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Rettungshunde suchen Vermisste auf Burg Mildenstein

Am Sonntag schnüffeln Labradore, Border Collies und Schäferhunde durch die Burg in Leisnig. Die ehrenamtlichen Hundeführer investieren viel Energie in die Vermisstensuche.

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Am Sonntag übte "Seal Dogs"-Ausbilder Ronny Treichel mit verschiedenen Rettungshunden auf der Burg Mildenstein in Leisnig die Vermisstensuche.
Am Sonntag übte "Seal Dogs"-Ausbilder Ronny Treichel mit verschiedenen Rettungshunden auf der Burg Mildenstein in Leisnig die Vermisstensuche. © EHL Media/Erik-Holm Langhof

Von Rasmus Tag

Leisnig. Der sechsjährige Chap schaut aus seinen braunen Labrador-Augen über den Burghof. Obwohl er weder bellt noch mit den Beinen strampelt, scheint er leicht unsicher zu sein: Er hängt mit einem Geschirr auf dem Rücken seines Herrchens, hat keinen Bodenkontakt.

Und das zum ersten Mal sowohl für Chap als auch für Hundeführer John Helm.

Nach dem letzten Check durch andere Hundeführer geht es los: Stufe für Stufe den Bergfried der Burg Mildenstein hinauf. An engen Stellen schützt John Helm seinen Hund, indem er seine Hand vor Chaps Schnauze hält. So stößt er nicht gegen die rauen Mauersteine.

Zur Belohnung wird gespielt

32 Höhenmeter und 119 Stufen später ist das Team oben angekommen. „Es war sehr anstrengend, aber schön. Es hat Spaß gemacht“, sagt Helm. Für Labrador Chap kommt der Spaß aber erst, als er oben auf dem Bergfried freigemacht wird: Sofort stürzt er sich auf sein Spielzeug und zerrt mit den Zähnen daran herum.

Burg Mildenstein in Leisnig ist am Sonntag in der Hand von Rettungshunden und solchen, die es noch werden wollen. Hundeführer vom Verein Seal Dogs, der Johanniter und des Arbeiter-Samariter-Bundes üben dort für den Ernstfall: Vermisstensuche.

18 Hundeführer mit 21 Hunden trainieren seit Freitag in der Region. Organisiert wird das Training ausschließlich von Ehrenamtlichen unter dem Motto „Family and Friends – Rettungshunde-Workshop“. Burg Mildenstein am Sonntag ist ein Höhepunkt.

Die Belohnung in Form eines Spieles oder eines Leckerlis nach einer bestandenen Aufgabe ist wichtig, um die Motivation der Hunde zu stärken, sagt Seal-Dog-Mitglied Ronny Treichel aus Torgau.

Wenn der Hund einen versteckten Menschen finden muss, gibt die gefundene Person die Belohnung.

„Man macht das so, dass am Opfer der größte Spaß für den Hund ist“, sagt Treichel. Zwischen Ernstfall und Übung würden die Tiere nicht unterscheiden. Allenfalls würden sie mitbekommen, wenn ihr Führer nervös ist.

Sächsische Abteilung eines Berliner Vereins

Der Verein Seal Dogs kommt ursprünglich aus Berlin. 2021 haben Ronny Treichel, Julia Hesse und ein weiterer Mitstreiter in Torgau die Abteilung Sachsen gegründet. Heute sind es sieben Mitglieder.

Die Ehrenamtlichen stellen sich und ihre Rettungshunde Einsatzkräften wie Feuerwehr und Polizei im Bedarfsfall kostenlos und rund um die Uhr zur Verfügung.

Ronny Treichel arbeitet schon seit 1997 mit Rettungshunden zusammen. Zuerst beim DRK, später beim Technischen Hilfswerk. Er war schon häufig an Einsätzen beteiligt.

