Merken

Diesen Zehn ist nichts wurst

Die Radeberger Fleischerei Korch hat einen Kundenbeirat. Der verkostet Produkte und testet Filialen. Und redet auch schon mal bei Rezepturen mit.

Teilen
Folgen
NEU!
© Thorsten Eckert

Von Jens Fritzsche

Radeberg. Bei der Sache mit der Wurst irrt sich der Volksmund jedenfalls gewaltig! Denn sprichwörtlich ist es uns ja bekanntermaßen „Wurst“, wenn uns etwas egal ist. Weil der Volksmund offenbar davon ausgeht, dass jede Wurst wie die andere ist. Also quasi egal … Aber weit gefehlt! Wurst ist eben längst nicht gleich Wurst. Und weil das so ist, treffen sich drei bis viermal pro Jahr zehn Leute im großen Besprechungsraum der Fleischerei Korch an der Großröhrsdorfer Straße in Radeberg. Und bekommen dann vier verschiedene Wurstsorten serviert, die sie verkosten. Jeweils vier verschiedene Hersteller stecken dann hinter diesen vier verschiedenen Wurstsorten, wobei einer der Hersteller sozusagen gesetzt ist: denn immer eine der Test-Würste stammt von Korch. Welche, das wissen die Verkoster natürlich nicht. In jeder Wurst steckt ein grünes Papierfähnchen mit einer roten Zahl, und am Ende entscheiden sich die Zehn, welche Wurst ihnen am besten geschmeckt hat – wobei auch die Optik eine wichtige Rolle spielt. Die Ergebnisse dieser sogenannten Blindverkostung landen dann am nächsten Morgen umgehend auf den Tischen von Fleischereichef Michael Korch und der Abteilung Qualitätskontrolle, die sich jeden Morgen in den Produktionsräumen am Radeberger Stadtrand zusammensetzt. „Denn dieses Votum der Kunden wird hier sehr, sehr ernst genommen“, sagt Bernd Wendler. Er war bis zu seiner Pensionierung 16 Jahre lang Verkaufsleiter bei Korch – und ist nun sozusagen im Unruhestand Chef dieses ganz besonderen Gremiums, das sich da wie erwähnt drei bis viermal pro Jahr in den Korch-Räumen trifft.

Sie sind längst echte Experten beim Verkosten: Rolf Hackenbroich (l.) aus Langebrück und Steffen Zscherper aus Dresden schauen genau hin.
Sie sind längst echte Experten beim Verkosten: Rolf Hackenbroich (l.) aus Langebrück und Steffen Zscherper aus Dresden schauen genau hin. © Thorsten Eckert
Bernd Ulbricht aus Ottendorf-Okrilla ist eines von aktuell zehn Mitgliedern des Korch-Kundenbeirats. Bei den Treffen wird aber nicht nur verkostet und getestet – sondern der Beirat wertet auch die Qualität in den einzelnen Verkaufsfilialen aus.
Bernd Ulbricht aus Ottendorf-Okrilla ist eines von aktuell zehn Mitgliedern des Korch-Kundenbeirats. Bei den Treffen wird aber nicht nur verkostet und getestet – sondern der Beirat wertet auch die Qualität in den einzelnen Verkaufsfilialen aus. © Thorsten Eckert

Mut zur Kritik

Das Gremium ist der Korch-Kundenbeirat. Den gibt es seit 2013 – und er hat bis zu zwölf Mitglieder. Aktuell sind es zehn Aktive; und alle vereint dabei eine Sache: Sie sind bekennende Korch-Kunden. „Andere große Konzerne, nicht nur beim Thema Fleisch- und Wurstwaren, haben das ja bereits vorgemacht“, beschreibt Bernd Wendler; und so hatte die Fleischerei Korch über ihre in den Filialen ausliegende Kundenzeitschrift Interessierte für einen Korch-Kundenbeirat gesucht. Und das Interesse war groß. Vor allem freut sich Kundenbeirats-Koordinator Wendler darüber, „dass sich hier Leute gefunden haben, die sich auch wirklich trauen, auch mal kritisch zu sein – sonst funktioniert das auch nicht“. Denn das Gremium soll eben auch helfen, den richtigen Geschmack der Käufer zu treffen. Deshalb auch die Blindverkostungen. „Wenn mal eines unserer Produkte nicht vorn landet, reden wir durchaus über mögliche Veränderungen der Rezeptur“, beschreibt Bernd Wendler.

Und dass sich hier durchaus kritische und längst zu Experten gewordene Korch-Kunden treffen, wird bei einer solchen Blindverkostung schon mal deutlich. „Zu blass“, sagt zum Beispiel Steffen Waurenschk mit Blick auf eine der vier Bockwürste, die heute zum Test anstehen. Er kommt übrigens aus Nünchritz nach Radeberg, um bei den Treffen dabei zu sein. „Ich finde das toll, dass sich Korch für unsere Meinung interessiert – deshalb bin ich hier gern dabei“, sagt er, bevor er sich dann gleich wieder der Bockwurst zuwendet. Im Übrigen schaut auch Firmenchef Michael Korch regelmäßig bei den Besprechungen vorbei; und hört genau zu. So wurde beispielsweise vorm Start der Grill-Saison noch mal beim Thema Steak-Geschmack nachgebessert. Der Beirat fand, dass hier und da eine Prise Salz zu viel am Gewürz gewesen sei. Das wurde dann geändert.

Ehrenamtliches Gremium

Wobei die Zehn nicht nur beim Thema Geschmack mitreden. Auch die Verkaufsqualität in den 25 Verkaufs-Filialen haben sie im Blick. „Wenn wir beim Einkauf in einer Filiale ein Problem bemerken, dann rufen wir hier an – und es ändert sich letztlich auch etwas“, freut sich Waltraud Aust. Die Dresdnerin legt allerdings Wert darauf, dass es hier nicht darum geht, „irgendjemanden anzuschwärzen, sondern es geht auch hier um die Qualität“. Und die sei eben wichtig, stellt sie klar. „Die meisten Kunden trauen sich ja nicht, etwas zu sagen – aber sie kommen dann eben nicht wieder; und das soll ja vermieden werden“.

Geld bekommen die zehn Aktiven übrigens nicht. „Es ist ein ehrenamtliches Gremium – umso beeindruckender, dass wir eigentlich immer vollzählig sind“, freut sich Bernd Wendler. Eine Vergünstigung haben die Beiratsmitglieder allerdings, eine Kundenkarte, mit der sie beim Einkauf zehn Prozent sparen. „Aber das ist ja auch wichtig, weil sie ja für uns auch regelmäßig unsere Produkte verkosten“, stellt der Beirats-Chef klar. Und packt übrigens nach jeder Runde in Radeberg rote Korch-Kühltaschen. Gefüllt mit neuen Produkten – oder auch mit Mustern von Erzeugnissen, an denen noch gearbeitet wird. „Heimarbeit“ für den Kundenbeirat sozusagen. Und Bernd Wendler freut sich schon auf die Impulse, die dann von den Mitgliedern kommen.