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Die teuere Mär vom weiten Blick

Anwohner des Wasserberges in Grumbach fühlen sich von der Preiss-Daimler Group und der Stadt betrogen.

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© Andreas Weihs

Von Hauke Heuer

Wilsdruff. Auch nach der Auslegung des neuen Entwurfes des Flächennutzungsplanes der Stadt Wilsdruff reißt die Kritik an den Plänen der Verwaltung nicht ab. Im vergangenen Stadtrat überreichten Anwohner eine Petition mit mehr als 700 Unterschriften an Bürgermeister Ralf Rother (CDU) und sprachen sich gegen eine weitere Wohnbebauung am Wasserberg in Grumbach aus. Sie fühlen sich von der Preiss-Daimler Group, die ihnen ihre Baugrundstücke verkauft hat, sowie der Stadt betrogen und bewusst hinters Licht geführt. Darüber hinaus werfen sie der Verwaltung vor, Belange des Umweltschutzes zu missachten, da es sich bei der Fläche um ein Kaltluftentstehungsgebiet handle.

„Als wir unser Baugrundstück im Jahr 2015 gekauft hatten, versprach uns die Mitarbeiterin von Preiss-Daimler, dass hinter unserem Haus keine weiteren Wohnhäuser entstehen sollen“, erinnert sich Markus Arnold. Gelockt vom versprochenen Weitblick, entschied sich Arnold, mit seiner Familie nach Grumbach zu ziehen. Der Preis für das Grundstück lag mit rund 140 Euro pro Quadratmeter über dem Schnitt der Region. „Wir hätten auch Grundstücke in der zweiten Reihe für 100 Euro je Quadratmeter kaufen können, haben uns aber bewusst für dieses entschieden“, sagt er. Genau um diese Differenz fühlt er sich betrogen. Auch mit dem Bauamt habe es mehrfach Gespräche gegeben, in denen eine Bebauung des Feldes nach mehrfacher gezielter Nachfrage ausgeschlossen worden sei.

Im folgenden Jahr errichteten die Arnolds ihr Haus – die großen Glasfenster gehen nach hinten raus. „Dann kamen schon die ersten Gerüchte auf, dass Preiss-Daimler die Grundstücke von einer Erbengemeinschaft gekauft hat und ebenfalls als Bauflächen für Eigenheime entwickeln will“, erinnert sich Arnold.

Ronny Haupt, der in der Nachbarschaft wohnt, ist es genauso ergangen. Als er und andere Anwohner Preiss-Daimler mit den Betrugsvorwürfen konfrontierten, habe die verantwortliche Mitarbeiterin darauf verwiesen, dass Geschäftsführer Jürgen Preiss-Daimler zum Zeitpunkt des Verkaufes der Grundstücke an die jetzigen Anwohner keine weitere Entwicklung auf dem Areal geplant habe. Er sei zu diesem Zeitpunkt krank gewesen.

„Wir haben alle eine entsprechende, emotional verfasste Mail bekommen, deren Form uns sehr verwundert hat“, sagt Haupt. Dass ein Unternehmen, das nach eigenen Angaben weltweit mehr als 7 000 Angestellte beschäftigt, Projekte nicht umsetzt, weil der Geschäftsführer krank ist, erscheint wenig schlüssig. Die Geschäftsführung stand der Sächsischen Zeitung auf Anfrage nicht zur Verfügung.

Doch die Anwohner sehen sich durch die geplante Bebauung nicht nur um den Wert ihre Grundstücke betrogen, sondern auch die Umwelt in Gefahr. Der aktuelle Regionalplan weist auf dem Feld ein Kaltluftentstehungsgebiet aus. Im neuen Entwurf ist dieses Areal um die geplante Baufläche reduziert worden. „Wir sind der Meinung, das diese Planung nicht vollkommen willkürlich geändert werden kann. Die Stadt setzt offensichtlich alles in Bewegung, um Preiss-Daimler das Veräußern von Bauland an dieser Stelle zu ermöglichen“, meint Haupt.

Diese Vorwürfe weist die Verwaltung weit von sich. Weder hätten Mitarbeiter Aussagen über künftige Bebauungen auf dem Areal getroffen, noch habe es geheime Absprachen mit Preiss-Daimler gegeben. Der Wert der Grundstücke würde durch die geplante Bebauung nicht sinken, sondern tatsächlich seit Jahren steigen. Aus dem Regionalplan lasse sich nicht ableiten, dass die Grundstücke in einem Kaltluftentstehungsgebiet lägen, da diese Karte einen zu kleinen Maßstab habe. Die Einwände zum Flächennutzungsplan werden derzeit geprüft, so Bauamtsleiter André Börner.

Die Anwohner behalten sich nun vor, juristisch gegen die geplante Bebauung vorzugehen und Umweltverbände einzuschalten, um das Vorhaben doch noch zu verhindern. Da für die Fläche noch keine Bauleitplanung vorliegt, die erst verbindlich Baurecht schafft, könnten sie damit durchaus Erfolg haben.