Dresden. Am Ende des Gesprächs sagt Enna Miau, bevor sie ihr markantes, herzliches Lachen lacht, das so vielen ihrer Sätze folgt: "Und wie willst du das jetzt alles in einen Artikel packen?" Die Frage ist so kokett wie berechtigt, denn eigentlich ist die Geschichte der 37-Jährigen die von vier Frauen: einer Vollblutmusikerin, einer erfolgreichen Kinderbuchautorin, einer Veranstalterin und einer Mutter von zwei kleinen Kindern.

Nur, dass die Wahldresdnerin diese vier Personen in einer ist und dabei kein bisschen müde wirkt. Ihr Geheimnis? "Ich bin einfach eine 'Selfmadewoman'", erklärt sie im "Drinnen & Draußen", dem kleinen, hellen Veranstaltungsraum direkt am Neustädter Alaunpark, der ihr jüngstes Baby ist. "Wenn ich etwas beschließe, dann schaue ich einfach, ob es geht."

Fans von handgemachter lokaler Musik dürften Enna Miau, die ursprünglich aus Freiberg kommt, als stimmgewaltige Frontfrau der Dresdner Indierockband "Say Meow" kennen, sechs, sieben Jahre lang ein Geheimtipp in der Szene, bevor sich die Band wegen der voranschreitenden Familiengründung ihrer Mitglieder 2018 nach einer Abschiedstour auflöste. Enna war da hochschwanger mit ihrem Sohn, ihre Tochter geht heute in die 1. Klasse.

Von Kellerkonzerten auf die große Stadtfestbühne

Lachend ahmt sie die Blicke des Publikums nach, als es erst in dem Moment, da die Musikerin nach dem Ende einer Show die E-Gitarre vom Bauch nimmt, merkt, dass da eine werdende - und zwar schon bald werdende - Mutter auf der Bühne steht. "Beide Kinder wurden auf jeden Fall gut durchgerockt", sagt sie. Und die sind mit ein Grund, dass die Sängerin inzwischen ihre Lieder auf Deutsch schreibt, was für sie selbst eine Überraschung war. "Aber umso schöner für die Kinder, denn die müssen jetzt keine Fantasiesprache mehr dazu singen."

"Du bist schön", "Schachmatt Baby" oder "Sommerträume" heißen die Lieder auf ihrem ersten Soloalbum "Liebesbrief", das pünktlich zur Pandemie erschien. Mit der Sprache wechselte Enna auch das Genre: vom Indierock zu Deutschpop, Bossa Nova und Chanson. Aus Konzerten in Kellern oder bei der BRN wurden Auftritte - zusammen mit ihrem Mann Ludwig Schmutzler an der Gitarre - bei privaten Garten- oder Weinfesten. "Das ist dem Alter angemessen okay, finde ich", sagt die Musikerin und lacht.

Nur manchmal fehlt ihr doch die E-Gitarre um den Bauch, oder ein richtiges Schlagzeug im Rücken. Aber dann denkt sie an den Auftritt beim Stadtfest zurück, auf der großen Bühne mit Blick auf das Schloss. "Ach, doch. Ist schon okay so." Augenzwinkern.

Dann ist da ja noch die Sache mit den Kinderbüchern, die immer mehr Raum einnimmt, geboren aus einer unschuldigen Frage des Nachwuchses: "Mama, gibt es eigentlich Winterbienen?" Die überfragte Mutter googelt - und staunt. Winterbienen schlüpfen im Herbst und haben ein viel längeres Leben als Sommerbienen (mehrere Monate statt weniger Tage), außerdem können sie ihre Flügel "ausklinken" und durch dauerndes Schlagen damit für wohlige 30 Grad im Bienenstock sorgen. "Ich hab das alles gelesen und gedacht: Was weiß ich noch alles nicht?", sagt Enna Miau.

