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Doppelgänger ärgern Stern-Combo Meißen

Frühere Mitglieder der Art-Rock-Band irritieren mit einem eigenen Programm die Fans.

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© Matthias Ziegert

Von Peter Anderson

Meißen. Das Plakat liest sich wie der ganz große Wurf. Die Bands Silly, Stern Meißen, Die Zöllner und Vroni Fischer werden in großen Lettern angekündigt. Rock Ost ist der Kessel Buntes aus der DDR überschrieben. Hier gibt es offenbar die Crème de la Crème des Ostrocks im Viererpack. Wer allerdings die Brille fürs Kleingedruckte herausholt, wird schnell eines Besseren belehrt. Unter den Bandnamen werden einzelne Musiker aufgelistet, die in der Vergangenheit einmal für die beworbenen Bands gespielt haben. So wird die Stern Combo von Alexander Procop vertreten.

Der Bassist allerdings ist seit acht Jahren nicht mehr Mitglied der Band. In den Jahren 1996 bis 2008 spielte er für die Combo. An den großen Hits aus der DDR wie „Kampf um den Südpol“ oder „Weißes Gold“ hatte er keinen Anteil. Während Procop bei den Sternen aktiv war, beschränkte sich die Combo hauptsächlich darauf, ihr Erbe zu recyceln und halbwegs über die schwierigen Jahre unmittelbar nach der Wende zu retten.

Eingefleischten Fans der Art-Rocker und ihrer Kollegen wie Silly oder den Zöllnern sind die von ihnen als „Trittbrettfahrer“ bezeichneten Musiker ein Dorn im Auge. So sorgte auch am vergangenen Wochenende im Vorfeld des Rock-Ost-Konzerts in Limbach-Oberfrohna bei Chemnitz das bereits beschriebene Plakat für Missverständnisse. Nachdem die Regionalzeitung Freie Presse erstmals auf das Konzert aufmerksam gemacht hatte, fragten verunsicherte Leser nach: Sie interessierte, wie Silly in Limbach-Oberfrohna auftreten könne, obwohl die Band am selben Tag in Thüringen ein Konzert geben sollte? Die Leser der Freien Presse hatten übersehen, dass nicht die heutige Silly-Formation, sondern nur der ehemalige Gitarrist der Band Thomas Fritzsching für Limbach-Oberfrohna angekündigt war. Sein Name steht auf dem Plakat in viel kleinerer Schrift als Silly.

Klage ist Kraftverschwendung

Detlef Seidel, bei Stern einer der dienstältesten Bandmanager der Republik, ist das Rock-Ost-Problem ein Begriff. Schon mehrere Jahre gebe es diese Konzertreihe. In unregelmäßigen Abständen versuchen die Organisatoren, mit den Namen von Mitgliedern aus bekannten DDR-Band Band Publikum anzulocken. „Wir haben bisher darauf verzichtet, juristisch gegen den Veranstalter vorzugehen. Die Konzerte finden nicht so häufig statt“, sagt Seidel. Zudem kenne er den Organisator persönlich. Anstatt eine Schlammschlacht vom Zaun zu brechen, konzentriere sich Stern Meißen lieber auf die eigenen Projekte. Alles andere wäre Kraftverschwendung.

Rock-Ost-Erfinder Thomas Martin kann die Aufregung, um die von ihm organisierten Konzerte nicht nachvollziehen. „Die Leute sind offenbar einfach zu doof zum Lesen“, sagt er. Bereits seit zehn Jahren stelle er mit unterschiedlichen Musikern aus bekannten DDR-Bands das Programm zusammen. Nie sei der Anspruch vertreten worden, die aktuellen Besetzungen der Gruppen würden auftreten.

Ähnlich argumentiert die Organisatorin des Auftritts am Wochenende in Limbach-Oberfrohna. Dass Wörter in unterschiedlicher Größe abgedruckt werden, sei ein gängiges Stilmittel, sagte Josephine Lindner gegenüber der Freien Presse. „Um Missverständnissen vorzubeugen, haben wir zudem den Satz ’Die Ostrockstars der legendären Bands‘ eingefügt“, so die Veranstaltungs-Fachfrau.

Stern-Meißen-Manager Detlef Seidel will aus der Sache keinen Skandal machen. Er verweist lieber auf die anstehenden Projekte der Band. Ein Fantreffen im September in Meißen musste zwar wegen Terminschwierigkeiten abgesagt werden. Das Vorhaben sei jedoch nur verschoben, nicht aufgehoben. Angedacht ist ein familiärer Abend, mit Interviews, Musik, Rückblicken und Ausblicken. Am 17. September wird die Combo zudem gemeinsam mit der polnischen Rockband SBB im Leipziger Stadtbad einen deutsch-polnischen Artrock-Gipfel feiern. SBB gehörte und gehört zu den erfolgreichsten Artrock-Bands aus Polen, die weltweit Erfolge feiern konnte. „Wir freuen uns sehr darauf, mit ihnen in ihrer Ur-Besetzung in Leipzig auftreten zu dürfen“, sagt Detlef Seidel.