Wie geht es für die Weiße Flotte weiter?

Dresden. Sieben Monate waren schlecht, drei waren gut. Die schlechten Monate reihten sich ab Januar 2021 nahtlos aneinander, dann folgten die drei guten. Dazu kamen auf der schlechten Seite ein Schiffsunfall und eine Vertragsverlängerung, bei der der Preis für die Flotte gestiegen ist. Geht es aber so weiter, wie in den guten Monaten, dann haben die Dresdner Dampfer den richtigen Kurs. Davon ist Stefan Bloch, Geschäftsführer der Flotte, überzeugt. Er zieht Bilanz und verrät, welche Neuerungen es 2022 geben wird. Dazu gehören eine Dampfer-App, Krimis an Bord, aber auch Schließungen.
Monatelanger Stillstand
Sieben Monate lang standen die Schiffe still, sagt Bloch. Ganz stimmt das nicht - ab etwa Mitte April fuhren Schiffe zwischen Terrassenufer und Pillnitz. Tickets gabs dafür an Bord, sie galten für einzelne Streckenabschnitte, Masken waren Pflicht. ÖPNV-Modus nannte Bloch das, fahren wie Busse und Straßenbahnen. Rundfahrten gab es nicht.
Für November und Dezember 2020 hat das Unternehmen vom Bund Überbrückungshilfe III bekommen, also Geld für Fixkosten, die trotz der Fahrpause zu bezahlen waren. Wie viel das war, sagt Bloch nicht. Laut den Förderrichtlinien gab es je nach Umfang des Umsatzeinbruchs zwischen 30 und 100 Prozent der förderfähigen Fixkosten. Zusätzliche private Investitionen waren nicht nötig. "Zusammen mit den extrem wichtigen Fördergeldern der öffentlichen Hand und zusammen mit unseren großartigen Mitarbeitenden konnten wir die Krise ohne weitere Fremdhilfe meistern", sagt Blochs Geschäftsführer-Kollege Robert Straubhaar, der die Geschicke der Flotte von der Schweiz aus mitbestimmt.
Im Mai stießen auf der Elbe vor dem Terrassenufer die zwei Salonschiffe zusammen. "Gräfin Cosel" streifte beim Anlegen "August den Starken". Die Reparatur kostete eine fünfstellige Summe. Außerdem musste Bloch einen neuen Vertrag mit der Werft aushandeln. "Das war schmerzlich", räumt er ein, denn es ist für die Flotte teurer geworden, die Anlagen in Laubegast zu nutzen. "Die Werft hätte man kaufen müssen", erinnert er an die Zeit, als Vorbesitzer Reinhard Saal das Grundstück samt den Gebäuden und Anlagen im Sommer 2019 an die Richert & Co. Immobilien GmbH abgegeben hat. Immerhin: Der neue Vertrag der Flotte mit der Werft läuft drei Jahre und verlängert sich automatisch, solange keiner der zwei Vertragspartner kündigt.
Drei Monate gute Zahlen
Ein Vergleich zwischen 2021 und 2020 ist wegen Corona nur für August, September und Oktober möglich, sagen die Verantwortlichen. In allen drei Monaten stiegen mehr Passagiere zu, als im Vorjahr. 9.000 mehr waren es im August, jeweils etwa 1.000 mehr im September und Oktober, insgesamt rund 250.000. Eine Zahl, die Bloch Hoffnung macht beim Blick auf das nächste Jahr. "Ich vermute, dass ab April nächsten Jahres das ganz normal funktioniert", sagt er mit Blick auf die Corona-Entwicklung. Er meint damit: Schiff fahren ohne Einschränkungen.
Erfreulich war aus seiner Sicht, dass es bisher 2021 keinen Tag gab, an dem die Schiffe wegen Hoch- oder Niedrigwasser gezwungen waren, zu pausieren. Eine Zwangspause mussten sie lediglich am 21. Oktober einlegen. Da fegte "Ignatz" durch Dresden. Ab Mittag sind die Schiffe damals nicht mehr gefahren. "Sie konnten nicht mehr drehen, der Sturm hat sie dabei stromauf geblasen", berichtet Bloch.
