Verkehrsforscher zum Blauen Wunder: "Ein Recht auf flüssigen Autoverkehr gibt es nicht"
Dresden. Am Sonntag endet der Verkehrsversuch auf dem Blauen Wunder, vorzeitig. Die neuen Radwege vor, auf und hinter dem Blauen Wunder hatten von Anfang an zu Staus geführt, Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) brach den Versuch daraufhin ab. Sächische.de hat mit Markus Egermann vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden gesprochen. Dort leitet er den Forschungsbereich Transformative Kapazitäten und beschäftigt sich mit dem Wandel von Städten. Was er von dem abgebrochenen Radwege-Test hält und wie er andere Lösungen - etwa eine Verbreiterung des Blauen Wunders - bewertet.
Herr Egermann, wozu brauchen wir in Dresden einen Verkehrsversuch, bei dem schon vor Beginn klar war, dass lange Staus entstehen werden?
Weil wir eine Konkurrenz zwischen den Verkehrsteilnehmern Fußgänger, Radfahrer, ÖPNV-Nutzer und motorisiertem Individualverkehr haben, aber nur eine begrenzte Menge an Raum. Trotzdem wollen wir, dass sich darin alle sicher bewegen können. Für den Radverkehr ist das aber nicht der Fall, weshalb der Stadtrat bereits 2001 den damaligen Oberbürgermeister per einstimmigen Beschluss beauftragt hat, auf dem Blauen Wunder eine "verkehrssichere Radwegführung" zu entwickeln. Seither ist der Radverkehrsanteil gestiegen, dem Stadtratsbeschluss sind aber lange keine Taten gefolgt.
Dass die Stadtverwaltung jetzt einen Verkehrsversuch gestartet hat, ist positiv zu bewerten. Sie hätte die jetzige Situation mit dem mittigen Radweg auch einfach als ab jetzt geltende Änderung festlegen können. Stattdessen hat sie den Weg des Verkehrsversuches gewählt; wohl wissend, dass es auf dem Blauen Wunder nicht einfach ist, einen Kompromiss für alle Verkehrsteilnehmer zu finden.
Nun wird der rund 70.000 Euro teure Versuch aber nach drei Wochen abgebrochen. War es wirklich nötig, so viele Menschen zu spät kommen zu lassen und Zeit im Stau zu vergeuden? Hätten da Simulationen nicht ausgereicht?