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Döbeln: Rasoma und die Mühen mit der Pandemie

Nach langer Kurzarbeit gibt es wieder jede Menge zu tun. Personal ist knapp, Material auch. Andere Probleme lassen sich technisch lösen.

Von Jens Hoyer
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Programmierer Matthias Schulze lässt eine Eisenbahnachse schweben. Der Greifer des sogenannten Portals wird das Werkstück von Maschine zu Maschine befördern. Die automatische Fertigungslinie wird in einem Werk in Polen im kommenden Monat aufgebaut.
Programmierer Matthias Schulze lässt eine Eisenbahnachse schweben. Der Greifer des sogenannten Portals wird das Werkstück von Maschine zu Maschine befördern. Die automatische Fertigungslinie wird in einem Werk in Polen im kommenden Monat aufgebaut. © LKW

Döbeln. In der Pandemie muss man beim Döbelner Werkzeugmaschinenhersteller Rasoma ungewohnte Wege gehen. In der großen Halle der Firma ist gerade ein finales Produkt aufgebaut. Mit dem sogenannten Portal sollen 600 Kilo schwere Eisenbahnachsen zum Bearbeiten zu Werkzeugmaschinen transportiert werden.

Silvio Müller hat ein Bild der Anlage auf seinem Monitor. Eine Kamera ist daneben aufgestellt. Das gleiche Bild werden die Kunden, die in Italien und Polen sitzen, auch auf ihren Bildschirmen sehen. In Zeiten von Corona sind nicht nur Besprechungen per Computer Standard, selbst die Endabnahmen solcher teuren Maschinenanlagen erfolgt mittlerweile per Fernübertragung. „Das braucht ein bisschen Vorbereitungszeit. Man muss sich hineinversetzen, was der Kunde sehen will“, sagte Müller.

Auch die Abnahme einer Anlage für einen russischen Kunden zur Bearbeitung von Eisenbahnrädern war schon per Kamera erfolgt. „Die waren begeistert“, sagte Müller.

Portalanlage hat 40 Meter Länge

Vor Corona kamen die Kunden noch in den Betrieb, um die Endabnahme vorzunehmen. „Die sind dann auch mal ein paar Tage geblieben und haben sich in einem Hotel einquartiert“, sagte Markus Kamm, Geschäftsführer von Rasoma.

Die Anlage, die im Januar ausgeliefert werden soll, hat Rasoma für einen Kunden in Italien gefertigt, der wiederum eine Fabrik in Polen damit ausrüsten will.

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Rasoma liefert nicht nur das Portal zum Transport der Eisenbahnachsen, sondern auch ein automatisches Endenbearbeitungszentrum, in dem die Stirnseiten der Achsen plangefräst und gebohrt werden. Zur Gesamtanlage, die einmal die Länge von 40 Metern haben wird, gehören auch zwei Drehmaschinen und eine Rundschleifmaschine, die andere Firmen der Niles-Simmons-Hegenscheidt-Gruppe (NHS-Gruppe) in Chemnitz und Glauchau liefern.

In der Firmengruppe gut durch die Pandemie

Rasoma war vor fünf Jahren zur Firmengruppe gekommen – und Markus Kamm ist froh, dazuzugehören. Die Pandemie macht sich unangenehm bemerkbar. Nachdem die Autoindustrie als wichtiger Kunde nach der Diesel-Krise schwächelte, hätten andere Kunden ihre Aufträge in der Pandemie zurückgestellt, sagte Kamm. Die Folge: fast eineinhalb Jahre Kurzarbeit bei Rasoma. „Dank der Gruppenzugehörigkeit haben wir das ohne Entlassungen überstanden. Wir haben auch alle Azubis übernommen“, sagte Kamm.

Die Leute werden jetzt wieder gebraucht. Seit dem Sommer brummt es bei Rasoma. „Wir sind von einem Extrem ins andere gefallen. Plötzlich mussten die Mitarbeiter Überstunden machen“, sagte Kamm. „Die Bücher sind richtig voll.“

Viele Aufträge abzuarbeiten

In den nächsten Monaten wird Rasoma Werkzeugmaschinen für Firmen in Argentinien, Schweden, Polen, Russland und natürlich Deutschland fertigen. Die Sorge, wo die Aufträge herkommen, ist einer anderen gewichen. „Jetzt haben wir das Problem, Material und Teile heranzubekommen. Das ist wie zu DDR-Zeiten. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das noch einmal erleben muss“, sagte Kamm. Die Lieferzeiten seien lang, die Preise gestiegen. „Für unseren Einkauf ist es im Moment nicht so einfach.“ Weil Rasoma Sondermaschinen fertigt, sei eine Vorratshaltung nicht möglich.

Außer für die Eisenbahnbranche fertigt Rasoma Maschinen vor allem für die Hersteller von Nutzfahrzeugen, Lastern, Landwirtschaftsmaschinen. Eisenbahn funktioniert auch in Russland, das unter einem Embargo steht. Firmen, die auch militärische Güter herstellen, stehen dagegen auf der Liste, erzählte Kamm.

Personal ist knapp

Weniger geworden sind die Aufträge für die deutsche Autoindustrie. Wobei kaum ein Hersteller in einem winzigen Teilbereich an Rasoma vorbeikommt. „Vor 15 Jahren haben wir eine Maschine entwickelt, die frei programmierbar Löcher in Bremsscheiben bohrt“, sagte Kamm. Diese sei weiterentwickelt worden und werde von den Kunden nachgefragt.

Personal sei eigentlich immer knapp. „Wir haben 95 oder 96 Mitarbeiter, das ist zu wenig“, sagte Kamm. Vom Mitbewerber Emag, der sein Werk in Leipzig geschlossen hat, konnte Rasoma Mitarbeiter übernehmen. „Das hat uns personell gutgetan. Den Leuten muss man nichts erklären“, sagte Kamm.

Derzeit lernen elf Azubis bei Rasoma. „Im Frühjahr werden drei fertig. Die wollen wir übernehmen“, so Kamm. Für kommendes Jahr gebe es aber noch keine Bewerber. Der Betrieb bildet Zerspanungsmechaniker, Mechatroniker, Industriemechaniker und Industrieelektriker aus.