SZ + Dresden
Merken

Unterricht fällt aus: Hunderte Lehrer fehlen in Dresden

Immer öfter fallen Unterrichtsstunden in Dresdner Klassenzimmern aus. Der Grund: Der Stadt gehen die Lehrer aus. Stellen bleiben unbesetzt, Kollegen fallen aus. Darunter leidet vor allem die Bildung der Kinder.

Von Julia Vollmer
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Immer öfter fällt an den Schulen in Dresden der Unterricht aus. Wenn Lehrer fehlen, leidet vor allem die Bildung der Kinder.
Immer öfter fällt an den Schulen in Dresden der Unterricht aus. Wenn Lehrer fehlen, leidet vor allem die Bildung der Kinder. © Symbolfoto: SZ/Uwe Soeder

Dresden. Heute zwei Stunden Deutsch-Ausfall, morgen kein Mathe-Unterricht und am Freitag wieder keine Biologie-Stunde. Und das zum fünften Mal in Folge. So oder so ähnlich sieht es seit Jahren für viele Dresdner Schüler aus. Vor allem an den Gymnasien und den Oberschulen fehlen Lehrer.

Wenn dann noch Kollegen aufgrund von Krankheit ausfallen, ist das Chaos oft groß und der Vertretungsplan wird länger und länger. Doch wie viele Lehrer fehlen? Und wie viel Unterricht fällt an Dresdens Schulen aus? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema im Überblick.

Wie viel Unterricht fällt in Dresden aus?

Das Landesamt für Bildung (Lasub) ist nicht in der Lage, genaue Zahlen dazu zu nennen. Weder für einzelne Monate noch seit Jahresbeginn 2023. Das werde "mit der zentralen halbjährlichen Veröffentlichung bekannt gegeben", heißt es von Landesamt-Sprecherin Petra Nikolov.

Im Februar sagte das Landesamt: "Der Ausfall liegt bei etwa zehn Prozent über alle Schularten, wie es zahlreiche Berichte aus den Schulen schlussfolgern lassen. Man muss daher leider von erhöhten Werten sprechen."

Wie viele Lehrer fehlen in Dresden?

An den Dresdner Schulen fehlen hunderte Lehrer, räumt das Lasub ein. An den Grundschulen sind rund 55 Stellen unbesetzt, an den Förderschulen ebenfalls 55. An den Gymnasien der Stadt fehlen 48 Lehrer und an den Oberschule 53. Förderschulen bräuchten 13 Lehrkräfte mehr.

Zu Beginn des Schuljahres wurden neue Lehrer eingestellt, doch die können die fehlenden Stellen nicht kompensieren. Neu eingestellt wurden an den Grundschulen in Dresden 45 Lehrer und plus 29 aus dem Programm "Unterrichtsversorgung". In dem Programm können beispielsweise Lehrer in Rente, Akademiker ohne Lehramtsstudium oder Lehramtsstudenten mit absolvierten Blockpraktikum eingestellt werden.

An den Förderschulen wurden 17 neue Kräfte eingestellt, an den Oberschulen 52 und an Gymnasien 115 Lehrer. Nach den Winterferien hatte der Freistaat sachsenweit 817 Lehrern neu eingestellt. Geplant war die Einstellung von bis zu 1.100 Lehrkräften. Die Einstellungsverfahren zu den offenen Stellen laufen weiter.

"Auch wenn wir im Vergleich zum letzten Schulhalbjahr knapp 100 Personen mehr einstellen konnten, hätte ich mir zur Entlastung unserer Schulen mehr neue Lehrkräfte gewünscht. Es fehlt hier nicht an Geld und Stellen, sondern an Köpfen", so Kultusminister Christian Piwarz (CDU) damals.

Um die Lücken zu schließen, sollen die Hürden für Seiteneinsteiger gesenkt werden. So können zum neuen Schuljahr 2023/2024 auch Absolventen von Fachhochschulen ohne Fachzuordnung als Lehrer arbeiten. Außerdem ist geplant, Seiteneinsteiger an den Gymnasien in allen Fächern einstellen zu können. Bisher war das nur für den MINT-Bereich vorgesehen. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Auch das Anerkennungsverfahren für Lehrkräfte aus dem Ausland soll beschleunigt werden.

Was beobachten die Eltern?

Kreiselternratsvorsitzender Achim Horeni beschreibt den Unterrichtsausfall momentan als moderat. "An der Schule, die ich vertrete, lag die Ausfallquote bei sieben Prozent im April. Das ist nicht schön, liegt aber ungefähr im Mittel." Sie bemerke, dass die Erkältungs- und Grippezeit überstanden ist und die Schulen sich im Lehrermangel eingerichtet hätten.

Die Ausfälle, die es gibt, würden dabei besonders jene Kinder und Jugendliche treffen, die im besonderen Maß von regelmäßigem Lernen profitieren würden. "An Förderschulen ist der Lehrermangel besonders drastisch, aber auch zahlreiche Oberschulen haben Probleme", sorgte sich Horeni immer wieder.

Was wünschen sich die Lehrer?

Ganz anders als Horeni bewertet die Lehrer-Gewerkschaft GEW die Lage. „Wir hören von unseren Kolleginnen und Kollegen aus allen Schularten, dass es aufgrund des Lehrerkräftemangels viel Unterrichtsausfall an Dresdner Schulen und Umgebung gibt", so Robert Michel vom GEW-Kreisvorstand Dresden.

Viele würden berichten, dass sie sich ernsthaft Sorgen um die Bildungschancen ihrer Schüler machen und daher durch die Übernahme von Vertretungen aushelfen. "Damit einher gehen häufig hohe persönliche Mehrbelastungen, die wir uns eigentlich nicht leisten können, um nicht auch noch die verbliebenen Lehrkräfte zu verlieren", so Susann Hoppe von der Bildungsgewerkschaft GEW in Dresden.

Besonders um die Ober- und Förderschulen machen sich die beiden Lehrer-Vertreter "ernsthaft Sorgen, da dort der Lehrkräftemangel und dementsprechend der Unterrichtsausfall am größten ist". Schon jetzt würden die meisten Lehrer über ihrer Belastungsgrenze arbeiten und seien damit einem hohen gesundheitlichen Risiko ausgesetzt.

"Wenn man jetzt noch bedenkt, dass die Ausfallstatistik den tatsächlichen Unterrichtsausfall nicht vollständig abbilde, dann wird deutlich, warum unsere Kollegen dringend Entlastung benötigen", so Michel vom GEW-Kreisvorstand Dresden.