SZ + Döbeln
Merken

Schulneubau vor 50 Jahren: Ein Lehrerehepaar erinnert sich

Zum Jubiläum öffnet die Grundschule Großweitzschen ihre Türen. Der ehemalige Direktor Peter Grau war beim Bau dabei. Warum er heute kein Lehrer mehr sein möchte.

Von Martha Johanna Kaul
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Mit dem Schlüssel klappernd durch den Gang. Sechs Jahre war Peter Grau Schuldirektor an der Oberschule in Großweitzschen. Seine Frau Erika Grau unterrichtete Deutsch und Geografie.
Mit dem Schlüssel klappernd durch den Gang. Sechs Jahre war Peter Grau Schuldirektor an der Oberschule in Großweitzschen. Seine Frau Erika Grau unterrichtete Deutsch und Geografie. © Dietmar Thomas

Großweitzschen. Ein alter Stummfilm zeigt die feierliche Einweihung des neuen Schulgebäudes im Jahr 1972 – Schüler und Lehrer laufen über den Hof, Hände werden geschüttelt und Blumensträuße verteilt.

Der Schülerchor singt ein Lied. Einen Ton gibt es nicht. „Da bin ich“, sagt Peter Grau und zeigt auf einen jungen Mann, der die Sänger mit der Gitarre begleitet.

Anlässlich des 50-jährigen Schuljubiläums und dem Tag der offenen Tür am Freitag schwelgen Peter (82) und Erika Grau (81) in Erinnerungen. Die VHS-Kasette mit der Eröffnung und der Namensgebung 1974 hat das Ehepaar über die Jahre wie einen Schatz aufbewahrt.

Mehr Platz im neuen Schulgebäude

Der Bau der neuen Schule begann Anfang der 1970er-Jahre. „Das war ein großes Glück für uns. Das alte Schulgebäude war inzwischen viel zu klein geworden“, erinnert sich Peter Grau, der damals noch nicht Schulleiter war. Der Unterricht musste oft in andere Gebäude im Dorf verlegt werden. „Das war immer mit Stress verbunden“, so Grau.

„Wir nutzten die Pausen, um einmal quer durchs Dorf zu laufen. Im Gebäude der alten Gemeinde beispielsweise befand sich der Raum für den Werkunterricht. Nach der Stunde mussten wir wieder zurück zur Schule hetzen. Der Neubau brachte genügend Platz und Ruhe in den sonst so aufregenden Schulalltag.“

Klassentreffen der Großweitzschner Schüler des Jahrgangs 1975. Auch Lehrer Peter Grau (links außen) war bei dem Treffen im November 2000 eingeladen.
Klassentreffen der Großweitzschner Schüler des Jahrgangs 1975. Auch Lehrer Peter Grau (links außen) war bei dem Treffen im November 2000 eingeladen. © Repro Martha Johanna Kaul
Das altes Schulgebäude Großweitzschen wurde bis 1972 genutzt.
Das altes Schulgebäude Großweitzschen wurde bis 1972 genutzt. © Repro Martha Johanna Kaul
1. Handballmanschaft der Grundschule Großweitzschen 1961 (von links Arndt Ludwig, Werner Gillner, Wolfram Werner, Rolf Haferkorn, Herbert Lehmann, Roland Gründel, Frank Haubold mit Übungsleiter Karl-Heinz Gillner)
1. Handballmanschaft der Grundschule Großweitzschen 1961 (von links Arndt Ludwig, Werner Gillner, Wolfram Werner, Rolf Haferkorn, Herbert Lehmann, Roland Gründel, Frank Haubold mit Übungsleiter Karl-Heinz Gillner) © Repro Martha Johanna Kaul
Stolz mit der Zuckertüte. Schulanfang an der Grundschule in Großweitzschen.
Stolz mit der Zuckertüte. Schulanfang an der Grundschule in Großweitzschen. © Repro Martha Johanna Kaul
Klassenfoto der "Dr-Salvador-Allende-Oberschule".
Klassenfoto der "Dr-Salvador-Allende-Oberschule". © Repro Martha Johanna Kaul

1985 wurde Peter Grau Direktor der Schule. „Ich hatte gar keine Wahl. Der Stellvertreter wollte den Job nicht und dann rutschte ich da so rein“, sagte Grau. Die Zeit hat er nicht nur in guter Erinnerung. Mit der Wende 1989 kamen viele neue Herausforderungen auf den damals 50-Jährigen zu.

