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Lange Anklage, schnelles Urteil

Ein 41-jähriger arbeitsloser Maurer aus Dresden hängt seit 20 Jahren am Crystal. Nun wurde er wieder ins Gefängnis geschickt.

Von Alexander Schneider
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Crystal Meth ist eine der meistkonsumiertesten Drogen in Sachsen - und wird meist über die tschechisch-deutsche Grenze geschmuggelt.
Crystal Meth ist eine der meistkonsumiertesten Drogen in Sachsen - und wird meist über die tschechisch-deutsche Grenze geschmuggelt. © David-Wolfgang Ebener/dpa

Dresden. Jetzt soll alles anders werden, sagt Verteidiger René Zebisch. Sein Mandant, Stefan K. aus Dresden, 41 Jahre alt und Junkie, hofft auf „Therapie statt Strafe“. Es war offenbar das erste Mal, dass der arbeitslose Maurer über den Ausstieg aus der Spirale von Drogenrausch und Beschaffungskriminalität nachgedacht hat. 

Jedenfalls spielten Therapien bei der Erörterung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten keine Rolle. Der Mann hat rund 20 Einträge in seinem Vorstrafenregister, der erste stammt aus dem Jahr 1995. Immer wieder saß er auch in Haft, schon als Heranwachsender.

Zuletzt kam er im Sommer 2018 wieder auf freien Fuß – und wieder dauerte es nicht lange, bis K. Straftaten beging. Mitte Oktober brach er in die beiden Schlossfähren ein, die Pendler und Touristen zwischen Laubegast und Pillnitz übersetzen. 

Dort knackte er die Türen zu den Steuerständen auf, um nach Wertsachen zu suchen. Viel erbeutete er nicht. In der Personenfähre fand er acht Rollen Papier für Fahrkarten, die er mitnahm. Schaden: 21,36 Euro. Ob er das Papier zu Geld machen konnte, ist unklar. Weit höher jedoch ist mit einigen Hundert Euro jeweils der von Stefan K. verursachte Sachschaden.

Seit Juni 2020 wohnt K. wieder auf Staatskosten am Hammerweg. In seinem Prozess am Amtsgericht Dresden hat Oberstaatsanwalt Andreas Günthel drei Anklagen gegen den 41-Jährigen verlesen mit mehr als 20 Tatvorwürfen. 

Zu den gesammelten Werken von zwei Jahren Freiheit zählen jedoch noch zwei Geldstrafen und ein nicht rechtskräftiges Urteil von zweimal vier Monaten Haft vom Sommer. Keine Frage, der Mann ist fleißig.

Neben den Elbefähren brach K. auch in eine Bäckereifiliale und eine Parkettfirma ein, wo er wieder einen ordentlichen Sachschaden verursachte. Außerdem wurde er mit einer gefälschten Monatskarte in einer S-Bahn erwischt – doch weit häufiger war der Angeklagte in seinem silberfarbenen Audi A4 unterwegs, den er regelmäßig mit frisch gestohlenen Nummernschildern bestückt hatte. Neben den Diebstählen waren das nicht nur Verstöße gegen das Haftpflichtversicherungsgesetz – der 41-Jährige hat auch nie eine Fahrerlaubnis besessen.

„Verdammt gut weggekommen“

Verteidiger Zebisch erklärte zum Auftakt, sein Mandant werde alle Vorwürfe einräumen. Er sei an einem Gesamtpaket interessiert und werden daher auch die Verurteilung vom Juni akzeptieren, also die Berufung zurücknehmen. Wichtiger sei eine Therapie. 

Das hörte Strafrichter Roland Wirlitsch gerne. Punkt für Punkt nickte Stefan K. jeden einzelnen Tatvorwurf ab. An Details erinnerte er sich aber nur selten, was bei Menschen nach einem langjährigen Konsum harter Drogen nicht ungewöhnlich ist. Man ahnt daher jedoch auch: Was Polizei und Staatsanwaltschaft zusammengetragen hatten, war nur die Spitze eines Eisbergs.

Richter Wirlitsch verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, wünschte K. alles Gute, hoffte, dass er es mit der Therapie ernst meint, und sagte: „Sie sind heute verdammt gut weggekommen.“

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