Ziegenkäse ohne Zickengeschmack

Sornzig. Es ist wie in einem Heimatfilm. Hütehund Kalle treibt auf Zuruf die 40 Milchziegen und den Ziegenbock Herrn Schulze zusammen. Es soll auf die Weide auf der Streuobstwiese in Sornzig gehen.
Die Ziegen freuen sich auf den Ausflug und scharren förmlich mit den Hufen. Sie drängeln sich dicht vor dem Tor des licht- und luftdurchfluteten Stalles. Jede der Ziegen will die Erste sein.
Kalle, dem Sven Kloy vom Caprinenhof die Befehle auf Englisch gibt, hat die Sache im Griff. „In Englisch deshalb, damit es keine Verwechslungen gibt. Das ist bei einem Zuruf in deutscher Sprache durchaus möglich und könnte schlimme Folgen haben“, erklärt Kloy.
Seit 2013 betreiben er und seine Partnerin Katja Loßner den Caprinenhof in Lichteneichen bei Sornzig – zunächst nebenberuflich.

Bewusst für die Landwirtschaft entschieden
Während des Lockdowns im Frühjahr habe ich gemerkt, dass mich die Arbeit auf dem Ziegenhof voll ausfüllt. Deshalb entschloss ich mich, meine Arbeit als Automechaniker zu kündigen und mich voll dem Caprinenhof zu widmen“, sagte Sven Kloy. Bisher habe er seinen Entschluss noch nicht eine Minute bereut.
Nun könne er endlich Dinge anpacken, die aus Zeitmangel liegen geblieben sind. Dazu gehört der Bau von rollenden Ziegenunterständen aus ehemaligen Bienenwagen. Immerhin müssen insgesamt 120 Tiere, davon 40 Milchziegen, untergebracht werden.
Nicht immer kann Sven Kloy die Tiere im Stall am Stammsitz unterbringen. Sie brauchen einen Unterschlupf auf den vielen Weideflächen, die zum Unternehmen gehören oder gepachtet sind. „Die Ziegen dürfen nicht nass werden, weil sie kein Fett im Fell haben, wie zum Beispiel die Schafe. Ziegen werden nass bis auf die Haut und das ist nicht gut, so Kloy.

Er hält Anglo-Nubier-Ziegen die durch die Kreuzung von englischen Landschlägen mit aus Afrika und Indien eingeführten Ziegenrassen entstanden. „Sie ist eine Zwei-Nutzungsrasse, da sowohl die Milch als auch das Fleisch verarbeitet werden können“, erklärte Kloy. Früher war er Geflügelzüchter. 800 Enten und Gänse standen auf dem Hof. Die Geflügelhaltung sei kein einträgliches Hobby gewesen, deshalb habe er nach etwas Neuem gesucht und per Zufall gefunden.
Im Fernsehen habe er einen Beitrag über einen Berliner Diskobesitzer gesehen, der in der Hauptstadt seine Zelte abbrach, ins Allgäu zog, um dort Ziegenkäse herzustellen. Das war die Initialzündung.
Besonderes Heu aus eigener Herstellung
Die ersten zwei Ziegen holte Kloy in Passau. Fortan verarbeitete er die Milch, die sie gaben. Der Landwirt informierte sich, las Fachbücher und probierte jede Menge Rezepte aus. „Am Anfang sind viele Produkte auf dem Mist gelandet oder wurden Schweinefutter. Dann gelang uns der Käse immer besser und er wurde mit Freunden verkostet, die das Produkt beurteilten“, so Sven Kloy.
Nun ist der handgemachte Bio-Ziegenkäse mit verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Bockshornklee, Bärlauch oder Wiesenkräutern ein Renner auf jedem Frische- und Biomarkt. „Denn dieser Käse schmeckt nicht nach Ziege, sondern eher nach Kuhmilch mit Sahne“, so Kloy. Das führt er zum einen auf die Rasse und zum anderen auf das Futter sowie die Haltung zurück.

