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Dresden will wieder schöner bauen

Als Gast auf dem Bausymposium kritisiert Schauspieler Jörg Hartmann die Architektur. Nun soll besser geplant werden.

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© Anja Schneider

Von Bettina Klemm

Das Urteil über viele Bauten in der Stadt ist vernichtend: „Würfelhusten“, „austauschbar“, „wenig Vielfalt“. Verstärkt werde dies alles durch einseitig ausgerichtete Jurys bei den Wettbewerben. So hatte es kürzlich Philipp Maaß in seiner als Buch veröffentlichten Dissertation bemängelt.

Thomas Henkel mag sich diese Bewertungen nicht zu eigen machen, dennoch sieht der Geschäftsführer der Firma Henkel Projektmanagement reichlich Diskussionsbedarf. Er hat deshalb am Dienstag, unterstützt vom Bund Deutscher Architekten und mehreren Sponsoren, zum Symposium „Baukultur als Renditefaktor“ ins Hygienemuseum eingeladen.

In Dresden wird viel gebaut. Unter dem Begriff Baukultur mag jeder etwas anderes verstehen. Henkel geht es nicht um Kritik allgemein, sondern darum, wie es besser werden kann. Wie Dresden einzigartig bleibt und nicht zu einer austauschbaren Stadt verkommt. „Wird wirklich vor Beginn jeden Projektes ausreichend Zeit und Geld investiert, um Ziele und Bedarf genau zu definieren sowie einen realistischen Zeit- und Kostenrahmen zu entwickeln?“ fragt Henkel. Dresdens Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (Grüne) begrüßt das Forum, das Bauherren, Planer, Bauunternehmer mit Stadtplanung, Hochschule und Wissenschaft zusammenbringt.

Als betroffener Laie bezeichnet sich der Schauspieler Jörg Hartmann. Vielen im Saal ist er durch seine Rollen als Dortmunder Tatortkommissar und als Stasi-Offizier in der Serie „Weissensee“ bekannt. Doch Hartmann hat ein Faible für Architektur und Stadtgestaltung. Seit Anfang der 90er-Jahre verfolgt er die Entwicklung in Dresden. Weil ihm die Frauenkirche wichtig war, wurde er Mitglied im Wiederaufbauverein. Weil er einen nach altem Vorbild errichteten Neumarkt wünscht, gehört er zur Gesellschaft historischer Neumarkt Dresden. „Haben wir verlernt, schön zu bauen?“ nennt er seinen Diskussionsbeitrag. Ausführlich setzt er sich mit den austauschbaren und gesichtslosen Städten im Westen des Landes auseinander.

Als Hartmann Dresden zum ersten Mal sah, war das Schloss noch eine Ruine, genauso das Taschenbergpalais. „Die Frauenkirche ein Trümmerberg und um sie herum urbane Wüste“, beschreibt er seine ersten Eindrücke. „Und ich dachte nur eins: Was für ein Potenzial hat diese Wahnsinnsstadt“, sagt er. 20 Jahre später macht sich auch bei ihm Ernüchterung breit. Er fordert Verantwortung für den öffentlichen Raum ein. „Die Fassade eines Hauses ist das Gesicht der Stadt, das Gesicht des öffentlichen Raumes“, mahnt er an.

Wohnungsbau spielt in Dresden auch in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle. Ausführlich setzt sich Stefan Szuggat damit auseinander. Der Chef des Stadtplanungsamtes verweist darauf, dass in Dresden etwa ein Drittel aller Bauten Wohngebäude sind. Ziel der Stadtplanung und Stadtbaukultur sei es, städtische Maßstäbe wiederzugewinnen. Hoffnungsvolles Beispiel seien dabei die Pläne für das Quartier Wettiner Platz der Architekten MPP Meding Plan + Projekt und der Firma Revitalis Real Estate. Dort werden die Fassaden der 120 Meter langen Wohnzeile entlang der Schweriner Straße von mehreren Architekten gestaltet. Damit soll trotz relativ großer Baumenge mehr Vielfalt entstehen.

Einen Schritt mehr verspricht der Rahmenplan für den Lingner Altstadtgarten, wie das ehemalige Robotrongelände, genannt wird: Auf dem fast 30 Hektar großen Gebiet sollen in den nächsten Jahren etwa 1 500 Wohnungen entstehen. Es gehe darum, Stadträume durch Häuser zu formen, Straßen, Plätze, Höfe und Eckgebäude zu entwickeln, erklärt Szuggat. In seinem Vortrag zeigt er einen Lageplan für das erste Baufeld mit fast 740 Wohnungen. Entworfen hat ihn der Architekt Peter Kulka. Er hat den entsprechenden Wettbewerb dazu gewonnen. Statt langer Häuserfronten entstehen auf der Fläche einzelne Quartiere mit Innenhöfen. Dabei weicht er von Bauformen mit Flachdächern, die derzeit als modern gelten, nicht ab. Aber die einzelnen Fassaden sind sehr unterschiedlich gestaltet. Am kommenden Montag wird es eine nächste Wettbewerbsrunde geben, dann geht es um konkrete Fassaden.

Dass ein Gestaltungsbeirat bei der Suche nach der Baukultur hilfreich sein kann, erläutert Eva Bartling am Beispiel der Arbeit dieses Gremiums in der Stadt Freiburg. Ein wichtiges Kriterium dabei ist auch die rege öffentliche Diskussion. So nehmen an den Sitzungen in Freiburg regelmäßig 50 bis 60 Besucher teil. In den Zeitungen wird kontinuierlich über die Pläne berichtet und über die Online-Kommentarfunktion auch kräftig debattiert. Auch für Dresden könnte das ein Weg sein.