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Gelebte Geschichte und Völkerverständigung

Der Verein Fürstenstraße der Wettiner lädt auf Burg Mildenstein ein. Hinter den Kostümen steckt mehr als Geschichtsliebe.

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Auf der Burg Mildenstein marschierten am Sonnabend historische Uniformträger auf. Dabei traf der Lebendige Fürstenzug auf Vertreter des Vereins „ Fürstenstraße der Wettiner“. Unter den Gästen des Neujahrsempfangs waren Markgrafen, Herzögen, Kurfürsten aus
Auf der Burg Mildenstein marschierten am Sonnabend historische Uniformträger auf. Dabei traf der Lebendige Fürstenzug auf Vertreter des Vereins „ Fürstenstraße der Wettiner“. Unter den Gästen des Neujahrsempfangs waren Markgrafen, Herzögen, Kurfürsten aus © Thomas Kube

Von Rasmus Tag

Leisnig. Der Ex-Soldat Richard Roberts aus Großbritannien ist 1.400 Kilometer zur Burg Mildenstein gefahren, um an einem für Außenstehende außergewöhnlichen Event teilzunehmen: dem Neujahrsempfang des Vereins Fürstenstraße der Wettiner aus dem thüringischen Bad Sulza.

Die Männer tragen dort antike Uniformen, teilweise echte Musketen und Degen, die Frauen aufwendig gestaltete Kleider. Am Sonnabend scheint die Zeit auf Burg Mildenstein um einige Jahrhunderte zurückgedreht worden zu sein.

Feierliches Zeremoniell: Frank Zetzsche erhielt als Generaloberst den Ritterschlag des Ritterorden Heinrich III. des Erlauchten vom Hochmeister des Ritterordens, General Olaf Graf von Neuendorf (re.).
Feierliches Zeremoniell: Frank Zetzsche erhielt als Generaloberst den Ritterschlag des Ritterorden Heinrich III. des Erlauchten vom Hochmeister des Ritterordens, General Olaf Graf von Neuendorf (re.). © Thomas Kube

Richard Roberts trägt an seiner dunkelblauen Uniformjacke neben mehreren Orden auch einen Ansteck-Pin mit den Flaggen des Vereinigten Königreichs und der Ukraine. Der Krieg beschäftigt die historisch gekleideten Burgbesucher.

„Das Wichtigste für uns ist die Völkerverbindung. Miteinander sprechen, miteinander den Frieden genießen, in Erinnerung an andere Zeiten“, sagt der aus Österreich angereiste Robert Jordan, „Österreich war mit Italien im Krieg, heute sitzen wir lieber zusammen und essen was Feines.“

Verein gibt es seit 30 Jahren

Die Geschichte des Vereins Fürstenstraße der Wettiner begann 1994. Vor der Wiedervereinigung war ein Engagement wie dieses undenkbar. Cathrin von Neuendorf zu Nauendorf, Frau des Vereinsvorsitzenden Olaf, erzählt, dass sie nicht nur enteignet worden seien, sondern ihnen auch das Tragen ihrer Namen verboten wurde.

Die neuen Möglichkeiten wollten die von Neuendorfs nutzen, insbesondere die Regionalgeschichte lebendig zu erhalten. Über die Geschichte von Burgen vor der eigenen Haustür wüssten viele heute nicht mehr Bescheid, so Cathrin von Neuendorf. Olaf von Neuendorf treibt dabei auch an, seine eigene Familiengeschichte zu erforschen. Er stamme mütterlicherseits von einem Wettiner Geschlecht ab.

Anders als andere Vereine wollten sie aber nicht nur mit Texten und Chroniken arbeiten, sondern Geschichte erlebbar machen. Also werfen sie und ihre 46 aktiven Vereinsmitglieder sich heute in allerhand Kostüme aus früheren Jahrhunderten.

Markgraf Wilhelm I. , auch der Einäugige genannt, mit Gemahlin Elisabeth von Mähren.
Markgraf Wilhelm I. , auch der Einäugige genannt, mit Gemahlin Elisabeth von Mähren. © Thomas Kube

Zusätzlich setzen sie sich für den Ausbau der Ferienstraße „Fürstenstraße der Wettiner“ ein, die ähnlich wie die Straße der Romanik zu wichtigen Wirkstätten der Wettiner, mit über 1.000 Jahren eines der ältesten deutschen Adelsgeschlechter, führt. Der Verein habe mittlerweile über 50 Partnerschaftsverträge mit Vereinen und Kommunen bis nach Ungarn geschlossen.

Zusammenarbeit über Grenzen hinweg

Auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit legen die Vereinsmitglieder und auch die befreundeten Vereine aus anderen Teilen Deutschlands, Österreichs und Großbritanniens viel Wert. „Das Schönste an unserem Verein ist: Ob Sie die Sprache sprechen und verstehen, spielt keine Rolle. Wir kommen zusammen, und dann sind wir gleich befreundet“ sagt von Neuendorf.

Auch Ludwig von Meißen der Erzbischof und Kurfürst von Mainz, später Magdeburg, weilte unter den Gästen.
Auch Ludwig von Meißen der Erzbischof und Kurfürst von Mainz, später Magdeburg, weilte unter den Gästen. © Thomas Kube

Völkerverständigung und Friedensförderung seien wichtige Ziele. Auch deshalb hätten sie etwa nach Mazedonien und in die Ukraine Hilfslieferungen geschickt.

Der Verein hat Burg Mildenstein als Ort für seinen Neujahrsempfang gewählt, weil es ein wichtiger Wirkungsort der Wettiner gewesen sei. In Mittelsachen wimmle es von Burgen, die noch für die Straße der Wettiner bekannt gemacht werden müssten, sagt Olaf von Neuendorf.

Theaterstück von Regina Herberger

Neben Jagdhorn-Blasen steht auch ein von der ehemaligen Miskus-Geschäftsführerin Regina Herberger geschriebenes Theaterstück auf dem Programm. Herberger ist Ehrenvorsitzende des Vereins „Der Fürstenzug zu Dresden“, der mit dem Wettiner-Verein befreundetet ist.

Auch diese Herrschaften aus Österreich waren zum Neujahrsempfang nach Sachsen gekommen.
Auch diese Herrschaften aus Österreich waren zum Neujahrsempfang nach Sachsen gekommen. © Thomas Kube

Auch sie will die Geschichte lebendig halten, weil aus ihr viel gelernt werden könne: „Die Geschichte ist auch eine Geschichte von Kriegen. Aber im Endeffekt gab es immer Tote, Verlierer, Elend“, sagt sie. „Ein Krieg schafft nur Verlierer.“ Solange sie gesund sei, wolle sie sich dafür einsetzen, die Geschichte Sachsens am Leben zu erhalten.

Remo Stäglich, Veranstaltungsmanager für Burg Kriebstein und Burg Mildenstein, freut sich über den Besuch des Vereins. Es sei schön, dass eine wichtige Epoche der Burg so wiederbelebt werde. Die Wettiner hätten Burg Mildenstein maßgeblich ausgebaut und im 15. und 16. Jahrhundert ihre Kinder dort aufgezogen, sagt Stäglich.