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Kleine Tore sorgen bei Döbelner Fußballvereinen für große Fragezeichen

Der Deutsche Fußball-Verband will den Fußballnachwuchs anders als bisher fördern. Welche Meinung Vereine der Region Döbeln dazu haben.

Von Dirk Westphal
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Auch Eric (links) und Leon (rechts) spielen beim Fußball lieber auf große Tore statt auf Minitore.
Auch Eric (links) und Leon (rechts) spielen beim Fußball lieber auf große Tore statt auf Minitore. © Andreas Weihs

Region Döbeln. Vier Tore im Spielfeld, Dreierteams und keine echten Ergebnisse. Fußball soll künftig in den jüngeren Jahrgängen mehr Spaß machen und vor allem alle fußballbegeisterten Kinder mitnehmen.

So geht der Deutsche Fußball-Bund (DFB) demnächst neue Wege, die in den Altersklassen U 6 bis U 11 neue Spielformen beinhalten. Während es bis Sommer 2024 eine Übergangszeit gibt, gelten die neuen Regelungen ab der Saison 2024/25 verbindlich für ganz Deutschland und auch die Region Döbeln.

Der Fußball soll in den betreffenden Altersklassen kindgerechter gestaltet werden. Es wird im Zwei-gegen-Zwei oder Drei-gegen-Drei-Modus auf vier Mini-Tore gespielt.

Jedes Team hat maximal zwei Ersatzspieler oder -spielerinnen, nach jedem Tor wird gewechselt. Es werden Turniere mit sieben Durchgängen zu jeweils sieben Minuten empfohlen.

Keine taktischen Zwänge

Die Siegermannschaften rücken nach oben, die Verliererteams nach unten, sodass die Aufeinandertreffen leistungsgerecht ohne extreme Ergebnisse erfolgen und jede Mannschaft den Anreiz hat, wieder „aufsteigen“ zu können. So ein paar der Regeln.

Diese Spielform soll den Kindern bessere Möglichkeiten geben, Fußball mit mehr Ballkontakten zu spielen, wodurch ohne taktische Zwänge die fußballerischen Grundlagen besser ausgebildet werden sollen.

Doch was bedeutet das für die Vereine vor Ort, wo das Projekt jetzt auch beim Fußballverband Muldental/Leipziger Land Einzug hält?

So stehen in Grimma, noch verpackt, insgesamt 24 Mini-Tore – deklariert als zwei komplette Garnituren – die darauf warten, eingeweiht zu werden. Dazu wird es in der kommenden Woche eine Schulung mit allen Vereinen geben.

Allerdings sieht auch Verbandspräsident Harald Sather noch großen Diskussionsbedarf bei der Umsetzung des Projektes und hat dazu eine gespaltene Meinung. Größere Vereine wären sicher in der Lage, dies zu stemmen, bei kleineren dagegen sehe er Probleme.

Bei den Stadtverbänden Leipzig oder Dresden laufe es, aber auf den ländlichen Bereich sieht er Probleme zukommen.

„Es ist zu viel Arbeit“, sagt er skeptisch. „Du brauchst Leute, um die Turnierform umzusetzen, es ist organisatorisch mit viel Aufwand verbunden, wenn die Tore von Ort A nach B geschafft werden müssen. Aber vielleicht sehe ich das auch zu pessimistisch.“

Robin Pausch, Vereinsvorsitzender des SV Aufbau Waldheim und zudem Trainer der Bambinis sieht die Idee vor allem als Trainingsformat super.

„Jeder Spieler bekommt viel Spielzeit, jeder erzielt Tore“, sagt er. Bis zu den F-Junioren würde das sicher funktionieren, doch ab den E-Junioren wäre schon der Ehrgeiz da, „mal 5:0 zu gewinnen“.

Fragezeichen sieht der Nachwuchstrainer vor allem bei der Umsetzung, wo bei acht oder auch zwölf Minifeldern bei den Turnieren reichlich Tore benötigt würden. So schlägt er vor, einen Testtag zu organisieren, um Fragezeichen auszuräumen.

„Denn wie das alles laufen soll, wissen wir noch nicht, auch betreffs der Anschaffung der Tore, ob es da Unterstützung vom Verband gibt“, sagt Robin Pausch.

Tolles Trainingsformat

Daniel Grönitz, Leiter des Döbelner Nachwuchszentrums (DNZ) sieht in der Trainingsmethodik grundsätzlich nichts Neues. Er praktiziert das Spiel auf Minitore als Trainer seit Jahren bis in den Großfeldbereich. Im Wettkampf möchte er es allerdings nicht haben.

„Als Trainingsmethode cool, aber im Punktspiel und Turnierbetrieb auf richtige Tore“, sagt Daniel Grönitz und fügt an: „Sicher kann man das mit kleineren Spielfeldern oder abgehangenen Toren praktizieren.“

Auch wenn die Spielformen im unteren Nachwuchsbereich vom DFB verpflichtend durchgeführt werden müssen, kündigt der Nachwuchsleiter an, dass die Mannschaften des Döbelner SC zusätzliche Testspiele auf normale Tore spielen werden.

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„Die Kinder geben auch immer wieder dieses Feedback, haben einfach den Instinkt, auf echte Tore spielen zu wollen. Wir drücken den Kindern etwas auf, was nicht deren Naturell ist“, sagt Grönitz.

Beim SV Traktor Mochau ist Vereinsvorsitzender und F-Junioren-Trainer Christian Fischer froh, dass es noch normale Spielformen gibt. Er will sich von der Schulung beim Fußballverband überraschen lassen.

„Warum muss man das Rad neu erfinden?“, fragt er und fügt an: „Die Grundprinzipien des Fußballs sind Laufen, Passen und aufs Tor schießen. Die werden ignoriert. Es ist schön, dass alle gewinnen. Aber manchmal lernt man auch durch Verlieren.“

Skeptischer Tenor

Auch beim Roßweiner SV ist der Tenor eher skeptisch. „Das ist eine schwierige Geschichte. Bei uns wollen die Übungsleiter das Bewährte weiterführen. Ich selbst bin auch dafür“, kommentiert der Nachwuchsverantwortliche Hege Möws die Situation, wobei die Muldenstädter bereits vier Tore und die dazugehörigen Netze angeschafft haben.

„Aber wie das laufen soll, weiß noch keiner, wobei es vor allem die kleineren Vereine wahrscheinlich gar nicht stemmen können.“

Beim BC Hartha stehen bereits zwölf Tore zur Verfügung, sodass drei Spielfelder ausgestattet werden können. Nachwuchsleiter Norman Lein sieht vor allem bis zu den F-Junioren Potenzial in dieser Form.

„Alle stehen auf dem Platz, haben mehr Ballkontakte, das Ergebnis steht nicht im Vordergrund – das ist total richtig“, sagt er und begrüßt Variationen bei der Durchführung in den nächsthöheren Altersklassen. Allerdings, das sieht auch Norman Lein so, wird es für die Vereine einen erheblichen Mehraufwand geben.