Die Anglo-Nubier geben eine gehaltvolle Milch mit viel Fett und Eiweiß. Das Heu, das sie fressen, stammt aus eigener Herstellung. Das frisch gemähte Gras bringt der Landwirt zur Trocknung nach Gallschütz in die Biogasanlage.
„Wir nutzen die Abwärme der Generatoren, um das Gras zu trocknen. Das hat neben der Wirtschaftlichkeit weitere Vorteile. Das Heu ist innerhalb einer Nacht trocken. Ich kann immer, auch bei schlechtem Wetter mähen und die Inhaltsstoffe bleiben erhalten“, sagte Sven Kloy. Deshalb sieht sein Heu immer grün aus und duftet nach Wiese.
Man schmecke sogar, ob die Tiere den Winter über Heu fressen oder im Sommer Wiesenkräuter. „Bevor es auf die Weide geht, bekommen die Tiere immer Heu zu fressen. Das ist für die Milchbildung wichtig“, versichert er. Es handle sich um hochwertiges und sauberes Futter. Und das mögen die Ziegen, denn sie sind sehr wählerisch.
„Die Ziegen fressen nur das Beste vom Besten. Dazu gehören die Knospen und Spitzen des Rotklees. Ist einmal eine Wiese abgegrast, muss sie gemäht werden. Erst wenn sie nachgewachsen ist, fressen die Tiere wieder. Deshalb setzt Kloy vom Caprinenhof auf kurz gehaltene Wiesen mit viel Buschwerk.
Trotz Laktose-Intoleranz Käse genießen
Der Hofname leitet sich vom lateinischen Begriff für Ziege ab. „Der Name Ziegenhof war uns zu schnöde. Deshalb haben wir uns für Caprinenhof entschieden. Das klingt viel schöner und interessanter“, so Kloy. Die Anzahl der Ziegen ist in den letzten Jahren ständig gewachsen.
„Immer wenn ich Gewinn mit den Produkten erzielte, kaufte ich neue Ziegen oder auch Böcke“, sagte der Landwirt. Alle Milchziegen haben bei ihm einen Namen. Sie heißen unter anderem Heidi, Jutta oder Cinderella.
Anders verhält es sich mit den jungen Böcken und den Jungziegen. Sie werden geschlachtet. Aus dem Ziegenfleisch stellt ein Fleischer aus Bautzen Knacker und Wiener her. Die Milchziegen werden nicht geschlachtet. „Sie haben viele Jahre Milch gegeben und sollen deshalb würdig gehen“, so Sven Kloy. Ziegen-Rohmilch gibt es keine vom Caprinenhof, dafür Joghurt und Käse.

Der Vorteil der Produkte liegt in ihrer guten Bekömmlichkeit. „Zu uns kommen Menschen, die mit Laktose-Intoleranz zu kämpfen hatten und den Käse von uns aber gut vertragen“, sagte der Bio-Landwirt. Seine Produkte sind unter anderem auf Bio-Märkten, im Hofladen in Gadewitz, aber auch in seinem Büdchen am Stammsitz in Lichteneichen erhältlich.
Winterpause für die Milchziegen
Die Nachfrage sei sehr gut, nicht immer sei jeder Käse verfügbar. Ab Ende Oktober bis Anfang April wird die Käse- und Joghurtproduktion ganz eingestellt. Dann haben die Milchziegen eine Ruhepause.
Der Landwirt aber nicht. Er feilt mit seiner Lebenspartnerin und Freunden an neuen Projekten. Dazu gehört unter anderem die „Querfeldwiese-Tour“, die Katja Leißner anbietet. "Ich bin auf den Märkten oft angesprochen worden, ob wir nicht zeigen könnten, wo und wie die Ziegen leben“, sagte Kloy.
Katja Leißner, die hauptberuflich Erzieherin ist, liebäugelte schon länger damit, Interessierten ihre Heimat um Sornzig näher zu bringen. Und so ist ein Angebot zwischen Wanderung, Genuss und Informationen entstanden. Auf der etwa vierstündigen Tour erfahren die Gäste viel über Sornzig und das Kloster Marienthal.
Die Wanderung führt auch zum Kahlenberg, auf dem die Gäste nicht nur ein herrlicher Ausblick, sondern auch ein genussvolles Picknick mit Käse und Wein erwartet. Zum Abschluss geht es auf den Caprinenhof. Dort empfängt Sven Kloy die Gäste und zeigt die Ziegenhaltung.
Die nächste Folge der Serie „Lecker vom Hof“ erscheint am 23. Oktober.
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