Erfolglose Mitarbeitersuche
"Wir haben keinen entlassen und werden das auch nicht tun", sagt Straubhaar. Weniger als eine Handvoll Kollegen, die vor der Übernahme durch die Schweizer an Bord waren, seien von sich aus gegangen. Seit Monaten sucht das Unternehmen weitere Gastro-Kollegen, es waren kaum welche zu finden. Nun gibt es eine neue Lösung. Für den Winter reicht die aktuelle Besetzung. Ab März sollen 40 Saisonkräfte anheuern, die dann bis zum November an Bord bleiben.
Ersatz-Idee für die Salonschiffe
Robert Straubhaar hat in einem Interview im Herbst 2020 gesagt, es sei denkbar sei, beiden Salonschiffe in etwa fünf Jahren durch Neubauten zu ersetzen. Diese Möglichkeit besteht weiter. Straubhaar sagt: "Wenn in rund fünf Jahren neue Schiffe kommen, dann nur grün und als Ersatz der Gräfin Cosel und August dem Starken!" Das heißt, Neubauten sind denkbar, vorausgesetzt, dafür stehen dann CO2-freie Antriebstechnologien zur Verfügung.
Im bevorstehenden Winter sollen drei Schiffe in Laubegast auf Vordermann gebracht werden, unter anderem die Dampfer Leipzig und Pirna. "Bei der Pirna klappert irgendwas in der Maschine, wir wissen noch nicht, was das ist", sagt Bloch. Zwischen 700.000 und 900.000 Euro sind für die drei Winterreparaturen veranschlagt.

Fahrkartenverkaufsstellen schließen
Zusätzlich zu den Winterreparaturen sollen alle Schiffe neue Lautsprecheranlagen bekommen. Das macht noch mal 250.000 Euro. Sie sind Voraussetzung für eine Neuerung, die spätestens Anfang April 2022 einsatzbereit sein soll. Die Dampfschifffahrt will bis dahin eine App fertig haben, die die Streckenansagen ersetzt. Dann kann jeder Fahrgast auf einer interaktiven Landkarte auswählen, welche Sehenswürdigkeiten er sich beschreiben lässt.
Kleine Anekdoten und kurze Gespräche zwischen imaginären Protagonisten soll es dafür geben, unterlegt mit passender Musik oder Geräuschen. Erste Beispiele wie etwa für das Blaue Wunder sind schon fertig. Künftig soll die App in deutscher und englischer Sprache funktionieren, weitere Sprachen könnten später dazukommen. Auch ein Kinderprogramm wird es in der App geben, "Dampferdetektiv" ist der Arbeitstitel. Die Kinder sollen während der Fahrt Details der Schiffe auskundschaften und die Eltern so mehr Ruhe haben, um den Schiffsausflug zu genießen.
Außerdem will Bloch, dass die Dampferstrecke "digitalisiert" wird. Das heißt, an jeder Anlegestelle soll es dann große, berührungsempfindliche Bildschirme geben, an denen man den Fahrplan abrufen kann, die die augenblicklichen Schiffspositionen zeigen und zugleich auch, um welches Schiff es sich handelt. Vier solche Bildschirme sind am Terrassenufer geplant, 13 weitere an allen Stationen zwischen Diesbar-Seußlitz und der Sächsischen Schweiz. Daran arbeiten bereits Programmierer, allerdings dürfen die Monitore noch nicht aufgebaut werden. Bloch sagt nach Gesprächen mit den zuständigen Ortsverantwortlichen: "Es sind alle begeistert davon, aber wir haben noch keine Genehmigungen."
