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Klingenbergs Bürgermeister: "Windräder sind Fluch und Segen"

Die Gemeinde hat viel vor in diesem Jahr. Im Interview erklärt Bürgermeister Torsten Schreckenbach, was wichtig wird.

Von Siiri Klose
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Bürgermeister Torsten Schreckenbach will dieses Jahr das Feuerwehr-Gerätehaus Colmnitz übergeben.
Bürgermeister Torsten Schreckenbach will dieses Jahr das Feuerwehr-Gerätehaus Colmnitz übergeben. © Egbert Kamprath

Der herabgefallene Windradflügel in Colmnitz hat in der Gemeinde Klingenberg in den letzten Wochen wahrscheinlich das größte Aufsehen erregt. Geplant ist, dort noch höhere Windräder zu bauen. Wie steht die Gemeinde Klingenberg dazu?

Der Regionale Planungsverband hat vom Freistaat das Flächenziel vorgegeben bekommen, bis 2025 mindestens zwei Prozent der Regionsfläche als Vorranggebiete für die Nutzung von Windenergie auszuweisen. Das wird uns keinen Spielraum für weniger Windräder lassen.

In der Gemeinde Klingenberg gibt es bisher zwei Eignungs- und Vorranggebiete: Beerwalde und Colmnitz. Als kommunale Vertreter müssen wir also schauen, wie wir uns in die Planungsprozesse einbringen können. Das ist unser Anliegen bei den jetzigen Planungen in Colmnitz. Die Gemeinde hat deswegen mit den Betreibern einen städtebaulichen Vertrag geschlossen, durch den wir die Planung mitgestalten können

Welche Chancen bieten Windräder konkret einer Gemeinde?

Windräder sind Fluch und Segen. Landschaftlich gesehen möchte sie niemand auf seiner Flur haben. Doch bis 2045 sollen die bisherigen Energieträger von erneuerbarer Energie ersetzt werden. Ein wesentlicher Teil davon ist die Windkraft.

Vor einiger Zeit hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die Unternehmen, die Anlagen mit erneuerbaren Energien neu bauen und betreiben, 0,2 Cent pro Kilowattstunde geernteter Energie an die Gemeinde abgeben können. Das ist bei der heutigen Leistung der Anlagen und den schwierigen finanziellen Verhältnissen der Kommunen nicht unerheblich. Dieses Geld können wir beispielsweise für freiwillige Leistungen einsetzen, für die immer zu wenig bleibt: Spielplätze, Sportanlagen, den Tiergarten, das Freibad, das Kulturhaus und die Vereine.

Und welchen Ärger haben Sie als Bürgermeister mit den Windrädern?

Das Hauptproblem sehe ich in der Höhe der Anlagen, die sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Das wirkt sich vor allem auf die umgebende Bebauung aus und verändert das Aussehen unserer Landschaft, von unserem Erzgebirge. Daran stören sich die Menschen am meisten, das wird diskutiert. Ich kann das nachvollziehen.

Welche Vorhaben konnten Sie im vergangenen Jahr abschließen?

Mich freut, dass wir nach vielen Jahren der Diskussion das Feuerwehrgeräte- und Vereinshaus im Ortsteil Obercunnersdorf übergeben konnten. Über zehn Jahre sind seit den ersten Gesprächen vergangen und im letzten Jahr haben wir es geschafft und das Haus in Betrieb genommen. Außerdem haben wir uns über die Fördermittel für den Spielplatz in Klingenberg gefreut. Auch ihn konnten wir übergeben.

Und was kam endlich ins Rollen?

Unser größtes Projekt ist der geplante Neubau der Grundschule in Pretzschendorf. Dafür haben wir den Antrag auf Fördermittel abgegeben. Nun heißt es Daumen drücken, dass sie bewilligt werden. Aufgrund der begrenzten finanziellen Mittel im Haushalt des Freistaates wird die Zusage sicher noch eine Weile dauern. Ich bleibe aber zuversichtlich, dass wir 2024 die Baugenehmigung erhalten. Dann schauen wir, wie es weitergeht.

Voran geht auch die Breitbanderschließung, die Kabelverlegung dauert noch an. Außerdem konnte die Wasserversorgung Weißeritzgruppe GmbH die Trinkwassererschließung für Röthenbach, Friedersdorf und Pretzschendorf abschließen. Im Wohnungsbau wollen wir gern den wachsenden Sanierungsstau beseitigen und beispielsweise im Ortsteil Klingenberg am Sachsenhof weiter sanieren. Auch darüber gibt es Gespräche. Insgesamt besitzt die Gemeinde circa 230 Wohnungen, die wir in einem guten Zustand halten wollen.

Welche Entwicklungen in der Gemeinde machen Sie ratlos?

Die Kriege in der Ukraine und Israel, der Klimawandel und Transformationsprozesse: Die Welt ist sehr dynamisch geworden und wir sind mittendrin und können uns diesem Wandel nicht entziehen. Wir werden uns dem anpassen müssen. Das fällt vielen Menschen sehr schwer, hier gilt es gemeinsam gute Lösungen zu finden.

Wie gehen Sie damit um?

Ziele wie Frieden schaffen oder einen nachhaltigen Klimaschutz zu erreichen, sind nicht einfach. Auf dem Weg dahin muss es gute Ideen und wirkungsvolles Handeln geben. Doch das sollte in einem respektvollen Diskurs und Miteinander vorgebracht werden. Ich bin deshalb sehr froh, dass wir im Gemeinderat bei strittigen Themen immer wieder zueinander finden und hoffe, dass das auch so bleibt.

Eins dieser strittigen Themen ist die Finanzierung des Tierparks in Höckendorf.

Der Verein macht eine sehr gute Arbeit. Bisher wurden die Tiere von drei Mitarbeitern auf Minijob-Basis und im Ehrenamt versorgt. Der Verein braucht an der Stelle jedoch eine bessere Finanzausstattung. Deshalb hat der Gemeinderat eben eine Sonderförderung von 60.000 Euro jährlich für einen festen Tierpfleger und für Instandhaltungsmaßnahmen beschlossen. Die Stellen-Ausschreibung läuft noch bis Ende Februar. Das ist allerdings nur ein Teil der Mittel, die notwendig sind. Genauso wichtig ist die Unterstützung von Freiwilligen, Förderern und Spendern.

Wo sehen Sie die größten Chancen für Klingenberg?

Wir können uns am besten entwickeln, wenn wir auf Anfragen zur Gewerbe- oder Wohnbauansiedlung gut vorbereitet sind und gute touristische Angebote haben. Deshalb arbeiten wir an einem Flächennutzungsplan, der uns für die kommenden zehn, fünfzehn Jahre Planungssicherheit bietet.

Worauf freuen Sie sich in diesem Jahr am meisten?

Der Bau des Feuerwehr-Gerätehauses in Colmnitz geht gut voran. Wir sind guten Mutes, dieses noch in der ersten Jahreshälfte an die Ortsfeuerwehr zu übergeben. Es ist der dritte Gerätehaus-Neubau in zehn Jahren, was unsere Wertschätzung für die Kameradinnen und Kameraden zeigt, die ehrenamtlich für uns den Brand- und Katastrophenschutz sicherstellen.

Letztes Jahr waren die Veranstaltungen rund um das zehnte Vereinigungsjahr zur Gemeinde Klingenberg gut besucht, was zeigt, dass wir als Gemeinde gut zusammengewachsen sind. Deshalb freue ich mich auf die Jubiläumsfeste in Ruppendorf und auch Colmnitz in diesem Jahr. Schon in der Vorbereitung ist es schön, das Miteinander zu beobachten.