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Die Rassers aus Leisnig sind dem Ruf des Berges gefolgt

Jeannine und Roberto Rasser haben einen Urlaub gemacht, wie ihn nicht jeder freiwillig wählen würde. Die beiden haben ihre Komfortzone verlassen, Ängste ausgestanden und Strapazen auf sich genommen.

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Nie hätte Roberto Rasser gedacht, auf diesem Punkt auf dem höchsten Berg der Welt zu stehen.
Nie hätte Roberto Rasser gedacht, auf diesem Punkt auf dem höchsten Berg der Welt zu stehen. © privat

Leisnig. Sie waren ihm ganz nahe und haben ihn zumindest auf einem Teilstück bezwungen: Jeannine und Roberto Rasser aus Leisnig haben ihren Jahresurlaub vor genau einem Jahr darauf verwendet, vom 2.846 Meter hoch gelegenen Lukla zum Mount Everest Base Camp in 5.364 Metern Höhe aufzusteigen. Dass das kein Kinderspiel und kein reiner Erholungsurlaub wird, das war den Eheleuten schon im Vorfeld bewusst.

Abenteuerlustig ist die Familie schon immer. Bereits in Peru oder Ecuador haben die Rassers, teils noch mit ihren Kindern, auf Bergen in 5.000 Metern Höhe gestanden. „Allerdings sind wir dann immer so weit wie möglich nach oben gefahren und haben von dort aus Tagestouren gemacht“, erzählt der 50 Jahre alte Schichtleiter bei einem Glashersteller in Wermsdorf.

Intensive Vorbereitung auf den Tripp

Schon diese Begegnungen mit der Bergwelt seien beeindruckend gewesen. Doch als Roberto Rasser davon erfuhr, dass auch ein Teil des höchsten Berges der Welt sozusagen von Laien bestiegen werden kann, habe er sich in das Thema vertieft und dann gemeinsam mit seiner Frau beraten, ob diese Expedition für beide machbar ist.

Jeannine Rasser (48) arbeitet als Standesbeamtin in Waldheim und hat in dem gemeinsamen Urlaubsziel schon eine persönliche Herausforderung gesehen. Nachdem die Entscheidung für den höchsten Berg der Welt gefallen war, haben sich die Leisniger damit intensiv befasst, viele Reportagen angeschaut, viel gelesen.

Sie wollten sich keiner Reisegruppe anschließen und kein Rundum-Sorglos-Paket, was unter den örtlichen Bedingungen ohnehin kein Reiseveranstalter gewährleisten kann. Denn die Uhren in Nepal ticken anders und auch für die Rassers war ihr Urlaub zumindest teilweise ein Wettlauf gegen die Zeit.

Schon der Flug zum Start ein Abenteuer

Einer der Unsicherheitsfaktoren ist, wann Touristen aus dem quirligen, bunten Kathmandu, der Hauptstadt Nepals, nach Lukla geflogen werden können. Das Wetter ist unbeständig, und schon so ist es ein Abenteuer, in die kleinen Maschinen, die nicht einmal Platz für 20 Passagiere bieten, zu steigen.

Lukla gilt als gefährlichster Flughafen der Welt. Und so sei er erleichtert gewesen, dort heil gelandet zu sein, gibt Roberto Rasser zu. Dabei erzählen er und seine Frau von verspäteten Starts. Mit jeder Stunde sei die Zahl der wartenden Touristen gestiegen und mit jedem Tag des Wartens die Aussicht darauf, das Base Camp noch zu erreichen.

Jeannine und Roberto Rasser berichten am 3. November in Leisnig von ihrer unheimlich anstrengenden, aber erlebnisreichen Tour zum Mount Everest Base Camp.
Jeannine und Roberto Rasser berichten am 3. November in Leisnig von ihrer unheimlich anstrengenden, aber erlebnisreichen Tour zum Mount Everest Base Camp. © privat

In gewisser Weise war der Zeitplan straff: Drei Wochen Urlaub hatten die Rassers, einen Tag hätten sie bei Problemen notfalls noch verlängern können. Doch dann war für Jeannine Rasser eine Weiterbildung gebucht. Da musste sie wieder zurück sein. Zwischen zwölf und 14 Tagen wollen sich die Leisniger Zeit für Auf- und Abstieg stieg nehmen.

