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Neue Werke für Chipindustrie in Dresden: Ein futuristisches Kraftwerk und "farbige Grautöne"

Seit 2016 tagt die Gestaltungskommission als beratendes Gremium für Neubauten, die das Dresdner Stadtbild prägen. Am Freitag ging es unter anderem um das neue Wasserwerk und die Infineon-Fassade. Mitunter wurde heftig gestritten.

Von Jonas Niesmann
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Blick in die Zukunft: Noch ist in der Realität nicht viel zu sehen von der vierten Halle. Wird sie aber gebaut, wird sie über Dresden thronen wie eine Festung.
Blick in die Zukunft: Noch ist in der Realität nicht viel zu sehen von der vierten Halle. Wird sie aber gebaut, wird sie über Dresden thronen wie eine Festung. © Infineon

Dresden. In Dresden werden in den kommenden Jahren zwei besondere neue Großprojekte umgesetzt: Der Halbleiter-Hersteller Infineon erweitert sein Werk um eine neue Halle, und der Chip-Hersteller TSMC plant eine ganz neue Fabrik, für die zunächst ein Wasserwerk gebaut wird. Derzeit wird der Chip-Riese Infineon vom Wasserwerk Saloppe aus mit Wasser versorgt. Durch den Ausbau und die Ansiedlung des weltgrößten Chip-Konzerns TSMC könnte die Trinkwasserversorgung für die Dresdner allerdings irgendwann nicht mehr gewährleistet werden. Um das zu verhindern, planen Stadt und Sachsen-Energie ein neues Flusswasserwerk.

Am Freitag tagte zu den beiden neuen Bauwerken die Gestaltungskommission - ein unabhängiges Gremium von Sachverständigen. Ihre Aufgabe ist es, Bauvorhaben, die das Stadtbild prägen, zu begutachten und dazu Empfehlungen zu formulieren. Die Kommission trifft zwar offiziell keine Entscheidungen, hat aber eine gewisse Autorität. An den Sitzungen nehmen Beschäftigte der Stadtverwaltung, Stadträte, Bauherren und Planer teil. Was sie zu den Großprojekten sagen - die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wie wird das neue Flusswasserwerk aussehen?

Bei Übigau will Sachsen Energie neben der Flügelwegbrücke ein Flusswasserwerk bauen, um sich ansiedelnde Industriestandorte mit Wasser für ihre Produktion zu versorgen. Besonderen Bedarf hat der Chiphersteller TSMC, der in Dresden ein großes Werk bauen und damit 2000 neue Arbeitsplätze schaffen soll. Die Herausforderungen: Das Gebäude des Wasserwerks soll sehr exponiert auf der Uferböschung des Elbtals liegen, weshalb eine besonders gute Einpassung in die Umgebung erforderlich ist. Der Bau soll – Stand jetzt – ziemlich futuristisch aussehen, mit einer in abgerundete Längsfacetten aufgeteilten Glasfassade und begrünten Dächern. Spätestens 2030 soll das Werk fertiggestellt sein, die endgültige Entscheidung für die Fassadengestaltung wurde allerdings noch nicht getroffen. Die Gestaltungskommission hat allerdings keine großen Bedenken angemeldet. Für das Werk sind 247 Millionen Euro veranschlagt, bis zu 150 Millionen davon kommen vom Land Sachsen und von der Stadt Dresden.

Was plant Infineon für seine neue Halle?

Das Infineon-Gelände in Klotzsche wird gerade um einen großen Neubau erweitert. Es wird der Abschluss des riesigen Werks sein, dass dann im Norden über der Stadt thront. Im Herbst wurde der Rohbau begonnen, der an eine Festung erinnern soll und damit wohl symbolisch für Dresdens Stellung als Hightech-Standort steht. 1.000 neue Arbeitsplätze sollen durch das neue Werk geschaffen werden. Im Jahr 2026 soll die neue Fertigungshalle in die Produktion gehen. Hierfür wurde der Gestaltungskommission nun der Stand bei der Planung für die Farbgebung der Fassade vorgestellt. Infineon will das Gebäude in „farbigen Grautönen“ gestalten, also praktisch einem sehr entsättigten Violett. Es gibt verschiedene Vorschläge, die sich vor allem in ihrer Helligkeit unterscheiden. Auch die Farbe der Balkone, orange oder nicht, war ein Thema. Im April soll erneut beraten werden. In jedem Fall wünscht sich die Kommission, zunächst großflächige Muster am tatsächlichen Gebäude zu sehen, um die Farben einschätzen zu können.

Wie viel Einfluss hat die Kommission?

Offiziell trifft die Gestaltungskommission keine Entscheidungen. Da die Stadt aber auch die Baugenehmigung erteilt, haben die Unternehmen aber ein Interesse daran, ihren Wünschen auch nachzukommen, sagt der Kommissionsvorsitzende Wolfgang Lorch.

Bei Infineon wirft sich die Kommission dann auch in die Brust: Offenbar hat sich das Halbleiter-Unternehmen über eine frühere Vereinbarung zur Form des Gebäudes hinweggesetzt. Das letzte Segment des Baus ist nun niedriger als die anderen sieben. Dem Gestaltungsrat sei aber eine „Bastion“ versprochen worden, sagt ein Mitglied. „So ist das keine Chipfabrik für die Stadt Dresden“, findet ein anderer. Der Vertreter von Infineon sitzt mit verschränkten Armen und zusammengekniffenen Mund auf seinem Stuhl. „Wir bitten nochmal, deutlich zu prüfen, ob die vordere Ecke nicht der notwendige Abschluss für das Stadtbild ist“, sagt der Vorsitzende.

Wie geht es nun weiter?

2026 wird man sehen, wie viel Macht die Kommission wirklich hat. Infineon wird sich neben der Farbgebung wohl auch nochmal mit der Form des Gebäudes beschäftigen und die Ergebnisse im April zusammen mit der Farbgebung in einer weiteren Sitzung der Gestaltungskommission besprechen. Für das Flusswasserwerk steht noch nicht fest, wann das Aussehen der Fassade endgültig beschlossen wird. Das spiele derzeit für die Planung noch eine untergeordnete Rolle, teilte ein Unternehmenssprecher mit.