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So teuer sind die Reparaturen im Grünen Gewölbe

Nicht nur der Verlust ist hoch: Im Prozess um den Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe in Dresden spricht ein Fachmann zu den bisher entstandenen Reparaturkosten.

Von Alexander Schneider
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Die bei dem Einbruch beschädigte Vitrine im Juwelenzimmer im Historischen Grünen Gewölbe im Dresdner Schloss
Die bei dem Einbruch beschädigte Vitrine im Juwelenzimmer im Historischen Grünen Gewölbe im Dresdner Schloss © Archivbild: dpa/Sebastian Kahnert

Dresden. Der Einbruch ins Grüne Gewölbe Dresden hat allein für das Dresdner Museum Reparaturkosten in Höhe von mehr als 316.000 Euro nach sich gezogen. Das sagte ein Sachgebietsleiter des für das Residenzschloss zuständige Sächsischen Immobilien- und Baumanagements am Freitag im Prozess gegen die mutmaßlichen Täter vor dem Landgericht Dresden.

Der Zeuge bezifferte den Schaden des zerstörten Fensters auf 17.000 Euro, Reparaturarbeiten und Demontageleistungen von Spiegeln und anderen Einrichtungen in den Räumen auf 15.000 Euro. Den höchsten Betrag mit 256.000 Euro beläuft sich auf die Erneuerung aller vier Vitrinen unter anderem mit Sicherheitsglas. Bei dem Einbruch war zwar nur eine Vitrine zerstört worden. Planungs- und Objektleistungen schlügen danach mit 25.000 Euro zu Buche. Die Reparaturen seien noch nicht abgeschlossen, denn das Fenstergitter, das die Täter durchtrennt hatten, sei nach wie vor noch "ein Provisorium".

Die Arbeiten seien unter höchsten denkmalpflegerischen, kunsthistorischen und musealen Anforderungen erledigt worden. Die dafür eingesetzte Summe entspreche daher nicht der Schadenshöhe am Gebäude, die auf das Konto der Täter gehen. Es sei nicht möglich, den Zustand des Museums wie vor dem Einbruch wiederherzustellen, sagte der Zeuge. Die Anforderungen seien heute andere als bei der Sanierung Mitte der 2000er-Jahre.

Täter nutzten auch Fake-Handys

Darüber hinaus befasste sich das Landgericht am Freitag mit Auswertungen der Handys der sechs Angeklagten und weiterer Beschuldigter. So sollen die Täter mehrere sogenannte Fake-Handys genutzt haben, Geräte, die unter falschen oder unbekannten Personalien registriert worden waren. Ermittler berichteten, dass sich die Telefonate dieser Geräte auffallend deutlich mit den Zeiten korrespondieren, zu denen die verwendeten Fahrzeuge - ein Mercedes und ein Audi - bewegt wurden.

Sie sollen nach Überzeugung der Ermittler zwischen dem 18. und dem Tattag am 25. November 2019 mehrfach von Berlin nach Dresden gefahren sein. Aufnahmen von Überwachungskameras am Grünen Gewölbe zeigten die Täter auch telefonierend – und auch diese Zeiten passen zu den erhobenen Gesprächsdaten der mutmaßlichen Täter-Handys.

Ein Ermittler, der sich mit den Verbindungsdaten der Telefone befasst hatte, die von den Angeklagten und einem 22-jährigen Mitbeschuldigten genutzt worden sein sollen, musste seine Aussage abbrechen. Er hatte erst in den vergangenen Tagen weitere Erkenntnisse aus den Unterlagen herausgearbeitet und damit die Verteidiger überrascht. Sie forderten, dass sie sich auf solche Neuigkeiten vorbereiten können müssen, um den Zeugen befragen zu können.

Die Spur der anonymen Geräte führte die Ermittler der "Sonderkommission Epaulette" über eine Trinkhalle in Bochum, Nordrhein-Westfalen, zu einem Mobilfunk-Geschäft in Berlin-Neukölln. Dort, wie auch in Dutzenden weiteren Läden in der Nachbarschaft, sei ein schwunghafter Handel mit Sim-Karten festgestellt worden. Allein in dem betreffenden Laden seien monatlich 20.000 bis 50.000 Karten verkauft worden. Darunter wohl auch anonymisierte Handykarten. Die würden "unter dem Ladentisch" vertrieben. "Milchgesichter" wie er, so der Polizist, also Deutsche, könnten allerdings keine bekommen. Den Begriff "Milchgesichter" hatte ein arabischstämmiger Kunde des Geschäfts genutzt, von dem der Beamte sich den Laden hatte zeigen lassen.

Bei der Durchsuchung der Filiale hatten sich jedoch keine Unterlagen aus dem Tatzeitraum sicherstellen lassen. "Sie sind offenbar gewarnt worden", sagte der Kripobeamte. Um die gefakten Sim-Karten bei den Mobilfunk-Providern registrieren zu können seien offenbar im großen Stil Ausweisdaten, die etwa von Hotelgästen stammten, genutzt und teilweise abgeändert worden.

Ein Sachverständiger des Bundeskriminalamtes war von der Kammer mit einem Wertgutachten zu dem gestohlenen Schmuck beauftragt worden. Der Experte berichtete am Nachmittag, es sei aus einer Vielzahl von Gründen nicht möglich, den Wert der Beute zu beziffern. Es beginne schon damit, dass die verwendeten Materialien nicht bekannt seien. Das gelte auch für die Größe und Reinheit der gestohlenen Edelsteine, deren genaues Gewicht etwa. Auch eine Marktanalyse scheitere: "Für diese Steine gibt es keinen Markt, weil ich sie nicht kaufen kann", sagte der Gutachter. Er habe daher keine Zahl nennen können. Die hätte gut begründen und belegen müssen – "daran scheitert es schon". Die in der Anklage genannte Summe von rund 113 Millionen Euro für den Schmuck orientiert sich an dem Wert, zu dem die Steine versichert wurden, wenn sie für Ausstellungen an andere Einrichtungen ausgeliehen wurden.

Hunde-Ermittlungen werden nicht berücksichtigt

Vom Tisch ist offenbar die Verwertung von Ergebnissen der sogenannten Mantrailer-Hunde, die bei der Spurensuche am Tatort eingesetzt worden waren. Die Kammer sehe keinen Beweiswert dieser Tiere, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel am Freitag. Zwei Gutachter hatten Anfang Juni in dem Prozess ausgeschlossen, dass Geruchsspuren anderthalb Jahre halten und auch die speziell trainierten Hunde tatsächlich in und um das Museum fündig geworden sind.

Der Prozess gegen die sechs Männer wird am kommenden Freitag fortgesetzt. Den Angeklagten im Alter von 23 und 28 Jahren, die dem arabischstämmigen Berliner Remmo-Clan gehören, wird schwerer Bandendiebstahl, Brandstiftung und besonders schwere Brandstiftung vorgeworfen. Sie sollen am frühen Morgen des 25. November 2019 aus dem Historischen Grünen Gewölbe 21 Schmuckstücke mit insgesamt 4300 Diamanten und Brillanten gestohlen und Schäden in Höhe von über einer Million Euro hinterlassen haben.