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Erstes Urteil im Prozess ums Grüne Gewölbe ist rechtskräftig

Abdul-Majed Remmo hatte lange behauptet, mit dem Juwelenraub in Dresden nichts zu tun zu haben. Doch jetzt akzeptiert er seine Strafe überraschend.

Von Alexander Schneider
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Abdul-Majed Remmo - hier auf einem Archivbild - hat sein Urteil akzeptiert und die Revision zurückgenommen.
Abdul-Majed Remmo - hier auf einem Archivbild - hat sein Urteil akzeptiert und die Revision zurückgenommen. © Jürgen Lösel

Dresden. Ein halbes Jahr nach dem Ende des Prozesses um den Einbruch ins Grüne Gewölbe Dresden ist das erste Urteil rechtskräftig. Abdul-Majed Remmo hat sein Urteil akzeptiert und die Revision zurückgenommen. Das bestätigte Richter Andreas Feron, Sprecher des Landgerichts Dresden, nun auf Anfrage gegenüber Sächsische.de. Die Mitteilung sei am 1. November eingegangen.

Der heute 24-jährige Abdul-Majed Remmo aus Berlin hatte als Einziger bis zuletzt seine Beteiligung an dem Einbruchdiebstahl ins Dresdner Residenzschloss bestritten und behauptet, er habe die Nacht zum 25. November 2019 in Berlin verbracht. An jenem Morgen erbeuteten Abdul-Majed, sein Bruder Mohamed sowie weitere Verwandte, allesamt Angehörige der Remmo-Großfamilie, Juwelen- und Diamanten-Garnituren von unermesslichem Wert aus der Schatzkammer August des Starken. Allein der Versicherungswert der Steine bezifferte sich auf mehr als 114 Millionen Euro.

Anschließend rasten sie mit einem Fluchtauto zu einem Wohnkomplex in Dresden-Pieschen, wo sie ihr Fahrzeug in einer Tiefgarage in Brand gesteckt hatten. Dabei entstand ebenfalls ein Schaden in siebenstelliger Höhe. Es gelang ihnen zunächst, unerkannt zu entkommen.

Prozessbeginn im Januar 2022

Der Prozess gegen die sechs Angeklagten hatte im Januar 2022 vor einer Jugendkammer des Landgerichts Dresden begonnen, fast drei Jahre nach dem spektakulären Einbruch. Sämtliche Angeklagten hatten sich zunächst nicht zu den Vorwürfen geäußert, beziehungsweise die Taten bestritten. Das änderte sich allmählich, als es den Verteidigern nicht gelungen war, die Herkunft sichergestellter DNA-Spuren an der Schlossmauer und einem weiteren Fluchtfahrzeug zu entkräften.

Im Dezember 2022 gaben mehrere Angeklagte einen Großteil des Schmucks überraschend heraus. Es handelte sich um 18 von 21 Stücken, die zum Teil jedoch erheblich beschädigt worden waren. Mit der Herausgabe der Beute waren die Angeklagten ohne eine Zusicherung der Justiz, wie sie davon profitieren würden, "in Vorleistung" gegangen.

Hat das Urteil akzeptiert: Abdul Majed Remmo
Hat das Urteil akzeptiert: Abdul Majed Remmo © P.M. Hoffmann

Anfang 2023 traf das Gericht mit vier Angeklagten, ihren Verteidigern und der Staatsanwaltschaft eine Verfahrensabsprache, nach der die Männer schließlich zu recht milden Freiheitsstrafen von vier Jahren und vier Monaten bis zu sechs Jahren und drei Monaten verurteilt wurden. Drei der sechs Angeklagten kamen auf freien Fuß, auch das war Teil der Verständigung. Sie hatten bereits einen Großteil ihrer Strafe in Untersuchungshaft abgesessen und wollen sich zum Antritt des offenen Strafrests selbst melden, um so in den Genuss weiterer Hafterleichterungen zu kommen. Ein Angeklagter, Ahmed Remmo, wurde freigesprochen, er hatte ein Alibi für die Tat.

