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Geflüchtete in Dresden: Das lange Warten auf Sprachkurse und Schulplätze

Rund 2.200 Menschen erwartet Dresden in diesem Jahr. Doch den Behörden gelingt es bislang nicht, allen Kindern Unterricht zu ermöglichen und für ausreichend Deutschkurse zu sorgen.

Von Julia Vollmer
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Die Container-Unterkunft am Sachsenplatz wurde Mitte Januar bezogen.
Die Container-Unterkunft am Sachsenplatz wurde Mitte Januar bezogen. © René Meinig

Dresden. Vor über zwei Jahren begann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Hunderttausende Menschen mussten seitdem fliehen vor den Bomben und der Zerstörung ihrer Heimat. Auch aus Syrien, Afghanistan oder Venezuela fliehen Frauen, Kinder und Männer nach Deutschland und auch nach Dresden. Im vergangenen Jahr nahm Dresden rund 2.000 Geflüchtete neu auf. In diesem Jahr sind es laut Sozialamt bisher 337 Personen. Erwartet werden in Summe in 2024 rund 2.200 Menschen.

Doch es geht nicht nur darum, die Menschen unterzubringen, sondern auch darum, sie gut zu integrieren - in die Schulen, aber auch ins Arbeitsleben und mithilfe von Deutschkursen. Doch dabei gibt es Probleme.

Wie viele Menschen leben in Container-Unterkünften in Dresden?

Anfang Januar wurden nach langen Debatten im Stadtrat weitere Container-Unterkünfte bezogen. Diese sind nach Angaben der Stadt fast komplett belegt, bis auf die Standorte Windmühlenstraße und Geystraße. Dort sind noch rund 140 Plätze frei.

Der Standort in Sporbitz war bereits 2023 bezogen worden. Dort leben aktuell 45 Männer. Am Familienstandort an der Geystraße sind 34 Kinder, 48 Frauen und 24 Männer und am Familienstandort an der Windmühlenstraße 27 Kindern, 21 Frauen und zehn Männer untergebracht. Die übrigen Standorte sind ausschließlich mit Männern belegt.

Um mehr Plätze zu schaffen, sucht die Stadt händeringend nach weitere Möglichkeiten, um die Geflüchteten unterzubringen. Der Stadtrat beschloss nun, dass eine ehemalige Schule an der Alexander-Herzen-Straße in Klotzsche zu einer Unterkunft werden soll. "Aller Voraussicht nach ist aus aktueller Perspektive und Planung mit einer Belegung zum Ende des Jahres zu rechnen", so die Stadt auf Anfrage.

Vorausgegangen waren mehrere mutmaßlich rassistische Angriffe auf die geplante Unterkunft. Die Polizei fuhr dort zuletzt vermehrt Streife. Ein großes Problem ist der angespannte Wohnungsmarkt in Dresden. Geflüchtete, die schon längst in Wohnungen leben könnten, müssen mitunter länger in den Unterkünften der Stadt bleiben, weil sie keine Wohnung finden.

Können alle Geflüchteten in Dresden einen Sprachkurs besuchen?

Wichtig für die Integration der geflüchteten Menschen in Dresden ist das Erlernen der deutschen Sprache. Doch genau hier hakt es. Sozialarbeiter hatten zuletzt immer wieder darauf hingewiesen, dass die Wartezeit auf einen Deutschkurs sehr lang ist. Auch das Sozialamt muss das auf Anfrage einräumen. "Aus Rückmeldungen der Träger sozialer Betreuung ist bekannt, dass bis zur Aufnahme eines Integrationskurses oft längere Wartezeiten überbrückt werden müssen", heißt es. Konkrete Statistiken, wie viele Menschen das betrifft und wie lange sie mitunter auf einen Deutschkurs warten, würden aber nicht geführt. "Die Integrationskurse werden in der Zuständigkeit des BAMF organisiert", so die Stadt.

Wie reagieren Ausländer- und Flüchtlingsrat?

Sowohl der Ausländerrat als auch der Flüchtlingsrat betonen, wie entscheidend diese Kurse sind. "Um in der Gesellschaft schnell anzukommen, ist Sprache unerlässlich. Das fängt beim Thema Gesundheit an, geht weiter bei wichtigen Behördengängen und der Wohnungssuche und hört bei der Integration in den Arbeitsmarkt noch lange nicht auf", betont Christian Schäfer-Hock, Geschäftsführer des Ausländerrates.

Osman Oğuz vom Flüchtlingsrat sieht das ähnlich. "Wir haben die neuen Container bereits besichtigt und mussten feststellen, dass es den Menschen dort an vielem fehlt. Wenn dann auch noch, wie in vielen Fällen, der Zugang zu externen Angeboten nicht möglich ist, haben die Menschen praktisch gar keine Möglichkeit, sich in die Gesellschaft einzubinden. Das halten wir auf vielen Ebenen für menschenunwürdig und fatal."

Können alle Kinder in Dresden eine Schule besuchen?

Nach wie vor gibt es massive Probleme, allen geflüchteten Kindern einen Schulplatz zu vermitteln. "Aus Rückmeldungen der Träger der sozialen Betreuung ist bekannt, dass nicht allen Kindern zeitnah ein Schulplatz zur Verfügung gestellt werden kann", so die Stadt. Wenn Familien in die Unterkünfte ziehen, werde geklärt, ob und wie viele Kinder einen Schulplatz brauchen und diese dann beim Landesamt für Schule und Bildung (Lasub) angemeldet. Dieses vermittelt an die Schulen.

Lasub-Sprecher Clemens Arndt teilt auf Sächsische.de-Anfrage mit, dass aktuell 220 Schülerinnen und Schüler, die "nicht oder nicht ausschließlich Deutsch sprechen", in Dresden keinen Schulplatz haben. "Wie viele Kinder und Jugendliche davon geflüchtet sind, wird bei uns nicht erfasst." Die Schulpflicht gilt, sobald die Familien einen Aufenthaltstitel haben.

Warum haben so viele Kinder keinen Schulplatz?

Auf die Frage, warum es den Behörden nicht gelingt, allen Kindern und Jugendlichen einen Schulplatz zu vermitteln, sagt Arndt: "Aufgrund des starken Zuzugs nach Dresden sind die räumlichen und personellen Kapazitäten erschöpft." An diesem Montag beginnt das zweite Schulhalbjahr, hier wechseln einige Kinder in eine Regelklasse in den Schulen. "Dadurch frei werdende Schulplätze werden dann sofort wieder vergeben", so Arndt.

Ausländerrat-Chef Schäfer-Hock mahnt die Behörden zur Eile. "Wir weisen alle zuständigen Ämter immer wieder darauf hin, dass die fehlenden Schulplätze ein enormes Problem sind." Alle Kinder hätten ein Recht auf einen Schulplatz. "Früher oder später werden Eltern das auch einklagen. Anfragen dazu erreichen uns schon länger", sagt er. Die Eltern sorgen sich um die entstehenden Bildungslücken ihrer Kinder. Außerdem bräuchten sie unbedingt einen geregelten Tagesablauf und geschützte Bildungsräume.