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Windbergbahner machen altes Wartehaus in Dresden-Gittersee wieder schick

Der Verein steckt eine sechsstellige Summe in das Empfangsgebäude, erlebt dabei ungeahnte Überraschungen und möchte am Wochenende trotzdem feiern.

Von Annett Heyse
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Mike Scholz vom Vereinsvorstand am Bahnhof der Windbergbahn in Dresden-Gittersee.
Mike Scholz vom Vereinsvorstand am Bahnhof der Windbergbahn in Dresden-Gittersee. © Karl-Ludwig Oberthür

Schon von Weitem sieht man die noch schmucklose Fassade. Mike Scholz bittet etwas näher heran, streicht mit den Fingern über die blassroten Ziegel. "Hier sieht man es ganz gut", sagt der Mann aus dem Vorstand des Windbergbahnvereins und weist auf einen eingeprägten Schriftzug. "Grund Bau Birkigt" ist auf den Steinen deutlich zu lesen.

Die kleine Ziegelei im heutigen Stadtgebiet von Freital gibt es längst nicht mehr. Das Empfangsgebäude am Bahnhof Dresden-Gittersee aber steht noch und bald soll es wieder so schick aussehen, wie um 1907. In dem Jahr wurde es gebaut.

Seitdem hatten Wind und Wetter dem einfachen Fachwerkbau mit Ziegelmauerung und Holzfassade stark zugesetzt. Die Windbergbahner rekonstruierten zuletzt 1988 das Wartehäuschen, in dem einst auch ein Fahrkartenbüro und die Gepäckabfertigung untergebracht waren. Doch irgendwann blätterte der Lack wieder ab. "Wir konnten es als Warteraum gar nicht mehr nutzen", sagt Mike Scholz.

Eine Generalsanierung musste her, denn das Häuschen ist nicht nur technisches Denkmal, sondern wird dringend gebraucht.

Sechs Kilometer lange Bahntrasse wird erneuert

Der Sächsischer Museumseisenbahn Verein Windbergbahn, so der vollständige Name, ist seit gut fünf Jahren äußerst aktiv. Der Verein hat inzwischen einen Teil der noch erhalten gebliebenen Bahnstrecke von insgesamt sechs Kilometer Länge zwischen den Bahnhöfen Dresden-Gittersee und Freital-Birkigt saniert. Sogar ein neuer Haltepunkt wurde angelegt: Seit Sommer 2021 halten die Züge in Freital an der "Leisnitz/Schloss Burgk".

Weil regelmäßig Museumsbahn- und Charterfahrten organisiert werden, braucht man auch das alte Wartehaus in Gittersee. "Wenn mal schlechtes Wetter ist, wollen wir die Leute doch nicht im Regen stehen lassen", sagt Windbergbahner Scholz.

So sah das Wartehaus des Bahnhofs vor dem Start der Sanierung im März 2023 aus.
So sah das Wartehaus des Bahnhofs vor dem Start der Sanierung im März 2023 aus. © Karl-Ludwig Oberthuer

Vor Jahren dachte man noch, lediglich die Bretterfassade zu erneuern und warb Spenden unter dem Slogan "Ein Brett für Gittersee" ein. Doch eine neue Verblendung reichte bei Weitem nicht aus. Dann das kleine Bahnhofsgebäude war ein kompletter Sanierungsfall.

Das Wartehaus gleicht einem Gerippe

Mike Scholz öffnet die Tür. Weiße Wände werden sichtbar, teils liegt das Fachwerk offen, das Fenster der Fahrkartenausgabe ist zu sehen. In einer Ecke steht ein Kanonenofen, der nur noch an den Schornstein angeschlossen werden muss. Die Öffnung für das Ofenrohr ist schon vorbereitet.

Noch vor wenigen Wochen stand von dem Haus lediglich ein Gerippe. Speziell das Fachwerk war an vielen Stellen derart von Nässe und Schwamm zerfressen, dass es mühevoll ersetzt werden musste. Mike Scholz weist auf die frischen Sockelbalken. "Das war alles zerbröselt. Die Wände hingen nur noch in der Luft. Da haben wir aber dumm geguckt, als wir merkten, was hier eigentlich los ist."

Erneuert wurden auch die Sockelmauer, das Dach, Türen und Fenster. Die Sanierung stemmt der Windbergbahnverein mit finanzieller Unterstützung der Stadt Dresden und der Landesdenkmalpflege. Der städtische Zuschuss liegt bei 117.000 Euro.

Erlebniswochenende: Anfassen und mitmachen

Vom Baufortschritt können sich am ersten Septemberwochenende auch viele Eisenbahnfans überzeugen. Am 2. und 3. September lädt der Verein zum großen Fest am Bahnhof Gittersee ein. Dieses Mal legt man den Schwerpunkt auf das Thema Technik. "Wir zeigen rund um unseren Bahnhof alte Schienenfahrzeuge, Bau- und Landwirtschaftsmaschinen, eine Feldbahn, Traktoren", zählt Toni Kutschbach auf, der das Festwochenende für den Verein maßgeblich organisiert.

Es wird Führerstandsmitfahrten und Rangierbetrieb geben, wer möchte, kann sich gerne selbst per Handhebeldraisine über die Gleisanlagen chauffieren. Der Eintritt ist frei.

Natürlich fährt auch die Windbergbahn. An beiden Tagen gibt es von 10 bis 17.30 Uhr stündlich Pendelfahrten im historischen Aussichtswaggon zwischen Gittersee und der Leisnitz in Freital. Die Züge fahren immer zur vollen Stunde in Gittersee ab und zur halben Stunde ab Leisnitz zurück. Lediglich zwischen 13 und 14 Uhr ruht der Verkehr.

Zudem bauen Vereinsmitglieder eine Strecke mit Gleisbautechnik auf und führen vor, wie sie die alten Bahnanlagen reparieren und in Schuss halten. Nur das Bahnhofshäuschen wird bis zum Sonnabend nicht fertig sein. Es fehlt noch die Bretterfassade. Das Holz dafür liegt schon da und ist vorbehandelt, im Herbst soll es verbaut werden. Spätestens ab kommenden Frühjahr, so verspricht Mike Scholz, muss kein Fahrgast mehr bei ungemütlichen Wetter im Freien auf den Zug warten.

Weitere Informationen gibt es auf der Seite des Vereins Sächsische Museumseisenbahn Verein Windbergbahn.