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Studie: Älteren Menschen geht es in Dresden nur mäßig gut

Forscher der TU haben untersucht, wie Menschen ab 60 in Dresden zurecht kommen. Jeder Dritte zeigt Anzeichen erhöhter Depressivität.

Von Christoph Pengel
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Mehr als 2000 Menschen aus Dresden haben sich an einer Studie beteiligt.
Mehr als 2000 Menschen aus Dresden haben sich an einer Studie beteiligt. © Frank Rumpenhorst / dpa (Symbolbild)

Dresden. Wie geht es älteren Menschen in Dresden? Diese Fragen haben sich Wissenschaftler der TU und Mitarbeiter der Stadtverwaltung gestellt. Immerhin ist jeder vierte Dresdner 60 Jahre oder älter. Und der Anteil der Senioren wird in den nächsten Jahren noch wachsen. "Bis vor Kurzem wussten wir nicht, in welcher Lebenssituation sich diese Bürger befinden", sagt die Beigeordnete für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen, Kristin Kaufmann (Linke). Deshalb startete im Februar 2021 eine Studie, am heutigen Mittwoch wurden die Ergebnisse vorgestellt.

Von den 6.000 Dresdnern, die per Post einen Fragebogen erhielten, haben sich 2.399 beteiligt. Man könne von einer repräsentativen Studie ausgehen, hieß es. Die Forscher wollten wissen, wie Menschen ab 60 in den Bereichen Bildung, Gesellschaft, Gesundheit und Wohnen zurechtkommen. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

Wohlbefinden ist in Stadtteilen unterschiedlich ausgeprägt

Das Wohlbefinden der Dresdner Senioren ist laut Studie niedrig. Etwa ein Drittel zeigte Anzeichen von erhöhter Depressivität. Dabei legten die Forscher Normen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zugrunde. Frauen und Menschen aus unteren Sozialschichten sind demnach stärker betroffen. Aber auch von Stadtteil zu Stadtteil gibt es deutliche Unterschiede. Während in der Altstadt 42 Prozent der Teilnehmer als erhöht depressiv gelten, sind es in Klotzsche 27 Prozent.

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Je mehr soziale Kontakte die Teilnehmer nennen, desto höher sind ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden. Eine deutliche Mehrheit gibt an, dass sie sich nicht einsam fühlt. 80 Prozent der Teilnehmer empfinden es zudem als wichtigen Teil ihrer Identität, sich als Bürger der Stadt Dresden zu bezeichnen. Eine Tatsachse, die nach Ansicht der Forscher nicht unterschätzt werden sollte. "Das ist ein Schutzfaktor für die Gesundheit", sagt Dr. Jürgen Wegge, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie am Centrum für Demografie und Diversität.

Fast alle Senioren klagen über Barrieren beim Wohnen

94 Prozent der Teilnehmer leben in Wohnungen und Häusern mit erheblichen Barrieren. Manchmal erschweren zu viele Treppenstufen den Zugang. Mitunter fehlen Lifte und Beleuchtung, aber auch Kleinigkeiten wie ein zweiter Handlauf im Treppenhaus. Jeder Zehnte ab 60 will umziehen. "Das hat uns nicht überrascht", sagt Gesine Marquardt, Professorin für Sozial- und Gesundheitsbauten. In anderen Städten sei die Lage ähnlich. Vermieter müssten umdenken und nachrüsten. "Das ist eine gute Investition in die Zukunft", sagt Marquardt. Nicht nur wegen der Senioren. Auch Familien mit Kinderwagen würden davon profitieren.

Viele Senioren sind übergewichtig

Eine Mehrheit von 60 Prozent leidet unter Übergewicht. Und auch sonst ist es um die körperliche Gesundheit der Senioren nicht sonderlich gut bestellt. Mehr als 90 Prozent haben mindestens eine chronische Erkrankung. Männer sind öfter von Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Diabetes betroffen, Frauen eher von Depressionen.

Stadt spricht von Konsequenzen

Die Stadt will laut Kaufmann Konsequenzen aus der Studie ziehen. Telefon- und Beratungsangebote könnten ausgebaut, Selbsthilfegruppen gestärkt werden. "Wir müssen beraten, aufklären, sensibilisieren", sagt sie. Konkreter äußert sich Kaufmann am Mittwoch nicht. Stattdessen sagt sie Sätze wie: "Es gilt, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen." Oder: "Wir müssen sichere Umfelder schaffen." Die Untersuchung sei "ein erster Schritt auf einem sehr langen Weg", so Kaufmann.