Petition: "Wir erwarten, dass der OB Haltung zeigt"

Dresden. Fast 5.000 Dresdner haben bei einer Petition der Initiative Seebrücke dafür unterzeichnet, dass die Stadt zum sogenannten sicheren Hafen für Geflüchtete wird. Bei der Idee der "sicheren Häfen" geht es um Unterstützung für die Seenotretter von Mission Lifeline und die Bereitschaft, mehr geflüchtete Menschen aufzunehmen, als es der Königsteiner Schlüssel vorschreibt. Dieser Schlüssel regelt, wie viele Geflüchtete die Städte und Gemeinden in Deutschland aufnehmen.
Die Petition sollte schon mehrfach im Stadtrat beraten werden, flog aber pandemiebedingt immer wieder von der Tagesordnung. Nun soll sie am 27. Januar im Rat behandelt werden. Jetzt gibt es einen neuen Antrag von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) dazu.
Wie lautet der Vorschlag vom Oberbürgermeister?
Immer wieder sorgt die Aufnahme von und der Umgang mit Geflüchteten für Debatte im Dresdner Stadtrat. Teils kommen aus dem rechten Lager unterirdische Argumente. Dem wolle, so schreibt Hilbert an die Stadträte, er jetzt mit einem Ersetzungsantrag vorbeugen und einen Vorschlag machen.
"In der Vergangenheit gab es zu diesem Thema bereits sehr kontroverse Debatten, die aber wohl kaum als zielführend bezeichnet werden können. Nach den Beratungen im Ältestenrat ist anzunehmen, dass eine Kopie der Diskussion vom November 2020 droht", so Hilbert. Er glaube, dass es angesichts der Ernsthaftigkeit des Anliegens der Petition das Ziel aller Fraktionen sein solle, einen mehrheitlichen Beschluss zu erreichen.
Laut Hilberts Antrag soll der Stadtrat folgende Position beschließen: "Die Stadt Dresden steht hinter lokalen Projekten und Organisationen, die sich um die Versorgung, die Perspektive und die Rechte von Menschen engagieren, die unverschuldet in Not geraten sind, sich auf der Flucht befinden oder die von Fluchtursachen bedroht sind." Die Stadt solle sich gemeinsam mit lokalen Projekten und Organisationen dafür engagieren, dass Fluchtursachen abgebaut werden.
"Dazu gehört insbesondere die Städtepartnerschaft mit Brazzaville", so Hilbert. Außerdem soll sich Dresden, so der Antrag, etwa im Deutschen Städtetag dafür engagieren, das Deutschland und die Europäische Union Mittel und Wege finden, "dass das Sterben an den europäischen Außengrenzen, egal ob im Mittelmeer oder der Grenze zwischen Polen und Belarus, ein Ende findet." Außerdem, so schreibt Hilbert, stehe die Stadt vorbehaltlos zu ihren Verpflichtungen geflüchtete Menschen aufzunehmen und unterzubringen und "Menschen mit einer Bleibeperspektive aktiv in die Stadtgesellschaft" zu integrieren.
Wie sind die Reaktionen auf Hilberts Vorschlag?
Die Initiative Seebrücke ist enttäuscht von Hilberts Antrag. "Unsere Petition hat ein ganz klares Ziel: Dresden soll sicherer Hafen werden. Das bedeutet, dass sich unsere Stadt mit 267 anderen dafür einsetzt, Menschen auf der Flucht einen sicheren Weg und ein menschenwürdiges Ankommen zu gewährleisten", so Sprecherin Rita Kuhnert. Gemeinsam mit 83 Unterzeichnern , etwa der TU Dresden, habe man abgestimmt, welche drei konkreten Aufgaben im Falle eines positiven Votums des Stadtrates vor der Stadt stehen. "Im Ersetzungsantrag des OB findet sich keine davon wieder. Dort steht, dass die Stadt Dresden keinen Schritt über die aus dem Königsteiner Schlüssel resultierenden Verpflichtungen hinausgehen wird und die verpflichtende Mitgliedschaft im Deutschen Städtetag völlig ausreichend empfindet. Das tragen wir nicht mit."
Dirk Hilbert versuchte sich "mit dem vermeintlichen Kompromiss wegzuducken", kritisiert die SPD-Fraktion. Am Ende werde aber auch er sich entscheiden müssen, ob Dresden ein sicherer Hafen wird. "Die SPD-Fraktion erwartet von einem Oberbürgermeister, dass er Haltung zeigt. Gerade aus unserer Stadt muss endlich ein wahrnehmbares Zeichen kommen, dass wir Menschen in Not helfen. Mehr als wir es bisher tun", betont SPD-Stadtrat Vincent Drews.
Auch Grünen-Chefin Agnes Scharnetzky und Stadträtin Andrea Mühle betonen: "Wir stehen nach wie vor vorbehaltlos zum Anliegen der Petition und der Bedeutung dieses Zeichens für Dresden und Menschen auf der Flucht." Linken-Stadtrat Christopher Colditz vermutet, Hilbert wolle das Thema "offenbar für den sich anbahnenden Wahlkampf abräumen und schlägt eine Wischiwaschi-Variante vor, um nicht weiter mit der Thematik konfrontiert zu werden."
CDU-Chef Peter Krüger sagt, das sei ein "interessanter Kompromissvorschlag von Hilbert." "Mir ist es wichtig, die Schärfe aus der Debatte zu nehmen und einen breiten Kompromiss zu finden."