Dieser sogenannte Deal hatte sehr unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Während die einen entsetzt waren, dass die Justiz mit Kriminellen eine Absprache trifft und Täter am Tag der Verurteilung aus der U-Haft entlassen werden, waren die anderen erleichtert, dass es gelungen war, einen Großteil des Geschmeides zu retten. Verfahrensabsprachen seien seit vielen Jahren üblich und gesetzlich geregelt, hatte ein Sprecher des Landgerichts Dresden damals mitgeteilt, hinzu käme die Herausgabe der Beute.

Nur eine Beihilfe?

Abdul-Majed, er war zur Tatzeit wie sein Zwillingsbruder Heranwachsender, hatte sich nicht an dem Deal beteiligt. Er erhielt eine Jugendeinheitsstrafe von fünf Jahren. Der 24-Jährige hatte lange behauptet, mit dem Einbruch nichts zu tun zu haben, später lediglich gestanden, Beihilfehandlungen wie die Beschaffung von Tatwerkzeugen wie den Äxten geleistet zu haben. Das jedoch hatten ihm weder die Staatsanwaltschaft noch die Richter abgenommen.

In zahlreichen Verhandlungstagen hatte sich das Gericht fast ausschließlich mit dem jungen Remmo befasst, weil er in der U-Haft im Dresdner Gefängnis mit seiner Beteiligung an dem Einbruch in die Dresdner Schatzkammer geprahlt haben soll, was manche Mitgefangene als Zeugen bestätigten.

Schlagzeilen machte Abdul-Majed Remmo darüber hinaus, weil er auch an einem Raubüberfall am 4. August 2020 auf eine Bankfiliale in der Berliner Innenstadt, bei dem auch Wachmänner durch Schusswaffen verletzt worden waren, beteiligt gewesen sein soll. Dafür wurde der 24-Jährige Anfang 2023 vor dem Landgericht Berlin angeklagt. Die dort zuständige Jugendkammer hat das Verfahren noch im Frühjahr eröffnet, geht also von einem dringenden Tatverdacht aus.

Neues Verfahren in Berlin: bewaffneter Banküberfall

Unklar ist, ob es einen Zusammenhang zwischen der aktuellen Revisionsrücknahme in Sachen Diamanten und dem offenen Verfahren in Berlin gibt. Inga Wahlen, Sprecherin des Landgerichts Berlin, sagte gegenüber Sächsische.de, es gebe grundsätzlich die Möglichkeit, ein solches Verfahren im Hinblick auf die Verurteilung in einem anderen Verfahren einzustellen. Dazu benötige es neben dem Willen der Kammer zwingend die Zustimmung der Ankläger: "Ohne Staatsanwaltschaft geht da nichts!" Im vorliegenden Fall sei eine derartige Absprache nicht erkennbar. "Es ist alles noch sehr frisch", sagte Wahlen.

Nach der Rechtskraft seines Urteils wird Abdul-Majed nun vom Dresdner Gefängnis nach Berlin verlegt und ist kein Untersuchungsgefangener, sondern Strafgefangener.

Der einschlägig vorbestrafte Wissam Remmo, er hatte mit sechs Jahren und drei Monaten Haft für den Einbruch ins Grüne Gewölbe die höchste Strafe erhalten, ist ein Beispiel für eine solche Verfahrenseinstellung. Der 26-Jährige war im März 2020 für den Diebstahl einer zwei Zentner schweren Goldmünze aus dem Bode-Museum Berlin zu einer Jugendstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt worden. Er hatte in dieser Sache seine Revision erst zurückgenommen, als die Justiz in Bayern ein weiteres Berufungsverfahren gegen ihn eingestellt hatte.

Wissam Remmo soll aus einer Firma in Erlangen Hydraulik-Rettungsscheren gestohlen haben und hatte dafür am dortigen Amtsgericht zunächst zweieinhalb Jahre Haft erhalten. Das Landgericht Nürnberg hatte die Einstellung mit einer schwierigen Beweislage begründet.