„Wir verloren viele gute Lehrer. Die meisten erhielten den blauen Brief oder wurden im Schuldienst nur noch geduldet“, berichtet Grau. Er selbst wollte in dieser Zeit seine Stelle als Schulleiter aufgeben. Ein Brief des Kreisschulrates, den er noch heute in seinen Unterlagen hat, wies ihn an: „die Stelle des Schulleiters beizubehalten“. „Damit gab es keine weiteren Diskussionen mehr“, so Grau.

Bereut habe er sein Amt jedoch nie. Der gebürtige Leipziger wusste bereits seit seiner Schulzeit, dass er Lehrer werden wollte. Damals habe er Mitschülern Nachhilfe gegeben. Es hatte ihm so Spaß gemacht, dass er sich für das Studium der Kunstgeschichte und Deutsch an der Universität Leipzig entschied. 1962 kam er nach Großweitzschen. „Ich wollte im Gegensatz zu meinen Mitstudenten gerne aufs Land. Dann kam ich hierher und blieb hängen“, erzählt Grau.

Aufgrund des Lehrermangels unterrichtete er dann an der Schule unter anderem Russisch, Englisch, Chemie und Sport. Der Kunstunterricht kam dabei nicht selten viel zu kurz. Auch seine Frau, die mit dem Neubau der Schule in Großweitzschen begann und Deutsch und Geografie lehrte, musste sich mit Fremdfächern vertraut machen. „Zeitweise unterrichtete ich Englisch. Dabei konnte ich kaum ein Wort, aber das war dann eben so“, erzählt die pensionierte Lehrerin.

Viele schöne Erinnerungen

Damals wurde an der Dr.-Salvador-Allende-Oberschule von der ersten bis zur zehnten Klasse unterrichtet. Jeder Jahrgang lief zweigliedrig mit einer Klassenstärke von etwa 30 Kindern. „Aber da war der Respekt noch da“, erzählt Erika Grau. Weder sie noch ihr Mann möchten heute Lehrer sein.

„Der Beruf hat uns immer viel Freude gemacht, aber die Zeiten haben sich geändert“, so Erika Grau. Ihr Mann pflichtet ihr bei. „In den Lehrerberuf wird viel zu viel reingeredet. Jeder weiß es inzwischen besser. Lehrer erhalten nicht mehr den nötigen Respekt und die Achtung, wie es eigentlich sein sollte“, so der ehemalige Direktor.

Das Ehepaar Grau blickt trotz allem auch auf viele schöne Zeiten zurück. „Die Reisen, die wir gemeinsam mit unseren Schülern gemacht haben, gehören für mich zu den schönsten Erinnerungen“, so Erika Grau. Egal ob bei Metrofahrten durch Moskau, baden in der Ostsee und Skifahren in Holzhausen, auf ihre Schüler konnten sie sich immer verlassen.

Auch die Erinnerung, als vom neuen Schulgebäude das Dach abhob, sorgt noch heute bei den Eheleuten für ein Schmunzeln. „Das war schon sehr aufregend. Es war ein starker Wind an dem Tag und mit einem Mal segelte das komplette Dach an meinem Klassenfenster vorbei“, erzählt Erika Grau. Aufgrund des Unwetters hatte sich die Dachhaut gelöst und flog vom Gebäude auf den Schulhof. 2004 schloss man die Mittelschule aufgrund weniger Schülerzahlen und eröffnete zum neuen Schuljahr 2004/2005 eine neue Grundschule.

  • Sie haben Hinweise, Kritik oder Lob? Dann schreiben Sie uns per E-Mail an [email protected]

Schule früher und heute

Zum 50-jährigen Jubiläum am Freitag, den 7. Oktober, lädt die Grundschule ab 16 Uhr zum Tag der offenen Tür ein. Die Besucher erwartet ein buntes Programm aus sportlichen und kreativen Angeboten. „In zwei Zimmern wollen wir den Vergleich zwischen der Schule früher und der Schule heute darstellen“, berichtet Schulleiterin Diana Hörnig.