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Staat zahlt pro Monat zwei Millionen Euro für Mieten in Mittelsachsen

Für Bürgergeldempfänger übernimmt das Jobcenter die Kosten für die Miete. Die Gewerkschaft IG Bau kritisiert die hohen Ausgaben und fordert den Bau von Sozialwohnungen.

Von Lea Heilmann
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Für ungefähr 11.300 Bürgergeldempfänger übernimmt das Jobcenter die Miete in Mittelsachsen. Um die Kosten zu senken, aber dennoch günstigen Wohnraum zu ermöglichen, fordert die IG Bau Nord-West-Sachsen den Bau von mehr Sozialwohnungen.
Für ungefähr 11.300 Bürgergeldempfänger übernimmt das Jobcenter die Miete in Mittelsachsen. Um die Kosten zu senken, aber dennoch günstigen Wohnraum zu ermöglichen, fordert die IG Bau Nord-West-Sachsen den Bau von mehr Sozialwohnungen. © dpa-Zentralbild

Mittelsachsen. Für viele wird Wohnen teurer. Menschen, die sich das nicht leisten können, erhalten Unterstützung von Landkreis, Freistaat und Bund.

Eine Möglichkeit ist das Wohngeld. Seit zwei Jahren ist die Zahl der Wohngeldhaushalte im Landkreis Mittelsachsen stetig gestiegen, zuletzt auch, weil seit Anfang 2023 mehr Haushalte Anspruch auf Wohngeld haben. Eine andere Möglichkeit der Unterstützung gibt es außerdem für Bürgergeldempfänger. Deren Wohnkosten übernimmt das Jobcenter.

Im Oktober vergangenen Jahres gab es im Landkreis 7.226 Haushalte mit insgesamt 11.300 Menschen, die der Staat durch Mietzahlungen unterstützte. Überwiegend sind Personen, die alleine wohnen, darauf angewiesen. Insgesamt machen sie einen Anteil von 54 Prozent aus.

Zahl der Bedarfsgemeinschaften ist um sechs Prozent gestiegen

Pro Haushalt, auch Bedarfsgemeinschaft genannt, wurden im Oktober knapp 294 Euro fällig. Insgesamt betragen die monatlichen Kosten ungefähr zwei Millionen Euro. Im Vergleich zu Januar 2022 ist die Zahl der Bedarfsgemeinschaften um sechs Prozent gestiegen, die Ausgaben pro Haushalt aber nur um knapp ein Prozent.

„Ebenso übernimmt der Staat über die Jobcenter-Zahlungen hinaus die Kosten der Unterkunft für viele weitere Menschen, die darauf angewiesen sind: Ältere mit knapper Rente zum Beispiel“, teilte die IG Bau Nord-West-Sachsen mit.

Insgesamt gebe der Staat damit im Kreis viel Geld für Miete aus, um Menschen das Wohnen überhaupt ermöglichen zu können. „Und dass, obwohl der Kreis Mittelsachsen nicht gerade zu den wirklich angespannten Wohnungsmärkten zählt“, so die Gewerkschaft weiter.

„Es ist richtig und wichtig, dass der Staat Wohngeld zahlt und dass er die Kosten der Unterkunft übernimmt“, sagte Bernd Günther von der IG Bau Nord-West- Sachsen. Eine bessere Möglichkeit sehe die Gewerkschaft allerdings in Sozialwohnungen.

Von Sozialwohnungen können viele profitieren

„Sie machen den Staat unabhängig von jeder Miet-Preistreiberei auf dem Wohnungsmarkt.“ Auf Dauer seien sie für die Gewerkschaft die günstigere Lösung für die Staatskasse. „Außerdem sind Sozialwohnungen die beste Mieptreis-Bremse für den Wohnungsmarkt“, ergänzte Günther.

Ein wichtiger Punkt, der für mehr Sozialwohnungen im Landkreis spreche, sei die Verteilungsfrage. „Der Staat könnte dann vor allem auch Menschen leichter mit einer Wohnung versorgen, die es auf dem Wohnungsmarkt immer schwer haben: Haushalte mit geringem Einkommen, Alleinerziehende, Schwangere, Familien mit mehreren Kindern“, erklärte Günther und sagte weiter: „Insbesondere aber auch Behinderte, psychisch Kranke, Wohnungslose und Vorbestrafte. Sie alle hätten dann endlich bessere Chancen, wieder leichter auf dem Wohnungsmarkt Fuß zu fassen.“

Marika Tändler-Walenta, Landtagsabgeordnete der Linken, stimmt der Kritik der IG Bau grundsätzlich zu: „Wie die Gewerkschaft richtig sagt, darf die Zahlung von Wohngeld und Kosten nicht infrage stehen. Doch durch den Mangel an sozialem Wohnungsbau durch Bund und Land werden unnötig viele Gelder für diese Sozialleistungen ausgegeben und private Eigentümer beziehungsweise steigende Mieten staatlich subventioniert.“

Wenige Wohnungen im Landkreis

Der Landkreis Mittelsachsen selbst baut keine Sozialwohnungen und besitzt auch keine, wie Pressereferentin Peggy Hähnel mitteilte. Um den Bau von Sozialwohnungen zu fördern, gibt es die Richtlinie gebundener Mietwohnraum. Bei dieser sind die Gemeinden Erstempfänger.

„Nur Gemeinden mit besonders angespannten Wohnungsmärkten können gefördert werden“, erklärte Hähnel weiter. Das sind nach der Richtlinie Dresden und Leipzig. Sonstige Gemeinden in Sachsen könnten zwar gefördert werden, aber nur, wenn durch bestimmte Indikatoren ein besonders angespannter Wohnungsmarkt festgestellt wird.

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Laut einer Kleinen Anfrage der Linken besteht die angespannte Situation in Mittelsachsen kaum. Seit Jahren ist die Zahl der Sozialwohnungen, die durch die Förderung entstanden sind, rückläufig. Im Dezember 2021 existierten im Landkreis 27 Sozialwohnungen, ein Jahr später waren es noch zwölf.

„Vermutlich ist die Anzahl der Sozialwohnungen im Landkreis gesunken, weil die Belegungsbindungszeit bei 15 Wohnungen im Jahr 2022 abgelaufen ist“, erklärte Peggy Hähnel den Rückgang. Nach einer bestimmten Zeit fallen die Wohnungen aus der Sozialbindung. Je nachdem, wie das zu Beginn der Förderung festgelegt wurde, können die Wohnungen nach 15, 25 oder 40 Jahren ohne staatliche Auflagen frei vermietet werden.

Laut Tändler-Walenta sei es Zeit, die Sozialwohnungen dauerhaft zu erhalten. Auch eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft sei notwendig, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Leerstände außerhalb der Großstädte zu nutzen.