Schon das ist ein ordentliches Pensum: Der Körper braucht Zeit, um sich an die Höhe und die „dünne Luft“ zu gewöhnen. Das hat auch Jeannine Rasser zu spüren bekommen. Nachdem sie eine Nacht wegen eines Drucks auf der Brust kaum ein Auge zugemacht hatte, entschieden beide, einen Tag auszuruhen.

Aufholen oder schneller laufen, funktioniert nicht

Aufholen ist dann schlecht. Die Einzeltouren sind von einem zum anderen Ort mit einer begrenzten Zahl an Übernachtungsmöglichkeiten ausgelegt. Um auch wirklich jede Nacht ein Bett zu haben, haben die Leisniger ihren Sherpa vorausgeschickt, der sich um das Quartier gekümmert hat.

Eigentlich wollten die Rasser auf solch einen Begleiter verzichten, wollen alles selbst in Rucksäcken mit auf den Berg nehmen. Weil sie aber noch zusätzliche Ausrüstung kaufen mussten, haben sich sie anders und im Nachhinein richtig für einen Unterstützter entschieden.

Das kilometerlange Laufen mit einem 25 bis 30 Kilogramm schweren Rucksack auf dem Rücken hatten die beiden in den Monaten vor ihrer Tour schon rund um Leisnig trainiert. Auch das war gut, meinen die beiden heute. Trotz aller Vorbereitung seien die Etappen mehr als anstrengend gewesen.

„Irgendwann geht es dann nur noch im Kaffeebohnenschritt weiter“, erzählt die 48-Jährige. Dass sie das Ziel erreicht, hätte sie auf den letzten Metern kaum noch für möglich gehalten. Dass sie in diesem Augenblick Beachtliches geleistet hat, das sei ihr erst bewusst geworden, als ihre Freunde und Bekannte zu diesem Erfolg gratuliert haben.

Genzerfahrung und ein persönlicher Erfolg

Obwohl sie bei diesem Urlaub an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gestoßen sind, bereuen die Rasser nichts. Nie wieder, hätten sie gleich nach dem Aufstieg gesagt. Inzwischen, mit ein wenig Abstand, würden sie das nicht mehr ausschließen.

Die faszinierende Bergwelt sei die Strapazen wert gewesen. „Man fühlt sich so klein als Mensch inmitten des grandiosen Felsmassivs“, erzählt Jeannine Rasser noch immer fasziniert.

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Die Erfahrung erde. Sie wisse jetzt vieles mehr zu schätzen als vor diesem Urlaub. Warmes Wasser zum Beispiel. Ab 4.400 Metern Höhe sei das Wasser gefroren. „Zum Zähneputzen hat man da wenig Lust“, sagt sie schmunzelnd.

Große Lust hat sie dagegen, noch einmal Kathmandu anzuschauen. Dafür sei nach dem Abstieg nicht mehr so viel Zeit gewesen wie gewünscht.

Zuhörer bekommen rund 300 Fotos zu sehen

Von ihrer Reise erzählen Jeannine und Roberto Rasser auf Einladung von Bibliothekschefin Kerstin Otto. Sie hat sich einen Bericht im Kreis von Freunden und Sportkollegen der Abenteurer schon einmal anhören dürfen und war begeistert.

Von rund 2.000 Fotos, die in diesem Urlaub entstanden sind, werden die Zuschauer am 3. November ab 19 Uhr in der Stadtbibliothek rund 300 zu sehen bekommen. Deshalb und weil es so viel Spannendes zu berichten gibt, sollten Interessierte etwa zwei Stunden Zeit einplanen.

Hinweis: Der Kartenvorverkauf läuft bereits. Weitere Infos und Reservierungen unter Tel. 034321 637093