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"Bürgergenossenschaft Mittelsachsen" will in Döbeln Parallelstrukturen zum Staat schaffen

Nach NDR-Recherchen will die Gruppe in Döbeln Strukturen als Alternative zu vorhandenen Institutionen schaffen. Unterstützt wird sie von einer rechtslibertären Initiative.

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Die "Bürgergenossenschaft Mittelsachsen" mit Sitz in Döbeln will Parallelstrukturen zum Staat schaffen will.
Die "Bürgergenossenschaft Mittelsachsen" mit Sitz in Döbeln will Parallelstrukturen zum Staat schaffen will. © Dietmar Thomas

Döbeln. In Döbeln will die "Bürgergenossenschaft Mittelsachsen" Parallelstrukturen zum Staat aufbauen. Das ergab eine Recherche des Norddeutschen Rundfunks.

Die Genossenschaft wurde vor etwa einem Jahr ursprünglich als Radebeuler Genossenschaft, mit dortigem Sitz gegründet. Kurze Zeit später wurde der Sitz auf die Adresse der Steuerkanzlei einer der Vorsitzenden in Döbeln geändert.

Die Genossenschaft will laut dem Handelsregister unter anderem Wohnraum und Vermietung an Mitglieder, die Errichtung und den Betrieb einer gemeinsamen Energieversorgung, die Errichtung und Betrieb von Kindergärten, Schulen sowie Schiedsgerichten schaffen.

Dem NDR liegen interne Dokumente vor, die zeigen, dass die Gruppe sich in möglichst vielen Lebensbereichen vom Staat entkoppeln wolle.

Döbeln als deutsches Pilotprojekt

Finanzielle Unterstützung habe die Genossenschaft von der rechtslibertären Atlas-Initiative erhalten. Dies bestätigte die Genossenschaft auch gegenüber dem NDR. Vorstandsvorsitzender der Initiative ist Markus Krall, der laut der "Zeit" der AfD nahe steht und von der Reichsbürgerszene rund um Prinz Reuß als Finanzminister auserwählt werden sollte.

Ein Mitgründer der Genossenschaft sei außerdem seit mehreren Jahren ehrenamtlich als "Botschafter" der "Free Cities Foundation" mit Sitz in Liechtenstein tätig. Präsident der Stiftung ist Titus Gebel, der auch als Vordenker der Privatstadtbewegung gilt.

Wie der NDR schreibt, sei es Gebel gewesen, der "die Idee hatte, über eine Genossenschaft eine 'faktische Privatstadt' in Deutschland zu gründen, auch wenn dies - anders als bei anderen Projekten - innerhalb des bestehenden Rechtsrahmens geschehen müsse". Die "Bürgergenossenschaft Mittelsachsen" solle dafür den Anfang machen.

Landrat Neubauer will Projekt beobachten

Die Idee hinter der Bewegung Privatstadt ist, dass alle Bereiche privatisiert sind. Es gibt keine Politik, keinen Staat. Stattdessen sollen Unternehmen, die dort investieren, auch das Leben gestalten und organisieren.

Laut der Recherche sollen in den internen Dokumenten der Genossenschaft immer wieder Bezüge zu den "Freien Sachsen" auftauchen, die der sächsische Verfassungsschutz als rechtsextremistische Bestrebung einstuft.

Gegenüber dem NDR antwortete der Anwalt der Gruppe, dass ein Mandant bei einer öffentlichen Versammlung der Freien Sachsen in Dresden anwesend gewesen sei, da diese damals Themen wie wirtschaftliche Freiheit und Selbstbestimmung verfolgten. Im Anschluss daran sei entschieden worden, dass mit den Freien Sachsen keine direkte Kontaktaufnahme erfolgen soll.

Mittelsachsens Landrat Dirk Neubauer (parteilos) sagte dem Rechercheteam, dass die Genossenschaft ein sehr klares Ziel verfolge, nämlich Strukturen zu zersetzen und das habe Brisanz. Neubauer wolle das Projekt weiter beobachten, Handlungsoptionen habe er allerdings wenige, sofern keine strafrechtlich relevanten Tätigkeiten nachzuweisen sind.

Mehr zu der NDR-Recherche gibt es in der aktuellen Folge der Sendung "Reschke Fernsehen". (SZ)