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Das ist ein kleiner Weihnachtsmarkt-Ersatz

Normalerweise gäbe es jetzt Schafwolle und -Käse auf Weihnachtsmärkten. Stattdessen hat die Schäferei Drutschmann den Hofverkauf in Reichstädt vergrößert.

Von Siiri Klose
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Karin Drutschmann mit handgewebten Sitzkissen und Wollfilzweste im neuen Verkaufsraum der Reichstädter Schäferei.
Karin Drutschmann mit handgewebten Sitzkissen und Wollfilzweste im neuen Verkaufsraum der Reichstädter Schäferei. © Egbert Kamprath

Eigentlich würde jetzt die Zeit der Märkte beginnen - auf den Weihnachtsmärkten in Dippoldiswalde, beim Kleinbahnfest oder auf Schloss Nöthnitz ist die Schäferei Drutschmann aus Reichstädt eine feste Institution. "Und in unserer Wollwerkstatt würden wir jetzt jede Menge Weihnachtsfeste ausrichten", sagt Karin Drutschmann: "Belegschaften von Arztpraxen oder Friseurstudios buchen bei uns dann einen Kurs im Filzen oder Weben, und verbringen einen gemütlichen Nachmittag zusammen."

Als sich abzeichnete, dass eine Vorweihnachtszeit dieser Art in diesem Jahr ausfallen würde, räumte das Mutter-Tochter-Team Karin und Manja Drutschmann den heimischen Hof am Reichstädter Dorfbach um: "Unser Hofladen ist winzig, da dürfte mit der Corona-Verordnung höchstens eine Person rein." Normalerweise verkaufen sie dort eingelegten Schafskäse, Schafsalami und Lammfleischsülze, dazu Säfte und Marmeladen von Anbietern aus der Nachbarschaft.

Die Wolle, die auf den Rücken der 175-köpfigen Schafherde wächst und von den Drutschmanns von frisch geschoren bis zum Wollknäul versponnen angeboten wird, hat in dem Lädchen kaum Platz. "Deshalb haben wir jetzt den Laden in unserer Werkstatt eingerichtet", sagt Karin Drutschmann.

Projekttage zum Thema Schaf

Dort, wo normalerweise ganze Schulklassen einen Projekttag zum Thema Schaf erleben und die Rohwolle waschen, zupfen, kämmen und verspinnen können, stapelt sich Wolle in allen Farbtönen und Verarbeitungszuständen in den Regalen - von der cremeweißen Naturwolle bis zu den Wolldecken in leuchtenden Farben.

Das Strickgarn für die Häkelmützen, die als Bündel von der Decke hängen, hat Karin Drutschmann selbst mit Rhabarberwurzeln gelb und mit Indigo blau gefärbt. "Den größten Teil unserer Wolle geben wir zu Rieger Betten nach Görlitz. Die Firma organisiert, dass sie versponnen wird", sagt sie.

Im Gegenzug verkaufen die Drutschmanns zwei-, drei- und vierfädig versponnene Wolle oder auch sogenannten Kammzug - dicke, unversponnene Wollsträhnen. Aus ihnen lassen sich dicke Sitzkissen weben, die jetzt normalerweise bei "Mädelsabend"-Kursen entstehen würden. Im neu geschaffenen Ladenraum stapeln sie sich nun fertig verkaufsbereit auf einem Stuhl.

Schäferin in zweiter Generation

Alles zusammen, die Schafe, die Wolle, die Kurse und nicht zuletzt das Schaffleisch, verschafft den Drutschmanns ein Einkommen, von dem sie leben können. Einige Jahrzehnte Erfahrungen stecken dahinter - erst mit ein paar Schafen, die Karins Mann Bernhard Drutschmann im Nebenerwerb hielt, später im Haupterwerb.

"Mein Mann war Schäfer aus Beruf und Berufung", sagt Karin Drutschmann, selbst Agraringenieurin. Als das Volkeigene Gut Dippoldiswalde, in dem er arbeitete, 1991 aufgelöst und auf dem Gelände der Lidl gebaut wurde, beschloss die Familie, den Lebensunterhalt mit den eigenen Schafen zu bestreiten.

Schafe werden zu Hause geschlachtet

"Mit 175 Schafen haben wir keine große Herde, aber den Vorteil, dass wir auch kleine Flächen beweiden können - beispielsweise an der Talaue", sagt Manja Drutschmann, die als Schäferin in die Fußstapfen ihres Vaters trat. Als er vor zwei Jahren starb, konnte sie die Herde bruchlos weiterführen.

Die Lämmchen vom Frühling sind jetzt sechs Monate alt - und haben deutlich an Fleisch zugelegt. Jetzt ist es Zeit für die Lammfleisch-Bestellungen. Geschlachtet werden sie im hauseigenen Schlachthaus, das Fleisch ist biozertifiziert, und wer kurz in der Wärme neben dem Bullerjahn verweilt, kann sich erzählen lassen, wo die Schafe den Sommer über beim Grasrupfen für Landschaftspflege gesorgt haben.

Mini-Weihnachtsmarktersatz in Reichstädt

Karin Drutschmann hat die Ladenöffnungszeiten von Dienstag bis Sonnabend ausgedehnt und an die von Grit Bormann angepasst, die kaum 600 Meter entfernt auf der Hauptstraße 3 ihre Keramikwerkstatt für Verkäufe öffnet. Beide haben neben den eigenen Produkten auch weihnachts- oder geschenktaugliches anderer Hersteller in ihre Angebote aufgenommen - bei Bormann sind es beispielsweise Räuchermänner von befreundeten Männlmachern, bei Drutschmanns Schafsmilchseifen. Und so taugt der kleine Weg immer am Dorfbach entlang durchaus als Miniersatz für den Weihnachtsmarktbummel.

Hofladen der Schäferei Drutschmann: Reichstädt, Am Dorfbach 10, Di.-Sa. 10-18 Uhr. Bestellungen und Versand sind per Telefon unter der Nr. 03504 61 39 73 oder über ein Formular auf der Internetseite der Schäferei Drutschmann möglich.

Keramikwerkstatt von Grit Bormann: Reichstädt, Hauptstr. 3, Mo.-Sa. 9-18 Uhr

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