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Stahlbau Lüttewitz trotzt der Corona-Krise

Knapp 1,2 Millionen Euro hat das Unternehmen aus Leschen investiert. Der Corona-Schock kommt erst im Nachgang.

Von Maria Fricke
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Stahlbau-Chef Andreas Gerth (Mitte) zeigt Sparkassen-Vorstand Thomas Gogolla (links) einen Bohrer, der zum neuen Blechbearbeitungszentrum gehört.
Stahlbau-Chef Andreas Gerth (Mitte) zeigt Sparkassen-Vorstand Thomas Gogolla (links) einen Bohrer, der zum neuen Blechbearbeitungszentrum gehört. © Lars Halbauer

Döbeln. In einigen Betrieben herrschte im Frühjahr aufgrund der Corona-Pandemie fast Stillstand. Nicht so bei der Stahlbau Lüttewitz GmbH. Dort wurde unter Hygieneauflagen weiter gearbeitet. Doch jetzt, knapp ein halbes Jahr nach Ausbruch der Pandemie in Deutschland, bekommt auch das mittelständische Unternehmen im Döbelner Ortsteil Leschen die Auswirkungen der Krise zu spüren. Kurzarbeit ist angesagt, wie Geschäftsführer Andreas Gerth verrät.

Die Auftragslage ist zurückgegangen, weil die Kunden, die in der gesamten Welt zu finden sind, sich derzeit aufgrund der unsicheren Lage mit Investitionen zurückhielten, meint Gerth. Auch die öffentliche Hand sei zögerlicher bei der Vergabe von Krediten für die Kunden. Hinzu komme der Wandel in der Automobilmittelindustrie. „Für diese sind wir zwar nicht direkt tätig, aber für die Zulieferer“ erklärt der Ingenieur.

 Die Folgen: In dem Betrieb werden derzeit nur zwei Schichten gearbeitet. Und der Geschäftsführer ist intensiv auf der Suche nach neuen Geschäftsbereichen, die er sich im Stahlbau erschließen kann.

Doch trotz der momentanen Lage: Gerth blickt optimistisch in die Zukunft des Betriebes, der pro Jahr einen durchschnittlichen Umsatz von rund 14,5 Millionen Euro erbringe und rund 3.500 Tonnen Stahl sowie 5.000 bis 6.000 Meter Industriegeländer bearbeite. Auch Thomas Gogolla, Vorstand der Kreissparkasse Döbeln, hegt keinen Zweifel daran, dass der Stahlbau diese Krise meistern werde. „Da haben wir schon ganz andere Sachen überwunden“, meint Gogolla. 

Die Sparkasse unterstützt den Betrieb schon seit Jahren als Kreditinstitut. Mit der Sächsischen Aufbaubank sind bis Herbst 2019 rund 1,2 Millionen Euro in das Unternehmen investiert worden. Der Stahlbau hat dabei von einem Förderprogramm profitiert. Knapp 25 Prozent der Ausgaben sind damit gefördert worden.

Neue Maschinen und IT-Technik

Geflossen ist das Geld vor allem in technische Neuerungen. Es wurden unter anderem mehrere Maschinen angeschafft: ein Blechbearbeitungszentrum, ein Rohrbiegeautomat für dreidimensionale Strukturen sowie eine Brenn- und Ausklinkanlage. Aber auch die IT-Infrastruktur ist aufgerüstet worden. Und hat in der Corona-Krise bereits ihre erste Bewährungsprobe überstanden. 

Denn während in der Fertigung weiter vor Ort gearbeitet wurde, wenn auch mit minimalem Kontakt zwischen den Schichten und den Kollegen aus Leschen und Rittmitz, konnte auch aufgrund der Investitionen ein Teil der Mitarbeiter aus der Verwaltung und dem Bereich Konstruktion zwischen März und Anfang Mai von zu Hause aus arbeiten. „Vor einigen Wochen gab es dann die nächste Bewährungsprobe für die IT. Unser Unternehmen wurde mit mehreren tausend Spam-Nachrichten konfrontiert. Diese konnten aber alle herausgefiltert werden“, so Geschäftsführer Gerth.