Die Ticketverkaufsstellen an den einzelnen Stationen sollen dann geschlossen bleiben, das Personal werde anderswo im Unternehmen gebraucht, so der Flottenchef. Nur in Dresden bleibt das Tickethäuschen, anderswo gibt es die Fahrkarten dann an den Bildschirmen und in Rathen zusätzlich vielleicht die für die Fähre.
Der sogenannte Drei-Stufen-Fahrplan für verschiedene Wasserstände wurde in diesem Jahr nicht gebraucht, es war nie zu viel oder zu wenig Wasser in der Elbe für das volle Fahrangebot. Im nächsten Jahr plant die Flotte zusätzliche Fahrten. Nach der erfolgreichen "Elbkarawane", bei der Dampfer als Musikinstrumente fungierten, arbeiten Bloch, seine Kollegen und die damals beteiligten Dresdner Sinfoniker an einer echten Karawane zwischen Dresden und Pillnitz.
In der Halle der Flotte in der Werft soll 2022 außerdem die Serkowitzer Volksoper gastieren, das Ganze verbunden mit einer Schiffsfahrt zum Auftrittsort und zurück zum Terrassenufer. An Bord wird es 2022 ebenfalls Theater geben - ähnlich den bekannten Dinnershows an Land ist an einen Krimi gedacht. "Elbinsel-Thriller" lautet der Arbeitstitel.
Gastrogeschäft soll wachsen
Bereits als die Schweizer die Flotte übernommen haben, sah es düster aus mit der Gastronomie im Flughafen. Die hat die Dampfschifffahrt bis dahin betrieben und inzwischen abgegeben. Doch Straubhaar und Bloch wollen genau diese Sparte ausbauen. Im Zoo läuft das Geschäft nach Corona wieder, auf den Schiffen ebenfalls. Sie suchen nach neuen Betätigungsfeldern. "Es ist ein offenes Geheimnis, dass wir uns über eine Ausweitung unserer Gastronomieaktivitäten sehr freuen würden", sagt Straubhaar. Bisher ist das aber noch nicht gelungen.
Dampfer-Wächter brauchen noch Zeit
Der Verein "Weiße Flotte Dresden – Freunde der Sächsischen Dampfschiffahrt" versteht sich als wichtiger Helfer für die Verantwortlichen der Flotte, nachdem er erfolglos versucht hatte, das Geschäft selbst zu übernehmen. Straubhaar hat das Engagement der Vereinsmitglieder mehrfach öffentlich gelobt und ihnen eine enge Zusammenarbeit vor allem in der Kulturerbe Dampfschiffe Dresden GmbH zugesichert. Dort soll es künftig einen sogenannten Wächterrat geben, der vor allem den Umgang mit den historischen Schiffen überwacht. Bisher gibt es das Gremium noch nicht, obwohl mehr als ein Jahr seit der GmbH-Gründung vergangen ist. Bloch versichert, im April 2022 wird das neue Gremium arbeitsbereit sein.
Ausflugsfahrten auch im Winter
Die Salonschiffe und die Dampfer Dresden und Pillnitz fahren auch im Winter. Sechs Thementouren zum Christmas Garden in Pillnitz stehen im Fahrplan, zwei davon seien bereits ausgebucht, sagt Bloch. Und das bei einem Preis von bis zu 83 Euro pro Person für die Fahrt samt Dreigangmenü, Christmas Garden-Eintritt und Glühwein auf der Tour zurück zum Terrassenufer. Auch die sogenannten Gänsefahrten im November und Dezember seien bereits zu 40 Prozent gebucht.
"Wir konnten alles umsetzen, was wir uns als neue Geschäftsführung gewünscht haben", fasst Stefan Bloch die Zeit seit der Übernahme der Flotte im September 2020 zusammen. Nur die Suche nach Gastropersonal sei erfolglos verlaufen und die Tour zum Dynamo-Aufstieg musste ausfallen, bedauert er. "Wenn man aber alles ganz nüchtern betrachtet und zusammenzählt, können wir uns nicht beklagen."