachdem er von der Randale gehört hatte, mochte Fischer nicht wiederholen. 50 000 Euro kostet die Reparatur.

Der Schaden trifft die Verkehrsbetriebe doppelt. Denn das Unternehmen muss jetzt nicht nur auf mehr als 60 Ersatzscheiben warten, während die Fahrgäste von vorbeifahrenden Autos geduscht werden können. Die DVB müssen auch für den Schaden aufkommen, „Wir haben dafür keine Versicherung, das bleibt an uns hängen“, sagt Raimund Fischer. Und damit auch an den Fahrgästen. Der Randaleschaden vom Wochenende könnte aber Anlass dafür sein, über eine Versicherung für solche Attacken nachzudenken.

Die sogenannten Schmutzschutzscheiben bestehen aus Sicherheitsglas. Gehen sie zu Bruch, zerbröseln sie wie Autoscheiben in viele kleine Stücke. So soll sichergestellt werden, dass sich kein Fahrgast an dem zerbrochenen Glas verletzt. Ein anderes Material kommt für die Haltestellen nicht infrage. „Da geht es um die Verkehrssicherheit, sie müssen durchsichtig sein“, erklärt Fischer. An manchen Haltestellen gebe es deshalb sogar Klarsichtscheiben, meistens handele es sich aber um Ornamentglas, durch das Autofahrer sehen können, ob sich dahinter etwas bewegt. „Außerdem ist die Reinigung und Wartung einfacher als etwa bei Metall.“

Bleche sind als Ersatz für die Scheiben auch deshalb keine Alternative, weil sie bei Unfällen verbeult werden und scharfe Kanten bilden können, sagt Fischer. Auch das sei dann eine Gefahr für die Fahrgäste. Verkehrsbetriebe-Sprecher Falk Lösch fügt hinzu, auch einfache Zaunfelder mit einer zusätzlichen Stange in Kniehöhe und Glasschutzwände nur direkt an den Haltestellenhäuschen könnten eine Lösung sein. Doch das ist zurzeit noch keine Alternative für die zwei Haltestellen in Mickten. Einerseits, weil die Bahnstrecke zum Riegelplatz mit Fördermitteln finanziert wurde und dabei alle Ausbaudetails definiert waren. Auch die Glasscheiben an den Haltestellen. Andererseits, weil auch bei einem Zaun zunächst geprüft werden müsse, ob er sicher genug ist.