Mit den technischen Neuerungen sieht er den Betrieb, dessen Geschichte bereits in den 1950er Jahren begann, auch für die Zukunft sicher aufgestellt. Die Maschinen haben nicht nur die Arbeitsprozesse beschleunigt. Sie sollen auch junge Mitarbeiter ins Unternehmen locken, die oftmals ein größeres Interesse an computergesteuerten Geräten mitbringen, meint Gerth.

Erster Lehrling für 2021/22 gesichert

Derzeit sind 86 Mitarbeiter in dem Betrieb tätig, sechs Azubis in den Berufen Metallfacharbeiter und Konstruktionsmechaniker werden ausgebildet. „In diesem Jahr haben wir erstmals auch wieder einen Lehrling im Beruf technischer Systemplaner“, informiert der Geschäftsführer. Bis zu drei pro Lehrjahr könnten in Leschen ausgebildet werden. Die meisten würden, wenn denn alles passe, auch übernommen. Der erste Azubi für das neue Ausbildungsjahr 2021/22 sei bereits gesichert. 

Doch es sei schwierig, die Mitarbeiter länger im Betrieb zu halten. „Viele sammeln einige Jahre Erfahrung und wollen dann mal raus, die Welt erkunden“, sagt der Ingenieur. An der Bezahlung liege es nicht, die sei bei Stahlbau Lüttewitz zwar nicht tarifgebunden, aber laut Gerth auf hohem Niveau.

Trotz Corona auf Montage

Zunehmend schwierig sei es auch, Fachkräfte zu finden, die sich für den europaweiten Montagedienst interessieren. Derzeit wird dieser von 14 Mitarbeitern übernommen, die auch während der Corona-Krise an Baustellen in Großbritannien, Holland oder Finnland Montagen durchführen. „In Finnland handelt es sich dabei zum Beispiel um eine Anlage zur Energiegewinnung aus Müll“, erklärt Gerth. Diese gelte als systemrelevant, sodass es für seine Mitarbeiter eine Ausnahme für die Quarantäne nach Einreise gegeben habe. Zehn Tage seien die Mitarbeiter jeweils vor Ort im Einsatz, anschließend hätten sie vier bis fünf Tage zu Hause. Und auch wenn dieses Modell in mancher Hinsicht nicht wettbewerbsfähig sei, da der Kunde mitunter schon mal fordere, dass drei Wochen am Stück gearbeitet werde, wolle Gerth daran festhalten. Zum Wohl seiner Mitarbeiter.

Zehn davon sind am Standort in Rittmitz beschäftigt. Auf einer Fläche von rund 2.600 Quadratmetern werden dort kleinere Metallarbeiten durchgeführt. An diesem Standort ist der Rohrbiegeautomat neu installiert worden. „Er ist in der Lage, 6,70 Meter lange Rohre in einem Zug zu bearbeiten“, beschreibt der Geschäftsführer. Die neue Maschine reduziere unter anderem die Zahl der notwendigen Schweißstellen an den Rohren. In Rittmitz entstehen zum Beispiel Brücken-,Treppengeländer sowie kleine Arbeiten für Landwirte.

Stahlbau vielseitig aufgestellt

Beim Gang durch die Fertigungshalle des Betriebs in Leschen wird deutlich, wie vielfältig aufgestellt das einstige Familienunternehmen ist, das 2016 von der SME Industriebeteiligungsgesellschaft aus Berlin erworben wurde. Jene hatte Andreas Gerth als Geschäftsführer eingesetzt.

 So werden unter anderem vom Stahlbau auch komplette Hallen oder Traggerüste geplant, konstruiert und montiert. Dass alle Arbeitsschritte unter einem Dach erledigt werden, wäre ein weiterer Vorteil des Unternehmens, sagt Gerth. 

Aus diesen Gründen sieht er sich auch gut aufgestellt für die Krise. „Wir werden den Kopf nicht in den Sand stecken. Auch wenn keiner sagen kann, wann die Lage sich erholt.“

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