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Und weil sie so oft den Kopf schüttelt über viele Kinderbücher, die man als Mutter geschenkt bekommt - vor allem, wenn sie in Reimen geschrieben sind -, versucht sie sich einfach an einem eigenen. "Die kleine Winterbiene" wird ihr "drittes Baby", wunderschön illustriert von der Leipziger Künstlerin Anemone Kloos. "Ich habe erst überlegt, ob ich selbst zeichne, aber schnell festgestellt: Dann verkauft sich das Buch auf keinen Fall", sagt Enna lachend.

"Innerhalb kürzester Zeit haben wir fast jeden zweiten Tag ein Buch rausgeschickt"

Dafür macht sie alles andere selbst, inklusive Vermarktung und Verkauf. Dabei gab es auch Interesse von Buchverlagen, aber als die Autorin beim Treffen den Deal erfährt, ist sie empört: "Ich hätte an meinem Buch nur fünf bis sieben Prozent verdient und dachte: Wie teuer muss mein Buch dann sein, dass ich überhaupt etwas dafür bekomme?" Sie hat bereits die Illustratorin bezahlt, macht längst erfolgreich Werbung über Social Media und weiß auch, dass zum Beispiel Kindergärten großes Interesse an der Geschichte haben - also gibt sie sie einfach selbst heraus.

"Innerhalb kürzester Zeit haben wir fast jeden zweiten Tag ein Buch rausgeschickt", erzählt Enna. Von einem Verlag hatte sie beim Treffen gehört: Wenn du in einem Jahr nicht 1.000 Bücher verkaufst, bist du ein Flop. "Joah", sagt die Autorin zufrieden lächelnd. "Das hab ich geschafft."

Mit dem Erfolg der Winterbiene kommen Anfragen nach einer "Frühlingsbiene". Enna recherchiert wieder - und schreibt letztlich noch drei andere Bienenbücher, eines für jede noch fehlende Jahreszeit, immer voller Sachinfos zur Natur im Anhang, mal über Pilze, mal Frühblüher oder Tiere am See. Manche Kindergärten nutzen die Bücher heute für ihr Jahresprogramm, unterstützt von einer gehäkelten Stoffbiene, deren Entstehung eigentlich schon eine eigene Geschichte wert ist.

"Das geht auf die Nadel und dann hüpft die Biene wieder runter"

"Eines Tages hatte ich einfach eine solche Biene im Briefkasten", erzählt Enna Miau. Eine Frau hatte sie ihr gehäkelt, weil ihr das Buch so gefallen hatte. Enna nimmt die Biene fortan mit zu Lesungen in Kindergärten und bekommt danach viele Anfragen nach dem Plüschtier. Doch die Bienen-Schöpferin hat keine Zeit, weitere zu häkeln, lässt sich aber zu einer Anleitung breitschlagen. In "Häkelomaclubs", wie Enna sagt, sucht sie nun nach jemandem, der weitere Bienchen machen kann. Nur hört sie oft: zu schwierig.

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Auf Instagram entdeckt sie schließlich das Foto einer Häkelbiene, die nach der Anleitung der Ur-Biene entstanden ist, und ist begeistert: "Die war noch niedlicher!" Und ihre Schöpferin lässt sich gegen Bezahlung zu 20 weiteren Bienen überreden. "Sie hat gesagt, ich häkel eh jeden Tag beim Fernsehgucken, das geht auf die Nadel und dann hüpft die Biene wieder runter." "Millie" gibt es nun für 30 Euro auch in 3D - zum Beispiel direkt im "Drinnen & Draußen".

Den Veranstaltungsraum an der Kamenzer Straße, im Erdgeschoss des Hauses, in dem das Paar selbst lebt, haben Enna Miau und Ludwig Schmutzler erst 2022 eröffnet, nachdem sie die Hausbesitzerin überredet hatten, ihn renovieren und dafür günstiger mieten zu dürfen. Heute wird er genutzt für private Veranstaltungen wie Geburtstage und Verlobungsfeiern, aber auch für Lesungen, kleine Konzerte und als gelegentlich sowie auf Anfrage geöffnete Galerie. Vernissagen, Finissagen, Werbung und das alle paar Monate wieder von vorn - das war Enna Miau dann neben ihren vier anderen Personas doch etwas zu viel: "Galeristin werde ich nicht."