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Appell von mittelsächsischem RHG-Chef an die Politik: Setzt realistische Ziele

Der Jahresempfang der Döbelner Genossenschaften nutzte RHG-Chef Torsten Hamann für ein politisches Statement. Die Baubranche braucht politische Unterstützung.

Von Jens Hoyer
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Die Vorstände von WG Fortschritt. RHG und VR-Bank hatten eingeladen. Auf dem Bild Thomas Schröder (von links), Tino Hütter, Torsten Hamann, Ilona Mende, Torsten Bruß und Angelika Belletti.
Die Vorstände von WG Fortschritt. RHG und VR-Bank hatten eingeladen. Auf dem Bild Thomas Schröder (von links), Tino Hütter, Torsten Hamann, Ilona Mende, Torsten Bruß und Angelika Belletti. © Dietmar Thomas

Döbeln. Der Jahresempfang der Döbelner Genossenschaften – sprich der WG Fortschritt Döbeln als Wohnungsvermieter, RHG Mittelsachsen als Handelsgenossenschaft und die VR-Bank Mittelsachsen – war in der Regel ein immer ein optimistischer Jahresrückblick und eine Jahresvorausschau gewesen.

Die Krise, in der sich die Wirtschaft derzeit befindet, hat sich aber auch hier niedergeschlagen. Vor allen Torsten Hamann, Vorstand der RHG, malte ein düsteres Bild und sandte einen Appell an die Politik, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern.

Das Jahr 2023 habe gezeigt, wie schnell sich der Markt drehen kann, sagte Hamann beim Jahresempfang. Schon im vergangenen Jahr hatte er von der sich abkühlenden Baukonjunktur gesprochen.

Dramatisch verschärfte Situation

Diese Situation habe sich im vergangenen Jahr dramatisch verschärft. Die Baufirmen hatten sich im Jahr zuvor wegen der Materialknappheit mit Material eingedeckt und die steigenden Preise hatten zum Wachstum beigetragen.

Der Absturz war im vergangenen Jahr umso tiefer. Eine hohe Inflationsrate, steigende Kreditkosten und eine Flaute beim Wohnungsbau sowie fehlende politische Unterstützung verunsicherte die Bauherren, so Hamann.

Massive Absatzrückgänge hätten sich aufgrund der fehlenden Nachfrage fortgesetzt. Auftragsüberhänge seien von den Firmen weitgehende abgearbeitet, die Firmen befinden sich auf Auftragssuche.

Von einer Warenunterversorgung sei man zu einer Warenüberversorgung gekommen. Der Nachfragerückgang führe bei Händlern und Herstellern zu sinkenden Margen.

Besonders betroffen sei von dieser Entwicklung der Hoch- und Ausbau, weniger der Tiefbau, so Hamann. Der Preisverfall stelle die RHG jeden Tag vor große Schwierigkeiten. „Diese Vollbremsung im Absatz ist ziemlich ohne Beispiel“, sagte Hamann.

Erfolgreicher Jahresabschluss

Trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen und den immer größeren bürokratischen Belastungen habe die RHG das vergangene Jahr erfolgreich abschließen können.

„Dennoch liegen die guten Jahre hinter uns und der Markt droht zu kippen, obwohl es hohen Bedarf beim Wohnungsbau, der Modernisierung und bei der Infrastruktur haben.“

Wie Hamann sagte, habe er sich genau überlegt, ob er ein politisches Statement abgeben soll. Aber in Zeiten, in denen die Leute auf die Straße gehen, könne er nicht zur Tagesordnung übergehen.

Noch nie seien die Verbände so nah am politischen Geschehen gewesen wie derzeit. Fast monatliche gebe es Treffen mit Ministern und Staatssekretären und anderen wichtigen Meinungsbildnern, so Hamann.

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Er kritisierte den vorhandenen Mangel an Expertise bei manchen Regierungsmitgliedern. „Dagegen hilft nur eines. Informationen aus erster Hand.“

Die Vorstellungen der Politik, etwa zur Umstellung der Heizungen auf Wärmepumpen, sollten faktenbasiert sein. Die Anzahl der dafür benötigen Windkraftanlagen weiche extrem von der Zahl der derzeit geplanten Anlagen ab.

„Ich appelliere, endlich mit realistischen Werten zu planen, Ziele zu formulieren, die zu schaffen sind. Das ist wichtig für die Glaubwürdigkeit von Politik.“

Angelika Belletti, Vorstand der VR-Bank, sprach von einem „anspruchsvollen Jahr 2023“. Die Genossenschaftsbank hatte mit Auswirkungen von Krisen wie dem Krieg in der Ukraine, steigenden Zinsen und Inflation, hohen Baukosten und die daraus resultierenden Rückgang der Baufinanzierungsanfragen zu tun.

Firmenkunden zögern bei Investitionen

Der Zinsanstieg habe auch positive Seiten. „So können wir wieder Zinserträge generieren, aber die Baufinanzierungsanfragen sind um 40 Prozent zurückgegangen.“ Die Firmenkunden seien zögerlich bei Investitionsentscheidungen.

Trotzdem habe das Kundenkreditvolumen leicht gesteigert werden können. Auch das Eigenkapital habe erhöht werden können. „Mit dieser Entwicklung sind wir sehr zufrieden.

2023 habe die VR-Bank den 160. Jahrestag ihrer Gründung feiern können. Die Zahl der Mitglieder sei im vergangenen Jahr auf mehr als 20.000 gesteigert worden.

Die Bank unterstützte Vereine, soziale Einrichtungen, Schulen und Kitas mit Spenden von mehr als 80.000 Euro.

Modernisierungsmaßnahmen von fast 4 Millionen Euro

Auch Tino Hütter, Vorstandsvorsitzender der WG Fortschritt, nannte 2023 „anspruchsvoll“. Die Genossenschaft hatte einige große Bauvorhaben abgearbeitet und will ihr Engagement bei der Sanierung von Wohnungen in diesem Jahr noch einmal deutlich steigern.

Modernisierungsmaßnahmen seien im Umfang von fast vier Millionen Euro geplant. Schwerpunkt: Energetische Sanierungen von Häusern, etwa an der Unnaer Straße in Döbeln Ost II. „Wir wollen attraktiven Wohnraum schaffen, der alle Zielgruppen anspricht“, so Hütter.