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„Hunde haben schon so viele Menschenleben gerettet“, sagt der Schlosser. Das würde in der Gesellschaft nicht ausreichend anerkannt, mit Folgen für die meist ehrenamtlichen Hundeführer, die in der Regel zweimal pro Woche trainieren.

"Seal Dogs"-Ausbilderin Julia Hesse übt mit einem Labrador die Personensuche.
"Seal Dogs"-Ausbilderin Julia Hesse übt mit einem Labrador die Personensuche. © EHL Media/Erik-Holm Langhof

Ob man vom Arbeitgeber für Rettungseinsätze freigestellt werde, sei Verhandlungssache, sagt Treichel. Wenn nicht, müsse man für Einsätze Urlaub nehmen.

Vorlaufzeit gibt es dabei in der Regel kaum, und viele Einsätze, etwa Suchen nach vermissten Rentnern oder Kindern, würden in der Nacht stattfinden. „Da wird man um zehn Uhr abends angerufen“, sagt Treichel.

Mangel an kostenfreien Trainingsgebieten

Auch an kostenfreien Trainingsgebieten mangelt es. Deshalb sind die Seal Dogs immer auf der Suche nach neuen Orten, an denen sie mit ihren Hunden die Flächen- und Trümmersuche trainieren können, um Gewöhnungseffekte zu vermeiden.

Sie sind sehr dankbar, dass sie auf der Burg kostenlos trainieren können. Die besondere Herausforderung in der Burg seien der verwinkelte Aufbau, dicke Mauern und größere Räume, in denen es hallt, sagt Hundeführer Treichel.

Trotz aller Technik blieben Hunde durch ihre feinen Nasen unersetzlich bei der Vermisstensuche. Wärmebildkamera könnten nicht durch Blätter sehen, sagt Treichel, und im Sommer würden sich menschliche Wärmesignaturen kaum von der aufgeheizten Umgebung abheben.

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Ein gutes Mensch-Hund-Team braucht aber nicht nur die feine Nase des Hundes. Der Hundeführer muss neben Erste-Hilfe-Kenntnissen, Trümmerkunde und Funken auch in der Thermik bewandert sein. „Man sucht immer Gegenwind. Wenn einer im Wald liegt, trägt der Wind die Geruchsstoffe zu dem Hund“, erklärt Treichel.

Die Idee, auf einer Burg zu trainieren, hatte das Kriebethaler Seal-Dog-Mitglied Alexandra K. Sie wohnt unterhalb der Burg Kriebstein und geht regelmäßig mit ihrem Labrador um die Burg spazieren. „Das ist meine Gassi-Geh-Runde“, sagt die Frau.

Kurzerhand hat sie Remo Stäglich, als Veranstaltungsmanager für Burg Kriebstein und Burg Mildenstein zuständig, angefragt, ob ein Hundestaffel-Training möglich sei. Sie einigten sie sich darauf, Burg Mildenstein zu nutzen, weil es dort ein deutlich größeres Außengelände gibt.

Drei, vier Nebensaison-Termine in Aussicht

Möglicherweise soll das Konzept verstetigt werden, sodass die Hunde an drei oder vier Terminen in der Nebensaison die Burg erkunden könnten. Das Ziel der Seal Dogs in Torgau ist es, in den Rettungshundeverband Sachsen aufgenommen zu werden.

Der ist für die Organisation der Rettungshunde in Sachsen zuständig. Nur geprüfte Hunde und Hundeführer werden zugelassen. Neue Mitglieder sind beim Verein willkommen, allerdings sollte der Hund bei Ausbildungsbeginn nicht älter als sechs Jahre sein.

Die Ausbildung zum Flächen- und Trümmersuchhund dauert etwa zwei Jahre. Bei der Prüfung zum Flächensuchhund muss das Team eine Fläche von 30.000 Quadratmetern nach zwei Menschen absuchen – innerhalb von 20 Minuten, erklärt Julia Hesse von den Seal Dogs.