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Die Stadt Hohnstein bietet bei Likolit nicht mit

Am 31. Mai soll die Industriebrache versteigert werden. Die Anwohner wollen das aufhalten.

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© Dirk Zschiedrich

Von Anja Weber

Hohnstein. Das ehemalige Linoleumwerk, samt seiner Nebengebäude, ist inzwischen auch im Internet zu einem Hort des Grauens geworden. Keiner weiß genau, welche Gefahren noch von dieser Industriebrache ausgehen könnten. Die ehemaligen Mitarbeiter, vermuten Schlimmes. Es soll zum Beispiel noch eine untere Etage geben, in der seit fast 30 Jahren niemand mehr drin war. „Dort liegt noch Zeug, was 1970 zur Produktion genutzt wurde. Dort gibt es hochgiftige Fässer, die zum Teil auch im Wasser stehen“, sagt Goßdorfs Ortsvorsteher Matthias Harnisch.

Die Eigentümer haben sich jedenfalls entschlossen, die ehemalige Linoleumfabrik, samt diverser Nebengebäude versteigern zu lassen. Termin ist bereits am 31. Mai. Das Mindestgebot liegt bei 10 000 Euro.

Bei den Kohlmühler Einwohnern wächst indessen die Angst, dass das Areal in dubiose Hände fällt. Die Gebäude selbst sind allesamt verkommen, einsturzgefährdet und müssten eigentlich abgerissen werden. Dazu kommt die Altlastensanierung. Petra Kaden und Christiane König von der IG Kohlmühle haben die Sache in die Hand genommen, im Ort Unterschriften gesammelt und die Stadtverwaltung mit Informationen gefüttert. Ihr Ziel war es, dass sich die Stadt Hohnstein an der Versteigerung beteiligt, mitbietet und letztlich Eigentümer des Areals wird.

In der Folge sollte dann über weitere Maßnahmen nachgedacht werden, wie Altlastensanierung und Rückbau. Christiane König hatte auch einige Unterlagen zusammengestellt, wie die Stadt an Fördermittel kommen könnte. Doch zunächst waren am Mittwoch die Stadträte gefragt. Denn sie hätten zustimmen müssen, wenn die Stadt an der Versteigerung teilnimmt. Offenbar waren die Bedenken zu groß.

Unbekannte Größen

In der Diskussion wurde deutlich, dass sich der Stadtrat des Problems in Kohlmühle bewusst ist, die Sorgen der Einwohner versteht. Doch letztlich war ihnen das finanzielle Risiko zu groß, die Folgen nicht absehbar. Sie lehnten mit einer Gegenstimme ab. „Es ist alles gruslig und grauenvoll. Wir können den Leuten aber nichts versprechen, was wir nicht einhalten können. Es ist schlecht, dass sich die Umweltbehörden hier heraushalten“, sagt Steffen Fischer (Unabhängige Wählervereinigung/UWV). Das Landratsamt hatte zwar am 27. März 2014 das Objekt geprüft und Auflagen erteilt. Allerdings wurde nicht kontrolliert, ob diese auch abgearbeitet wurden. Eine weitere Prüfung hält die Umweltbehörde im Landratsamt allerdings nicht für notwendig.

Für die Kohlmühler selbst ein fragwürdiges Vorgehen. „Die Gebäude sind unverschlossen. Dort lagert leicht entflammbares Material. Was passiert, wenn es dort brennt?“, fragt Christiane König. Es entstünden giftige Dämpfe und für die Feuerwehr werde es sicherlich schwer, den Brand zu löschen.

Weitere Gefahren würden von den Gebäuden selbst ausgehen. Einige sind bereits eingestürzt. Und so könnte die Liste fortgeführt werden. Den Einwohnern gehe es nicht um die Ruine, sondern darum, welche Gefahren davon ausgehen. Dennoch hatten die Stadträte wohl arge Bauchschmerzen bei dem Gedanken, die Stadt könnte sich die Industriebrache ans Bein binden. „Steht die Stadt als Eigentümer im Grundbuch, werden alle bisher untätigen Behörden ganz schnell tätig“, ist sich Stadtrat Lutz Hentschel (UWV) sicher. Das hieße dann, die Stadt müsste die Auflagen erfüllen, was die Eigentümer versäumt haben.

Abriss nicht so einfach möglich

„Wir werden die Gebäude nicht einfach abreißen können, da es sich um ein Industriedenkmal handelt“, sagt Stefan Thunig (CDU). Er selbst kennt sich beruflich in Sachen Fördermittelbeschaffung aus und hatte Bedenken, dass die Stadt auch für alles hohe Zuschüsse bekomme. „Wir hätten mehr Zeit gebraucht, um alles abklären zu können“, sagt Stefan Thunig. Bürgermeister Daniel Brade (SPD) sieht ebenfalls die Möglichkeit, Fördermittel zu erhalten. „Wir kennen aber den kompletten Finanzaufwand nicht, wissen nicht, wie teuer die Entsorgung der Altlasten und der Rückbau werden könnten“, sagt er. Es gebe auch die Möglichkeit, dass die Stadt die Fördermittel beantragt und sie an die Eigentümer weiter gibt. Doch Gespräche dieser Art sind bislang gescheiter.

Auch für die SZ waren die Eigentümer wieder nicht erreichbar. Die Stadt Hohnstein hat wegen des gefährlichen Zustandes der Bausubstanz die Bauaufsicht in Kenntnis gesetzt. Darüber hinaus hat er das Umweltministerium und die Landesdirektion eingeschaltet. „Wir haben alle Protokolle beigelegt und warten jetzt auf Antwort“, sagt der Bürgermeister. Das Werk ist nicht nur für die Kohlmühler gefährlich. Sollten tatsächlich Giftstoffe austreten, wären alle Flussanrainer und letztlich auch die Elbe betroffen. Ein Argument, welches Stadtrat Roland Döring (Die Linke) wohl dazu brachte, als Einziger dem Beschluss zuzustimmen.

„Die Stadt muss sich als Gesamtheit zu dem Problem bekennen. Eine Lösung ist doch in überregionalem Interesse“, sagt er. Die IG Kohlmühle selbst mit dem Ausgang der Abstimmung nicht zufrieden. „Das ist nicht so erfreulich für uns.

Ich denke aber, dass sich die übergeordneten Behörden da nicht raushalten können“, sagt sie. Die Kohlmühler können jetzt nur abwarten, was die Versteigerung bringt, oder ob die Eigentümer selbst einen Rückzieher machen. Damit hätte die Stadt dann auch wieder Zeit, noch offene Fragen abzuklären.

Die Auktion findet am 31. Mai, ab 11 Uhr im Dorint Dresden statt.